Dunkle Sehnsucht des Verlangens
Frauen haben Rechte, Darius. Wir können uns nicht so
einfach von Männern regieren lassen, nur weil sie annehmen, es sei der Lauf
der Welt.«
Eindringlich blickte Darius in
die großen traurigen Augen seiner Schwester. »Ich bin für dich und Syndil verantwortlich.
Und ich muss auf deinem Gehorsam bestehen. Ich spüre, wie du leidest, die
Verwirrung in deinen Gedanken. Du musst mir gehorchen.«
»Bitte, Darius. Ich möchte mich
dir nicht widersetzen müssen.« Desari kaute tatsächlich an ihren Fingernägeln,
und der gequälte Ausdruck in ihrem Gesicht war beinahe mehr, als Darius
ertragen konnte. Mit der anderen Hand zupfte sie nervös an ihrem langen
schwarzen Haar, das ihr über die Schultern fiel.
»Seit dieser Mann in unser Leben
getreten ist, hast du mir schon oft Widerstand geleistet«, erinnerte Darius sie
ruhig. »Und selbst von dir, kleine Schwester, lasse ich mir nicht alles
gefallen. Dies ist zwar eine neue Erfahrung für dich, von der wir alle nie
etwas geahnt haben, doch ich kann nicht zulassen, dass du leidest. Bufe Savage
an deine Seite.«
Tränen schimmerten in ihren
Augen und hingen glitzernd in ihren langen, dunklen Wimpern. Desari ließ sich
auf die Holzbank vor dem Picknicktisch sinken und wirkte sehr niedergeschlagen.
»Es ist nicht nötig, nach mir zu
rufen.« Julian tauchte plötzlich aus dem Nichts dicht neben Desari auf, sodass
sie die Wärme seines Körpers spürte. Er legte ihr den Arm um die Schultern.
»Ich kann es nicht ertragen, von dir getrennt zu sein, Desari.« Er gestand
seine Gefühle offen ein, ohne sich darum zu kümmern, dass Darius ihn hörte.
»Was hast du mit mir
angestellt?« Desari Stimme klang tränenerstickt. Sie ballte die Hände zu
Fäusten, sodass sich ihre Fingernägel tief in ihre Handflächen gruben. Ihre
Stimme wurde zu einem verzweifelten Flüstern. »Was hast du getan, dass ich nicht
mehr ohne dich sein kann?«
Julian beugte sich zu ihr
hinunter und begann sanft ihre verkrampften Finger zu lösen. Vorsichtig hob er
ihre Hände an seine Lippen und küsste die Mitte ihrer verletzten Handflächen.
Der Blick seiner golden schimmernden Augen wich nicht von ihr.
Desari spürte, wie sich in
seiner Gegenwart die schreckliche Anspannung in ihrem Innern löste. Das Feuer,
das tief in Julians Seele brannte, entfachte eine ähnliche Hitze in ihr. Doch
gleichzeitig spürte sie, dass sie ihren inneren Frieden wiederfand, der die
schreckliche Leere ausfüllte. In seiner Nähe fühlte sie sich endlich wieder wie
sie selbst. Sie konnte frei atmen, und ihr Herz schlug in einem kräftigen,
gleichmäßigen Rhythmus.
»Ich spüre deine Furcht,
Desari«, bemerkte Julian leise. »Doch sie ist unbegründet. Ich kann dich nicht
verletzen. Ich bin dein Gefährte und für dein Glück verantwortlich.«
»Aber wie ist es möglich, dass
ich es nicht einmal ertragen kann, nur kurze Zeit von dir getrennt zu sein?«
Desari warf ihrem Bruder einen flehenden Blick zu. Es fiel ihr schon schwer
genug, dieses eigenartige Phänomen zu akzeptieren, ohne dass Darius Zeuge ihrer
Geständnisse wurde.
Julian wartete, bis Desaris
Bruder die beiden Leoparden an seine Seite gerufen hatte und mit ihnen im
Dunkel des
Waldes verschwunden war, um auf
die Jagd zu gehen. Dann legte er Desari zärtlich die Hand in den Nacken und
strich ihr über das seidige Haar. »Wir können körperlich voneinander getrennt
sein, piccola, müssen jedoch oft in telepathischen Kontakt treten.«
»Das wusstest du und hast dich
trotzdem von mir zurückgezogen? Ich wollte dir meine Unabhängigkeit beweisen,
und du hast mich sofort dafür bestraft«, fuhr Desari aufgebracht auf und hob
trotzig das Kinn.
»Du hast deine eigene Sicherheit
außer Acht gelassen, cara mia«, erwiderte Julian. »Du hast dich geweigert, mir zu
glauben, selbst als ich dir Zugang zu meinen Gedanken gewährte. Ich hatte keine
andere Wahl, als dich selbst die Wahrheit herausfinden zu lassen. Ich bin dein
Gefährte. Es kann zwischen uns keinerlei Unwahrheiten geben.«
Nervös spielte Desari mit einem
Knopf an seinem makellos weißen Hemd. »Ich nahm nicht an, dass du mich belügen
wolltest. Du glaubst an all diese Dinge, daran hatte ich keinen Zweifel. Doch
sie schienen mir so unwirklich zu sein wie ein Märchen, ein Traum. Wie ist es
möglich, dass wir nur durch wenige Worte für alle Zeit miteinander verbunden
sind? Wie kann ein Mann die Macht besitzen, das Leben einer Frau völlig zu
verändern?«
»Wir sind seit unserer Geburt
miteinander
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