Dunkle Sehnsucht des Verlangens
Karpatianer warf das Herz
zur Seite und sammelte gleich darauf Energie in seinen Händen, um sich vom Blut
des Untoten zu reinigen. Dann dirigierte er eine leuchtende Flamme auf das
Organ und verbrannte es zu feiner, grauer Asche. Die Flamme sprang auf die
Leiche des Vampirs über und verbrannte auch sie. Nie wieder würde der Untote
sich erheben können.
Die Erde unter seinen Füßen
bebte, hob und senkte sich. Die Felswände knirschten unheimlich, als die
Granitschichten sich langsam schlössen. Darius lief auf den Höhleneingang zu,
hob die Hände und schuf abermals eines seiner seltsamen Muster, während er
gleichzeitig eine leise Beschwörungsformel murmelte, um die tödliche Falle des
Vampirs auszuschalten. Julian wartete nicht auf eine Einladung. Er wandelte
seine Gestalt, machte sich so klein wie möglich und schoss aus der schmalen
Felsspalte in die Nachtluft hinaus. Darius befand sich dicht hinter ihm. Die
beiden stürzten ins Freie und erhoben sich in den Himmel, gerade als sich die
Felsspalte mit einem ohrenbetäubenden Krachen schloss.
»Ich befürchtete schon, du wolltest
den Vampir mit einer Ansprache zu Tode langweilen«, bemerkte Darius trocken zu
der golden schimmernden Fledermaus, während er selbst sich in einen Raubvogel
verwandelte.
»Jemand musste schließlich etwas
unternehmen, während du mit deinen Gesteinsformationen spieltest«, antwortete
Julian leichthin und ließ auf seinem Körper schimmernde Federn sprießen.
Seite an Seite flogen sie auf
den Wald zu, in dem sie Desari zurückgelassen hatten. »Ich hatte keine andere
Wahl, als den Mann zu beschützen, den sich meine Schwester ausgesucht hat.« Es
gelang Darius, seine Worte so klingen zu lassen, als hätte Desari den Verstand
verloren.
Julian schnaubte. »Du wolltest
mich beschützen? Das glaube ich aber nicht, mein Alter. Schließlich warst du
derjenige, der sich im Schatten versteckte, während ich den Untoten
vernichtete.«
»Ich musste darauf achten, dass
du in keine seiner Fallen tapptest. Immerhin hast du wirklich genug Zeit mit
dem Vampir verschwendet«, erwiderte Darius. In einer Linkskurve flog er über
das dichte Blätterdach der Bäume. Als Julian jedoch seinen Weg fortsetzte, flog
Darius in einem Kreis zu ihm zurück. »Möchtest du nicht mit mir zu meiner
Familie zurückkehren?«
»Erst muss ich Desari wecken«,
antwortete Julian selbstzufrieden.
»Desari ist bereits vor einer
Stunde aufgestanden.« Darius überbrachte die Nachricht in einem ruhigen,
neutralen Tonfall.
Julian wäre vor Schreck beinahe
vom Himmel gestürzt. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Darius ihn auf den
Arm nahm. Bislang hatte Desaris Bruder keinerlei Sinn für Humor gezeigt. Er
stand dichter am Abgrund als alle anderen karpatianischen Männer, denen Julian
je begegnet war. Eines Tages würde ihm vielleicht die Aufgabe zufallen, Desaris
Bruder zu jagen und zu vernichten. Ein beunruhigender Gedanke.
Desari. Julian flüsterte ihren Namen
durch die Nacht, und seine Stimme war eine Mischung aus Zärtlichkeit und Zorn.
Irgendwie war es ihr gelungen, seinen Befehl zu überwinden und von allein
aufzuwachen. Er hätte es gleich spüren müssen. Schließlich war er ihr Gefährte.
Sie waren miteinander verbunden, zwei Hälften eines Ganzen.
Immerhin war Darius Desaris
Verschwinden nicht entgangen. Hatte sie Kontakt zu ihrem Bruder aufgenommen?
In Julian stieg Zorn auf. Offenbar verstand Desari nicht, was es bedeutete, die
Gefährtin eines Karpatianers zu sein. Sie war mit Herz und Seele an ihn
gebunden. Sie musste noch sehr viel über den Mann lernen, der nun ihr Gefährte
war. Er würde es keinesfalls tolerieren, dass sie sich so kindisch an ihm
rächte, weil er ihren Gehorsam erzwungen hatte.
Tolerieren P Desaris sanfte
Stimme erklang gereizt in seinen Gedanken. Ich schulde dir keinen
Gehorsam, Julian. Ich bin kein junges Mädchen mehr, das fügsam deinen
Anweisungen folgt. Du bist derjenige, der noch mehr über die Frau lernen muss,
die du an dich gebunden hast. Ich lasse nicht zu, dass du so mit mir
umspringst.
Sofort baute Julian eine
geistige Barriere auf, während er mit seinem ohnmächtigen Zorn rang. Nie zuvor
hatte er so etwas wie Eifersucht empfunden. Schließlich hatte es dafür auch
noch niemals einen Grund gegeben. Als mächtiger karpatianischer Mann war er
selbstverständlich davon ausgegangen, dass seine Gefährtin ihr Leben ändern
würde, um bei ihm zu sein. Es würde ihr Wunsch sein, sich in seiner Welt
einzufügen, ohne von
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