Dunkle Schatten (German Edition)
profilieren
wollte, die Polizei von Grund auf umkrempelte, die Organisierte Kriminalität
bekämpfen wollte. Damit war die Allianz gescheitert. Obendrein konnte der
Minister Katterka nicht leiden, und daher stand dieser auf der Abschussliste.
Aktion scharf gegen das Milieu war angesagt, der Minister musste sich in der
Öffentlichkeit, vor seiner Partei und den eigenen Leuten im Ministerium
profilieren. Die Kontrolllisten hatten ausgedient, und in Katterka sah Honsa
nun einen Feind, weil er das nicht verhindern konnte.
Die Puffs von Honsa und dem Griechen waren nicht länger Sperrzone. Zudem
beging Honsa einen fatalen Fehler. In seinem verkoksten Hirn dachte er, als
Puffbetreiber könne er sich mit einer Hure alles erlauben, sie habe gefälligst
zu spuren. Das Mädel ließ sich nicht einschüchtern, ging zu den Bullen, und
Honsa wanderte für knapp fünf Jahre wegen Vergewaltigung in den Bau. Da er im
Gefängnis genug Zeit zum Nachdenken hatte, redete er sich ein, ich könnte
dahinterstecken, vielleicht sogar im Verbund mit seinem ehemaligen Busenfreund
Katterka, dem er nicht verzeiht, dass seine Hütten wieder kontrolliert wurden.
Der Grieche lachte sich ins Fäustchen, hielt sich im Hintergrund und stieg zum
wahren Boss der Honsa-Betriebe auf, während Honsa in Garsten 29 schmorte und nichts mitbekam. Der Grieche unternahm mehrere Versuche, mich auf
seine Seite zu ziehen und mit ihm zusammen Geschäfte zu machen, doch ich ließ
ihn immer abblitzen. Mit Ratten kooperiere ich nicht. Wieder in Freiheit, ließ
der Grieche Honsa in dem Glauben, alles wäre beim Alten geblieben, doch er zog
weiterhin die Fäden.
Zusammen dachten sie sich eine Intrige gegen Katterka aus, wobei wiederum
der Grieche die treibende Kraft war. Einer ihrer Schläger übernahm den Job,
rief Katterka an und bot ihm heiße Zunds aus dem Milieu an. Selbstverständlich
von A bis Z getürkt. Blauäugig und naiv tappte Katterka in die Falle, weil er
heiß auf die Tipps war und sich unter allen Umständen bei seinem Minister
profilieren wollte. Der Grieche ließ das Treffen in einem Wiener Kaffeehaus
heimlich fotografieren, übergab die Bilder einem miesen Boulevardjournalisten,
der sie natürlich veröffentlichte. Zusätzlich schwor der Schläger gegen ein
paar Scheine jeden Eid, dass Katterka ihm kommende Razzien verraten habe. Der
Rest ist bekannt. Katterka flog raus, bekam einen Haufen Verfahren an den Hals,
wurde verurteilt, kämpfte weiter wie ein Löwe um seine Rehabilitation und
Reputation, marschierte durch alle Instanzen, gewann, kehrte zurück und ist
heute mächtiger als je zuvor. Dabei griff ihm dieser Oberstaatsanwalt Lukas
Bortner unter die Arme, sein alter Parteifreund.«
»Der wird für ihn in Zukunft nichts mehr tun können«, unterbricht
Kokoschansky Saller, »den gibt es nicht mehr.«
»Was?« Zum ersten Mal ist Saller, der bis dahin souverän monologisiert
hat, irritiert.
»Weißt du das nicht?«
»Was?«
»Bortner hat sich gestern selbst aus dem Leben geschossen. Angeblich.
Jedenfalls wurde er in seiner Jagdhütte am Erlaufsee tot aufgefunden. Mehr weiß
ich noch nicht.«
»Salute!« Sichtlich hocherfreut hebt Salvatore Madeo sein Glas mit dem
herrlich funkelnden Rotwein. »Das nenne ich eine gute Nachricht. Ein buco del
culo, ein Arschloch weniger.« Auch Branko Daramci ć lässt sich zu einem leisen Lächeln herab und nickt bedächtig mit dem
Kopf.
»Wie ich an den Reaktionen erkenne«, schaltet Kokoschansky blitzschnell,
»ist den Herren dieser Name nicht unbekannt.«
»Si, Signore Kokoschansky«, bestätigt der Padrone, »aber Roberto soll
weitersprechen, er kennt die Zusammenhänge am besten von uns.«
»Bortners Tod, ob nun freiwillig oder nachgeholfen, wird so manches
ändern. Langsam nähern wir uns dem Kern. Der Grieche soll angeblich im Besitz
von Aufzeichnungen gewesen sein, mit denen er sich in seinen Kreisen ständig
brüstete, damit die gesamte Führungsspitze der Bullen in der Hand gehabt zu
haben. Schmiergeldzahlungen, Puffbesuche, Konsumationen aufs Haus, das Übliche.
Auch Fotos und Videos sollen existieren. Meine Leute schafften es bisher nicht,
an das Material heranzukommen. Ist das nicht eine lohnende Aufgabe für dich,
Koko?«
»Mal sehen«, Kokoschansky pflegt wieder sein Pokerface und lässt sich
nicht in die Karten blicken.
»Hast du schon einmal etwas vom Club 50.000 gehört?«, fragt Saller.
»Schon«, antwortet Kokoschansky, »in unregelmäßigen Abständen tauchen
Gerüchte auf und
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