Dunkle Sehnsucht des Verlangens
Traurig
dachte sie an die schreckliche Einsamkeit, die Julian hatte ertragen müssen.
»Warum hast du denn eurem Prinzen nichts davon erzählt? Oder dem Heiler? Oder
deinem Bruder?«
»Der Vampir drohte damit, mich
dazu zu benutzen, meinen Bruder umzubringen«, erklärte Julian ausdruckslos.
Dieser Schmerz saß so tief, dass er ihn nicht einmal mit Desari teilen konnte.
»Seitdem habe ich mein Leben der Jagd auf die Untoten gewidmet. Du hast ja
keine Ahnung, wozu sie fähig sind. Und ich kann nicht zulassen, dass du dich in
Gefahr begibst, um deinen Wunsch nach Partnerschaft zu erfüllen. Ich muss dich
beschützen, Desari, auch wenn wir aus diesem Grund manchmal nicht einer Meinung
sind.«
Desari watete an Land und passte
unwillkürlich ihre Körpertemperatur der Umgebung an, sodass sie die kühle
Nachtluft nicht auf ihrer nassen Haut spürte. »Ist es denn ein so großer
Unterschied, ob man nun ein mächtiger karpatianischer Mann oder eine mächtige
karpatianische Frau ist? Liegt der Unterschied in der Jagd?«
Julian folgte ihr und zuckte die
breiten Schultern. »Wir Männer sind in erster Linie Raubtiere, Desari. Wir
verfügen nicht über das Mitgefühl und die Güte einer Frau. Unser Leben wird
von der Gerechtigkeit bestimmt - richtig und falsch, gut gegen böse.
Diejenigen von uns, die sich der Jagd auf die Untoten widmen, werden ständig
mit Tod und Zerstörung konfrontiert. Sie erfahren den Verrat durch alte Freunde
und Mitglieder ihrer eigenen Familie. Sie sind dazu gezwungen, die zu
zerstören, die ihnen einmal etwas bedeutet haben. Es ist unsere oberste
Pflicht als Vampirjäger, unsere Frauen vor diesen Schrecken zu beschützen.«
»Du ähnelst meinem Bruder
wirklich sehr. Darius und du denkt und handelt auf dieselbe Weise«, sagte
Desari, während sie ihren Köiper mit einer Handbewegung mit Kleidung bedeckte -
mit Jeans und einem weißen Pullover mit kleinen Perlenknöpfen auf der
Vorderseite. »Ich sehe ein, warum du glaubst, dass ich dir Gehorsam schulde.
Doch ich bin kein Kind mehr und habe auch nicht die Absicht, mich wie eines
behandeln zu lassen.«
»Cara mia, deine Meinung ist mir sehr
wichtig. Aber ich bin ein Jäger, ein karpatianischer Mann. Schon vor unserer
Geburt wissen wir, was eines Tages unsere Pflicht sein wird. Wir kennen die
Worte des Rituals, das unsere Gefährtin an uns bindet, und wir wissen, dass wir
unsere Frauen und Kinder unter allen Umständen beschützen müssen. Ich könnte
diese Verantwortung nicht einmal ablegen, wenn ich es wollte.«
Desari stand still und hoch
aufgerichtet da, während die sanfte Brise in ihrem seidigen Haar spielte. Sie
sah aus wie eine Königin. »Ich finde es schockierend, dass karpatianische
Männer ihre Gefährtin an sich binden, wenn sie noch halbe Kinder sind. Nun gut,
ich bin erwachsen, Julian. Ich bin eine Frau, die über viele Fähigkeiten
verfügt. Ich weiß, wer ich bin und was ich will. Und ich wünsche nicht, von dir
herumkommandiert zu werden, als besäße ich keinen Verstand. Wie kannst du
annehmen, ich würde mich in deinen Kampf mit einem Untoten einmischen?
Allerdings ist es mein Recht als deine Gefährtin, dir zur helfen, dir neue
Kraft zu verleihen oder dich zu heilen.«
Auch Julian bekleidete sich mit
Jeans und einem weißen Hemd. Er dachte über Desaris Worte nach und musste ihr
zustimmen. Sie verdiente den gleichen Respekt, den er Darius zollte. Waren denn
ihre Gaben denen ihres Bruders unterlegen? Natürlich respektierte er sie, etwas
anderes wäre ihm überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Er respektierte jede
Frau, die stark genug war, die Gefährtin eines karpatianischen Mannes zu
werden. Julian atmete tief durch. Stand jeder Vampirjäger, der seine Gefährtin
fand, vor demselben Problem?
»Julian?« Desari berührte leicht
seinen Handrücken. »Es ist nicht meine Absicht, dich zurechtzuweisen, aber ich
finde, du solltest wissen, wer ich bin. Ich werde mich niemals einfach so
einem Mann unterwerfen. Entweder gelingt es dir, mich als deine Partnerin zu
sehen, oder wir werden nie eine wirkliche Beziehung führen können. Ich kann
mich deinem Willen ebenso wenig unterordnen, wie du dich meinem unter ordnen
könntest. Siehst du denn nicht, dass ich Recht habe?«
Julian ließ einige Strähnen
ihres schwarzen Haares durch seine Finger gleiten. »Glaubst du etwa, dass ich
weniger von dir halte als von mir selbst?«
Desari blickte zu ihm auf. »Ich
denke, du bist der Überzeugung, dass ich nicht über die nötige Stärke und
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