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Dunkle Schatten (German Edition)

Dunkle Schatten (German Edition)

Titel: Dunkle Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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Sinne
können wir es auch.
    Politik und Mafia gehen Hand in Hand. Das war immer so und wird sich auch
nie ändern. Aneinandergekettet auf Gedeih und Verderb. Oder, wenn Sie so
wollen, wie ein altes Ehepaar. Einer kann nicht ohne den anderen. Bis einer der
beiden stirbt. Politik unterliegt dem Wandel der Zeiten. Politiker kommen und
gehen, die Mafia verstand es immer hervorragend, sich den gegebenen gegenwärtigen
Umständen anzupassen und daraus Nutzen zu ziehen.
    In unseren Kreisen gibt es nur den Tod, keine Scheidung. Wer sich trennen
will, ist bereits tot. Wir vergessen nichts und niemanden, selbst wenn es
Jahrzehnte dauert. Für uns sind Menschen eine Ware, daher kaufen wir Menschen,
um weiter unsere Macht und unseren Einfluss ausbauen zu können.
    Wissen Sie, wie wir groß wurden? Heute ist es kein Geheimnis mehr. Den
Grundstein für unsere heutige Macht und unseren Einfluss legten wir vor vielen
Jahrzehnten mit Entführungen von Menschen in großem Stil und dort, wo die
Lösegeldforderungen sich lohnten. Diese erpressten Gelder investierten wir
beispielsweise in der Baubranche, in Immobilien, in der Müllentsorgung und
anderen Bereichen. Bis wir so weit waren, um im internationalen Drogenhandel
mit den Südamerikanern mithalten zu können. Wenn die Menschen Drogen nehmen
wollen, bekommen sie diese auch. Ein lukratives Geschäft, nicht mehr und nicht
weniger.
    Sie denken, Signore Kokoschansky, Sie sind nicht käuflich.« Ein feistes
Lächeln tritt in Salvatore Madeos Gesicht. »Ja, Sie haben mein finanzielles
Angebot strikt abgelehnt. Doch es hat nichts geändert. Ich habe Sie mir mit dem
Angebot einer tollen Exklusivstory gekauft. Das haben Sie nicht abgelehnt. Sie
sind mir, und ich gebe es ehrlich zu, nicht unsympathisch. Aber ich traue Ihnen
genau von einer Tischkante zur anderen. Mehr nicht. Nun ist es zu spät, diesen
Tisch zu verlassen, Signore Kokoschansky. Es gibt ein Sprichwort bei uns, zwar
von den Sizilianern, aber es ist zutreffend. Pri canuciri un amicu realis si cchi
havi a manchiari ´na sarma di sali … Um einen richtigen Freund zu erkennen, muss man drei Scheffel Salz
miteinander teilen. Sie verstehen, Signore Kokoschansky.
    Ich spüre beinahe körperlich, wie Sie uns zutiefst verabscheuen und
ablehnen. Gut, ich akzeptiere es und bin Ihnen deswegen nicht böse oder
feindlich gesinnt. Sie brauchen uns für Ihre Story und wir Sie, damit Sie für
uns hoffentlich einiges in Ihrer Heimat in Bewegung bringen, was uns wieder
Luft zum Atmen gibt. Ich bin um einiges älter als Sie, Signore Kokoschansky,
und ich habe viel erlebt, viel durchgemacht, wovon Sie sich wahrscheinlich
keinen Begriff machen. Ich habe viele Menschen sterben sehen, und manchmal
musste ich selbst zur Waffe greifen. Es sind Ströme von Blut geflossen, und sie
werden auch nicht versiegen. Sie werden für uns vorübergehend arbeiten,
sozusagen als freier Mitarbeiter. Und Sie werden uns jedes Wort, jede Zeile
vorlegen, bevor es auch nur ansatzweise öffentlich wird. Später werden wir
Ihnen zeigen, wie wir gefahrlos und abhörsicher kommunizieren können, wenn Sie
wieder in Wien sind. Und hier ist unser kleiner Arbeitsvertrag.« Salvatore
Madeo greift in die Brusttasche seines Hemdes. »Sie brauchen nicht zu
unterzeichnen, Signore Kokoschansky. Ihre Unterschrift sind diese zwei Leben.«
    Dem Journalisten scheint das Blut in den Adern zu gefrieren. Der
`Ndrangheta-Boss hat zwei Fotos auf den Tisch gelegt. Eines zeigt Lena in
Uniform, als sie und einer ihrer Kollegen auf Streife waren, das andere
Kokoschansky mit seinem Sohn Günther, aufgenommen kürzlich auf dem Spielplatz.
    »Gute Fotos«, meint Kokoschansky lakonisch mit belegter Stimme. Jetzt nur
keine Schwäche zeigen, sich nicht anmerken lassen, wie aufgewühlt er ist. Er
lässt keine Regung in seiner Miene zu, er will diesen Scheißkerlen nicht den
Gefallen tun und ihnen zeigen, wie tief betroffen er ist. Während des Fluges
nach Montenegro hatte er sich die unterschiedlichsten Szenarien ausgemalt, die
vielleicht passieren können, doch niemals hatte er damit gerechnet! Warum hat
er Robert Saller nicht gleich im Krankenhaus auffliegen lassen? Kokoschansky
quält sich mit Selbstvorwürfen, die Situation überfordert ihn, und er hat
größte Mühe, sich im Zaum zu halten.
    »Signore Kokoschansky«, wieder dieser salbungsvolle, väterliche, beinahe
priesterliche Ton Salvatore Madeos, der Kokoschansky zunehmend in den Wahnsinn
treibt. Am liebsten möchte er dem Italiener an die

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