Dunkle Spiegel
Arm, drückte mir etwas in den Schoß. Seine Waffe!
Sie war vom Kaliber und Größe des Magazins meiner kleinen Waffe definitiv überlegen.
“Holen dir das Schwein!” flüsterte er. Ich drückte noch einmal seine Hand, erhob mich und wankte durch das Dunkel in die Richtung, wo ich die Tür vermutete. Ich stieß fast mit dem Kopf dagegen und konnte nur im allerletzten Augenblick bremsen. Ich zog sie auf und das trübe Licht blendete meine Augen, die sich jetzt auf die finstere Umgebung der Werkhalle eingestellt hatten. Doch dort erkannte ich noch den letzten Rest eines dunklen Schattens am Ende des Ganges, der sich nur mit Mühe entfernte.
Gumbler! Nein, diesmal entkam er mir nicht!
*** 79 ***
Diese Ratte wollte fliehen!
Sie nahm den einzigen Fluchtweg, der ihr geblieben war. In einiger Entfernung sah ich immer wieder Gumblers dunklen Schatten um die nächste Ecke verschwinden, doch ich kam ihm trotzdem mit jeder Biegung näher. Ich konnte sogar schon hören, wie er sich halb humpelnd und halb springend fortbewegte.
Aber auch ich war wacklig auf meinen Beinen und kam deshalb auch nicht sehr schnell voran. Der Kopf schmerzte, mir wurde immer wieder schwindlig und das einem Hammerwerk ähnlich pochenden Gefühl in meiner Nase durfte ich noch nicht einmal denken, geschweige denn, sie berühren. Irgendwo musste ich auch bluten, wie ich es an meinem Hemd fühlte. Auch in meinem Mund schmeckte ich Blut, metallisch, zäh und getrocknet.
Doch meine Wut trieb mich voran.
Ich war fest entschlossen, ihn hier und heute zur Strecke zu bringen!
Und ich kam ihm immer näher!
Nur langsam gewöhnten sich meine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse. Doch die schemenhafte Gestalt vor mir bekam immer festere Konturen. Und auch Gumblers dem Wahnsinn nahe, gehetzte Gesichtsausdruck mit der schweißüberströmten, bleichen Haut nahm immer mehr an Schärfe zu, wenn er mich flüchtig über die Schulter hinweg anschielte.
Ich kam ihm näher.
Immer näher.
Ich konnte ihn sogar fast schon riechen!
Ich lief ihm einfach hinterher. Mir fehlte jede Orientierung in diesen unterirdischen Gängen. Doch ich brauchte sie auch nicht. Mein Ziel war dort vor mir! Gejagt wie ein wildes Tier, kurz vor dem Zusammenbruch, am Ende seiner Kräfte. Doch der letzte Funke Wahnsinn schien ihn immer weiter zu treiben.
Ich erreichte die nächste Biegung und eine Treppe. Und sie kam mir sogar bekannt vor.
Aber wo war Gumbler? Ich hatte seine Schritte auf den Stufen nicht gehört!
Vorsichtig ging ich einen Schritt weiter.
Plötzlich stürzte er sich von rechts auf mich! Er hatte sich in einer Seitennische verkrochen und auf mich gelauert. Jetzt drückte er mich mit dem ganzen Gewicht seines Körpers gegen die Wand und trat mit dem Knie sofort nach meinem Bauch, während seine Hände meine Kehle suchten! Blitzschnell schwang ich mit meinem noch freien Arm aus und traf seinen Kopf mit dem Ellenbogen. Es knackte bedrohlich, Speichel landete auf meiner Haut und Gumbler taumelte, doch er war noch immer auf den Beinen. Seine Zähne waren gefletscht und seine Augen flackerten wild und bösartig.
Plötzlich holte er aus und schlug mit etwas zu, was ich zunächst nicht identifizieren konnte.
Der Kolben einer Waffe!
Ich duckte mich weg, doch nicht schnell genug. Ich strauchelte, der Kolben traf hart auf meine Schulter und nach einem fast gleichzeitigen Tritt in die Seite ging ich zu Boden.
Die Sekunde verging.
Verzweifelt versuchte ich, den Schmerz in meinem Kopf auszuschalten und wieder die Kontrolle über meinen Körper zu gewinnen. Doch die überwältigende Müdigkeit, die kraftraubende Jagd durch die Korridore und das Ringen im Dunkeln forderten jetzt ihren Tribut.
Ausgerechnet jetzt!
Dann hörte ich nur ein endgültiges Klicken.
Dann Stille.
Meine Sinne verließen mich. Lebte ich noch? Oder fühlte es sich so an, wenn das, was man allgemein hin als Seele bezeichnete, den Körper verließ? Würde ich mich vielleicht gleich ganz schwerelos fühlen und die ganze Szene von oben beobachten können? Vielleicht von einem vollkommenen Gefühl der Glücksseligkeit berauscht?
Aber nichts dergleichen geschah. Nur die Stille herrschte.
Ich öffnete halb die Augen - und sah in den Lauf einer Pistole.
In diesem Augenblick wurde ich völlig ruhig.
Gumbler jedoch stand mit blutunterlaufenen Augen und gespreizten Beinen über mir und starrte ungläubig die Waffe an, die er auf mich gerichtet hielt. Sein ganzer Körper
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