Dunkle Sehnsucht des Verlangens
als Schutzschild, während
er eine messerscharfe Kralle an ihre Halsschlagader presste. Die Spitze drang
in Desaris Haut, sodass eine dünne Blutspur an ihrem Hals hinunterrann und die
weiße Seidenbluse befleckte, mit der sie bekleidet war. Aufmerksam suchte der
Unhold den Wald ab, konnte Julian jedoch nicht entdecken.
Über ihren Köpfen schlugen die
Eulen ungeduldig mit den Flügeln. Zwei der Berglöwen stimmten ihr typisches
Geheul an, das eine geradezu unheimliche Ähnlichkeit mit den Schreien eines
Menschen besaß. Außerhalb des unsichtbaren Kreises, den Desari geschaffen
hatte, gingen die anderen Tiere nervös auf und ab. Ihre Augen glühten in der
Dunkelheit, während helle Blitze knisternd über den Nachthimmel zuckten.
»Scheint, als hätte dich dein
Held verlassen«, spottete der Vampir, während er weiterhin den Blick seiner rot
glühenden Augen umherschweifen ließ.
»Glaubst du etwa, ich brauche
seine Hilfe? Ich kann mich selbst verteidigen. Außerdem willst du mich doch gar
nicht umbringen. Immer wieder hast du dir viel Mühe gegeben, mich aufzuspüren,
also musst du etwas anderes im Schilde führen, als mich töten zu wollen.«
Desaris Stimme klang samtig und harmonisch. »Du hast zwei der ältesten,
mächtigsten Karpatianer zum Kampf herausgefordert, nur um mich in deine Gewalt
zu bringen, Untoter.«
Der Vampir packte Desaris Kehle
fester und drohte, ihr die Luftzufuhr abzuschneiden, doch sie lachte nur leise.
»Sollen mich deine leeren Drohungen etwa beeindrucken? Du brauchst mich nicht
zu erwürgen, dein Gestank raubt mir den Atem von ganz allein.«
Der Vampir zischte ihr ins Ohr,
stieß Flüche und Drohung aus, schrie dann jedoch plötzlich auf und zerrte
Desari mit sich, als er versuchte, den Flammen zu entkommen, die auf seiner
Kleidung und seinem Fleisch loderten.
Als Rache für Julians
unerwarteten Angriff, zerrte der Vampir heftig an Desaris Haar. Doch sofort
stürzten sich die Eulen aus allen Himmelsrichtungen auf ihn. Mit ausgestreckten
Klauen schössen sie auf ihn zu und zielten direkt auf seine glühenden Augen.
Die Flügelschläge der Tiere verursachten einen wahren Wirbelsturm aus Blättern,
Zweigen und Kiefernnadeln, sodass es schwierig war, noch etwas von der Umgebung
zu erkennen. Als die Eulen sich auf den Kopf des Vampirs stürzten, duckte sich
Desari. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich eine weitere Eule auf, groß und
stark, mit blutgetränkten Federn. Dieser Vogel hatte es nicht auf die Augen des
Vampirs abgesehen, sondern stürzte sich auf seine Brust. Seine Klauen bohrten
sich in das Fleisch des Untoten, während die anderen Eulen ihm das Gesicht
zerkratzten. Heulend versuchte der Vampir, den Angriff der Tiere abzuwehren,
war jedoch nicht in der Lage, seine Zauberkräfte zu nutzen.
Desari ließ sich zu Boden fallen
und bedeckte schützend ihren Kopf mit den Armen, doch keine der Eulen berührte
sie auch nur. Julian hatte den Kampf perfekt geplant und dem Untoten keine
Möglichkeit gelassen, Desari etwas anzutun. Sie kauerte still am Boden und
vergaß einen Augenblick lang, dass auch sie sich unsichtbar machen konnte. Das
Geräusch der pickenden Schnäbel und kratzenden Klauen war schrecklich, und die
ohrenbetäubenden Schreie des Vampirs schienen nicht von dieser Welt zu sein.
Erst als der Fuß des Untoten sie berührte, kam es Desari in den Sinn, sich in
Nebel aufzulösen und schnell im Wald Schutz zu suchen. In der Krone eines hohen
Baumes drehte sie sich um und wurde wieder sichtbar. Nervös beobachtete sie die
tobende Schlacht.
Vor ihr entfaltete sich eine
Szene wie aus einem Horrorfilm. Darius hatte sie immer davor bewahrt, etwas
von den Schrecken der Vampirjagd zu erfahren. Deshalb hatte Julian sie auch in
Tiefschlaf versetzt. Der Anblick war grauenvoll und Furcht einflößend. Der
Gestank des Bösen waberte bedrückend über der Lichtung. Bewusst schien der
Vampir den Pesthauch zu verstärken, um es allen Lebewesen unmöglich zu machen,
frische Luft zu atmen. Doch es nützte ihm nichts, denn Julian begegnete jedem
giftigen Zischen mit einer erfrischenden Brise.
Durch die Angriffe der Eulen war
der Untote nun beinahe blind geworden. Sein Brustkorb war aufgesprungen, und
er blutete stark. Doch die Tiere gaben noch nicht nach, sondern attackierten
den Vampir immer gnadenloser.
Desari beobachtete die große
Eule, von der sie wusste, dass es sich um Julian handelte. Es erschreckte sie,
ihren Gefährten in seiner Rolle als Vampirjäger zu sehen. Behutsam suchte
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