Dunkle Sehnsucht des Verlangens
unternehmen?
Syndil ist zu sehr damit beschäftigt, sich vor der Welt zu verstecken. Barack
schmollt irgendwo, und du und Dayan habt kein Interesse an den kleinen
Einzelheiten unseres Lebens.«
»Ich stehe jeden Abend auf der
Bühne«, verteidigte sich Dayan. »Ich schreibe die Texte und Lieder für dich.
Ich verstehe nichts von Motoren und will es auch gar nicht. Schließlich sind
wir keine Sterblichen, die sich mit solchen Dingen abgeben müssen.«
Schweigend beobachtete Darius
seine Schwester. Immer wieder rieb sie sich fröstelnd die Arme. Die Nachtluft
war zwar kühl, doch das war nicht ungewöhnlich. Desari sah außerdem sehr blass
aus.
»Auch wenn du auf der Bühne
stehst, heißt das nicht zwangsläufig, dass du dich damit um alles Notwendige
kümmerst, Dayan«, erklärte Desari. »Wir müssen unsere Tourneen planen, mit der
Buchführung Schritt halten, die Reiserouten festlegen, uns um das Futter für
die Raubkatzen kümmern und dafür sorgen, dass wir immer genug Benzin und
Vorräte haben, falls wir einmal mehr unterwegs mit einer Panne liegen bleiben.
Wenn wir uns unter
Sterblichen bewegen wollen, müssen
wir uns auch wie Sterbliche verhalten. Kümmerst du dich um diese Dinge, Dayan?
Entweder ihr stimmt darüber ab, welche Möglichkeit euch besser gefällt, oder
müsst mit meiner Entscheidung leben.«
Darius hob eine Augenbraue. »Und
welche Möglichkeit hältst du für die beste, Dara? Einen Mechaniker? Die Katzen
würden den Mann vermutlich schon auffressen, ehe das Vorstellungsgespräch
beendet ist. Wenn du allerdings jemanden finden könntest, auf den die Katzen
keinen Appetit haben, könnte er mit uns reisen.«
»Ein Sterblicher? Ein Mann?«
Dayan war außer sich. »Ein sterblicher Mann in der Nähe unserer Frauen kommt
überhaupt nicht infrage.«
Desari hob den Kopf, und ihre
Augen schienen Funken zu sprühen. »Wir gehören dir nicht, Dayan. Wir haben das
Recht zu tun, was uns gefällt, und uns mit Männern und Frauen, Sterblichen und
Unsterblichen abzugeben, wenn wir es so wollen. Du bestimmst nicht über unser
Schicksal.«
Dayan atmete tief durch, konnte
jedoch seine Empörung nicht überwinden. »Dieser Fremde, mit dem du die letzte
Nacht verbracht hast, muss dich mit irgendeinem Virus infiziert haben. Deine
schlechte Laune ist kaum noch auszuhalten, Desari.«
»Dayan.« Darius stellte sich
zwischen seine Schwester und seinen Stellvertreter. »Das reicht jetzt. Julian
Savage ist ein sehr alter, mächtiger Karpatianer, der sein Leben der Jagd nach
den Untoten gewidmet hat. Wir können viel von ihm lernen. Wenn er zu uns kommt,
wirst du ihn respektieren und als einen von uns behandeln.«
Dayan schüttelte den Kopf. Der
Gedanke, einen Fremden in ihrer Mitte dulden zu müssen, gefiel ihm gar nicht.
»Ich werde dir gehorchen, Darius, aber ich glaube, dieser Mann hat Desari
verhext.«
»Warum?«, fragte sie. »Nur weil
ich darauf bestehe, dass du dabei hilfst, unser Leben zu organisieren? Du
solltest wirklich einige Pflichten übernehmen.«
Spöttisch hob Dayan eine
Augenbraue, sah jedoch davon ab, den Streit mit Desari fortzusetzen. »Kümmere
du dich um sie, Darius«, brummte er. »Du bist der Einzige, der mit ihr fertig
wird.« Dann verschwand er, ehe Desari etwas erwidern konnte.
Nun war sie mit ihrem Bruder
allein. »Du brauchst nichts zu sagen, Darius. Ich weiß genau, dass etwas mit
mir nicht stimmt. Ich könnte es dir nicht genau erklären, doch ich fürchte,
allmählich den Verstand zu verlieren. Es ist nicht allein körperliches
Unbehagen, sondern vor allem diese schreckliche innere Unruhe.«
»Dann rufe ihn zu dir.« Darius
sprach die Anordnung leise aus, wie es seine Art war. Die Wirkung seiner Worte
wurde davon nicht beeinträchtigt, denn aus seinem Tonfall waren Jahrhunderte
der Autorität herauszuhören.
Desari schloss fest die Augen
und presste die Hände auf ihren schmerzenden Bauch. »Das kann ich nicht,
Darius. Bitte verlange es nicht von mir.«
»Ich muss aber darauf bestehen«,
beharrte er. »Rufe ihn zu dir.«
»Dann wird er annehmen, ein
Recht zu haben, mir Befehle zu erteilen.«
»Aber du leidest völlig unnötig.
Was auch immer dieser Mann getan hat, um dich an ihn zu binden, wir können es
nicht rückgängig machen, ehe wir mehr über ihn wissen.« Darius zwang sich dazu,
sanft mit seiner Schwester zu sprechen. »Ich kann es nicht zulassen, dass du
leidest, Desari, das weißt du. Ruf ihn zu dir.«
»Nein. Hast du nicht gehört, was
ich Dayan gesagt habe?
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