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Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad

Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad

Titel: Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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an ihn geglaubt und ihm vertraut, und er vertraut jetzt Ihnen. Ich kann mich ihm nur anschließen.«
    Was geschieht nur mit mir?, dachte Jackie bestürzt. »Th’an’ya?«
    »Ja«, meldete sich die Stimme hinter ihr zu Wort. Langsam sah Jackie über die Schulter zum Spiegel und sah ihr Abbild sowie eine weitere Gestalt, die dort hinter ihr zu sehen war. Als sie sich jedoch umdrehte, war da niemand.
    »Ich wollte Sie nicht erschrecken«, sagte die Zor ruhig. Im Spiegel kam sie nach vorn und blieb neben dem Spiegelbild des Betts stehen. »Um ehrlich zu sein, hatte ich genau auf die gegenteilige Reaktion gehofft.«
    Jackie ging zum Bett und setzte sich hin, während sie zusah, wie ihr Ebenbild im Spiegel neben Th’an’ya Platz nahm.
    »Wo sind Sie? Was ist hier los?«
    »Ich bin in Ihrem Verstand.«
    »In meinem Verstand? Wie können Sie …« Sie legte die Hände an den Kopf. »Das ist doch verrückt. Erst schaue ich in den Spiegel und sehe an meiner Stelle eine Zor, und jetzt unterhalte ich mich auch noch mit einem Geist.«
    »Ich bin kein ›Geist‹«, gab Th’an’ya zurück.
    »Ich weiß verdammt noch mal sehr genau, was Sie sind!«, fauchte Jackie sie an. »Sie sind so etwas wie ein Abdruck in meinem Verstand. Sie sind ein hsi-BM. Warum verschwinden Sie nicht? Ich will Sie nicht in meinem Kopf haben, vor allem nicht nach dem, was auf Cicero Down geschehen ist.«
    Sie spürte eine flüchtige Berührung in ihrem Verstand, und prompt kehrte die Erinnerung an die mentale Sondierung durch das Noyes-Ding zurück. Es war, als würde sich langsam eine Tür öffnen und den Blick auf ein entsetzlich grelles Licht freigeben.
    »Aufhören!« Sie sprang hoch, lief zum Spiegel und traktierte den mit den Fäusten. »Aufhören! Verschwinden Sie aus meinem Kopf, Sie …«
    Das Sondieren hörte auf. »Es tut mir leid«, sagte Th’an’yas Stimme.
    Jackie ließ den Kopf gegen den Spiegel sinken. »Ich bin wohl dabei, den Verstand zu verlieren.«
    »Ganz sicher nicht.«
    »Woher wollen Sie das wissen?« Sie sah die Zor an, die im Spiegel auf dem Bett saß. »Was wissen Sie schon über Wahnsinn? Vor allem bei Menschen?«
    »Ich weiß sehr viel über Wahnsinn, se Jackie. Und ich weiß, wie es ist, wenn die Talente eines Fühlenden sich bemerkbar machen.«
    »Eines Fühlenden …«
    »Als ich zwölf Zyklen alt war, kamen meine Talente als Fühlende zum Vorschein. Normalerweise geschieht das erst später. Nur wenige aus meinem Nest wussten, wie sie mit jemandem umgehen mussten, der noch zu unreif war, um einen Schild zu schaffen oder zu verhindern, dass Gedanken nach draußen gelangten. Hinzu kam, dass ich in dem Alter bereits eine starke Fühlende war. Es war schlimmer als jede andere Qual der Pubertät. Es war Wahnsinn, Freundin meines Partners.«
    Jackie straffte die Schultern. »Und … was haben Sie unternommen?«
    »In erster Linie gelitten. Als ich nur noch wenige Jahre vom Erwachsensein entfernt war, begab ich mich in eine Zuflucht, eine Art … Anstalt? Nein, das Wort weckt die falschen Assoziationen. Es war ein Ort, an den man sich zurückziehen und meditieren konnte.«
    »Ein Kloster?«
    Vorsichtig wurde ihr Verstand sondiert. »Ja, das wäre eine gute Beschreibung. Die … Aufseher schickten mich auf eine Reise durch meinen eigenen Verstand und lehrten mich, wie ich ihn von innen heraus kontrollieren kann.«
    »Eine Reise durch den eigenen Verstand? Wie soll ich das verstehen?«
    »Sie schotteten alle äußeren Einflüsse ab, die sich auf meine Sinne hätten auswirken können. Dann injizierten sie ein bestimmtes Halluzinogen in meinen Blutkreislauf.« Sie schnaubte in einem Tonfall, der bei Ch’k’te bedeutete, dass er sich über etwas amüsierte. »Später erfuhr ich, dass meine Chancen vierzig zu vierzig standen, diese Injektion nicht zu überleben.«
    »Wie haben Sie überlebt?« Es war irgendwie eigenartig, eine solche Frage einer Erscheinung zu stellen.
    »Ich durchbrach die Eiswand.«
    Jackie verstand diesen Begriff klarer und deutlicher, als es ihr hätte lieb sein können. Sie erhob sich und ging zum Spiegel, um ihn mit einer Hand zu berühren. Das Bild verschwamm leicht und dann kam ihr eine Zor-Hand mit vier Krallen entgegen. Sie legte die Hand ans Gesicht; es fühlte sich an, als würde sie menschliche Haut berühren, doch das Bild war das der rauen, ledernen Haut einer Zor.
    Ich weiß, was ich bin, dachte sie. Ich bin ein Mensch, ein Offizier der Imperialen Navy, keine Zor. Das ist wie der Fiebertraum

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