Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad
Sie mir einen Mord unterstellen?« Ihr Unbehagen verwandelte sich auf der Stelle in Wut. »Euer Gnaden, keine zwei Wochen Sprungzeit von dieser Basis entfernt befinden sich Aliens mit unglaublichen Fähigkeiten, die es darauf abgesehen haben, das Sol-Imperium zu vernichten. Sie töteten Admiral Tolliver, sie nahmen Cicero Op und Cicero Down ein, und sie hätten mich beinahe auch getötet. Sie sind real, diese Bedrohung ist real, und mein Bericht gibt vom ersten bis zum letzten Wort die Realität wieder. Mir ist klar, dass Sie die Macht haben, den ganzen Vorfall unter den Teppich zu kehren – und mich gleich mit. Verzeihen Sie, wenn ich mich dagegen zur Wehr setze, aber ich habe kein Interesse, für den Rest meines Lebens irgendwo Steine zu klopfen. Bevor Sie aber meinen Bericht ignorieren und mich von der Bildfläche verschwinden lassen, möchte ich Euer Gnaden auf eine wichtige Überlegung hinweisen. Wenn ich nicht die Wahrheit sage, wenn ich mich falsch verhalten habe, wenn es bei Cicero und Sargasso und sonst wo keine Aliens gibt, dann lande ich ohnehin dort, wo Sie mich haben wollen. Aber wenn ich recht habe, und Sie ignorieren mich …«
Sie wusste nicht, wie sie ihren Satz zu Ende führen sollte, also ließ sie ihn einfach unvollendet. Ihr Blick wanderte zur Seite, und ihr fiel auf, dass sie sich so sehr an der Tischplatte festklammerte, dass ihre Knöchel weiß hervorgetreten waren. Die Wut hatte sie längst im Griff, doch sie wusste, es würde ihr nicht helfen, dieser Wut freien Lauf zu lassen.
»Ich werde Sie nicht unter den Teppich kehren, Commodore«, sagte Alvarez schließlich so leise, dass sie ihn kaum hören konnte. »Ich weiß nicht, was ich mit Ihnen machen werde, aber Sie von der Bildfläche verschwinden zu lassen, war mir nie in den Sinn gekommen. Sie sollen Ihre Anhörung haben, auch wenn der Untersuchungsausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit zusammentreten wird. Aber lassen Sie sich eines gesagt sein, Laperriere: Ich werde mich von Ihnen nicht zum Narren halten lassen. Wenn ich keine andere Alternative mehr sehe, könnten trotz allem noch Ketten auf Sie warten. Ich musste nur Gewissheit haben, mit was und wem ich es zu tun habe.«
Er hielt kurz inne: »Wenn der Ausschuss wieder vollzählig ist, werden wir überlegen, ob wir die Aussage Ihres XO zulassen. Bis dahin möchte ich inoffiziell wissen, was zum Teufel da draußen passiert ist.«
Die Dusche half ihr, den größten Teil ihres Frusts und Ärgers wegzuspülen und ihr das Gefühl zu geben, mehr oder weniger erfrischt zu sein. Ihr Magen schmerzte noch immer, wenn sie an die Ereignisse dachte, die der kommende Abend mit sich bringen würde. Ch’k’te hatte ihr eine Nachricht hinterlassen, ihr den Weg zum Quartier des Kämmerers beschrieben und ihr den Zeitpunkt der Zeremonie genannt. Als sie aus der Dusche kam, stellte sie fest, dass ihr nur noch eineinhalb Stunden blieben, um sich darauf vorzubereiten.
Zögernd – sie musste an die mentale Verbindung zurückdenken – griff sie nach dem Gewand und streifte es über, dann gab sie dem Ganzen Halt, indem sie die Schärpe um die Taille legte und festzog. Dem Stoff hing ein sonderbarer Duft an, ein flüchtiger Geruch nach Zor, unter den sich etwas gemischt hatte, das sie nicht bestimmen konnte. Auf ihrer nackten Haut fühlte sich der Stoff weich an. Im Gegensatz zu dem, was Ch’k’te im Geist für sie geschaffen hatte, reichte das Gewand bis fast zu den Knien. Er war für einen großen Zor geschneidert.
Barfuß stellte Jackie sich vor den Spiegel im Schlafzimmer und betrachtete sich. Doch es war nicht ihr Bild, das sie dort sah, sondern …
… das eines Zor!
Erschrocken wich sie zurück, bis der Spiegel sie nicht mehr zeigen konnte. Von einem plötzlichen Schwindel erfasst, ließ sie sich aufs Bett sinken und sah an sich herunter, konnte aber nur einen menschlichen Körper entdecken.
Mehrmals atmete sie tief durch, bis sie sich ruhig genug fühlte, dann kehrte sie vor den Spiegel zurück und zögerte einen Moment, ehe sie hineinsehen konnte.
Zu ihrer Erleichterung sah sie diesmal sich selbst, in das zeremonielle Gewand gekleidet. Versonnen strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht.
Ich bin keine Zor, dachte sie. Was zum Teufel mache ich da nur?
»Würde ich ihn nicht so gut kennen, wie es der Fall ist«, sagte eine Stimme, »dann würde ich mir diese Frage auch stellen.«
Jackie wirbelte herum und suchte nach der Quelle dieser Stimme.
»Aber ich habe zu Lebzeiten
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