Dunkle Sehnsucht
himmelblauen Kontaktlinsen blitzte etwas von dem harten Hund und tödlichen Gegner auf, den er hinter seiner Fassade aus Sanftmut und guten Manieren verbarg.
»Ja«, sagte er, das Wort in die Länge ziehend. »Los geht's.
Ed und Scratch sind schon in der Stadt. Vlad trifft sich heute Abend mit uns in dem Haus, das ich gemietet habe. Sobald wir vollzählig sind, beginnt die Jagd.«
Dave war der Erste aus unserer Gruppe in Memphis, der einen Volltreffer landete. Eine Woche nach unserer Ankunft ließ er durch Fabian berichten, dass er Kontakt zu ein paar Ghulen hergestellt hatte, die Vampiren gegenüber eindeutig feindselig gesinnt waren. Wir wussten nicht genau, ob sie in direkter Verbindung zu Apollyon standen oder einfach nur so Hass schoben, aber Dave hatte angeblich einen lustigen Abend damit verbracht zuzuhören, wie sie verbreite-ten, Ghule und Vampire sollten getrennt leben und keinerlei Umgang miteinander pflegen. Liebe oder Heirat zwischen Angehörigen der beiden Spezies sei Rassenschande, und nur durch Separatismus könnten wahre »Stärke und Reinheit«
erreicht werden.
Klang ganz nach dem Bockmist, den Apollyons Anhänger unters Volk brachten; immerhin war er so eine Art untoter Ku-Klux-Klan-Führer. Morgen Abend hatte Dave ein Treffen mit der Gruppe, und da wollte ich mich nicht einmischen. Wir mussten uns ja nicht alles versauen, indem wir ungeduldig wurden und uns ein paar Mitläufer schnappten, wenn wir irgendwann auch an den Anführer herankommen konnten. Ich hoffte, dass die Ghule Dave nach ein paar Treffen so weit vertrauen würden, dass sie ihm gestatteten, tiefer in ihre kranke Welt einzutauchen.
Vlad, Mencheres und ich hatten bisher nichts erreicht.
Timmies Quellen zufolge gab es Aktivitäten in einigen Bars, und als ich die Information an Dave weitergab, bestätigte er mir, dass die Verbrechensrate in Memphis in letzter Zeit gestiegen war, was wiederum dafür sprach, dass Apollyon sich tatsächlich in dieser Gegend aufhielt. Wir hatten uns zwar in der örtlichen Kneipenszene umgetan, aber lediglich die Grillspezialitäten der Region zu schätzen gelernt. Vielleicht traf das aber auch nur auf mich zu, denn das Blut von Bones, das ich in versiegelten Beuteln mitgenommen hatte, stillte zwar meinen Hunger, aber gegen ein bisschen Abwechslung beim Essen hatte ich nichts einzuwenden.
In der Seitentasche meiner Jeans klingelte mein Handy.
Ich zog es hervor und erkannte gleich die Nummer.
»Gevatterin.« Eds Stimme. So leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte.
»Was erreicht?«, fragte ich sofort und straffte mich. Er und Scratch waren gerade in einer Kneipe am anderen Ende der Stadt, wo sie hoffentlich mehr Erfolg hatten als Mencheres, Vlad und ich.
»Vielleicht«, antwortete Ed noch immer so leise, dass ich genau hinhören musste, um ihn zu verstehen. Ich hätte ihm ja geraten, mich per SMS zu benachrichtigen, wenn er fürchtete, belauscht zu werden, aber wie ich herausgefunden hatte, war Ed in dieser modernen Form der Kommunikation nicht bewandert. »Vorhin sind ein paar Leichenfresser reingekommen«, fuhr er fort. »Schlechte Vibes haben sie auch verbreitet. Ich habe gehört, wie einer das Falcon Drive-in erwähnt hat, und vor etwa zehn Minuten sind sie alle verschwunden.«
Ein Drive-in? »Kino meinst du, oder?«, erkundigte ich mich, nur um sicherzugehen, dass das kein Slangausdruck für irgendetwas anderes war.
Ed schnaubte. »Natürlich. Ich habe auch schon nachgesehen, wo es ist. Summer Avenue, Nähe I40.«
Simsen konnte Ed zwar nicht, aber immerhin kannte er sich mit Mapquest aus. »Gut. Mach dich auf den Weg, aber erst in zehn Minuten, falls du beobachtet wirst. Ich fahr jetzt los.«
»Bis dann«, knurrte Ed und legte auf.
»Wir sind hier falsch«, informierte ich Mencheres und Vlad, während ich dem Barkeeper winkte. »Wir bezahlen und hauen ab.«
Vlad zog die Augenbrauen hoch. »Details, bitte.«
Ich senkte die Stimme. Simsen wäre noch leiser gewesen, aber auch irgendwie blöd, weil meine Gesprächspartner direkt vor mir standen. »Ed hat von seltsamen Aktivitäten im Falcon Drive-in gehört - als wären die Worte >Aktivitäten< und >Drive-in< in einem Satz nicht seltsam genug.«
Mencheres warf mir einen verständnislosen Blick zu.
»Warum?«
Ich wollte schon sagen, weil Drive-ins aus der Mode sind, aber da fiel mir ein, dass jemandem in Mencheres' Alter Autokinos noch wie relativ neue Vergnügungsstätten erscheinen mussten.
»Weil der Fortschritt vor nichts
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