Dunkle Symphonie der Liebe
Körper des Drachen. Durch seinen Körper. Tief in seinem Inneren
empfand Byron unglaubliche Freude.
Helles Entzücken erfüllte
Antonietta. Der Wind wehte ihr Haar in alle Richtungen, blies ihr ins Gesicht,
beraubte sie der Sprache und ließ ihre Augen tränen. Sie konnte den Nachthimmel
nicht sehen, aber sie konnte sich die Sterne vorstellen, die über ihrem Kopf
wie Edelsteine funkelten. Sie beugte sich tief über den Hals des Drachen, um
ihn dazu zu bringen, schneller zu fliegen.
Schau dir das an, Onkel Byron.
Josef versuchte, in der Luft
einen Looping zu machen und kam dabei gefährlich nahe an den größeren Drachen
heran, sodass Byron ein hastiges Ausweichmanöver machen musste, um einen
Zusammenstoß mitten in der Luft zu vermeiden. Antonietta packte die Zügel fest
mit beiden Händen, als sich ihre Hüften vom Rücken des Drachen hoben. Byron
bewegte sich mit ihr und ließ sie wieder in den Sattel gleiten, bevor sie
hinunterrutschen konnte. Ihr Herz hämmerte, und sie presste ihre Schenkel so
fest wie möglich an seine Flanken. Es geht mir gut. Das ist phantastisch! Ich fühle mich
so lebendig. Sie sagte es schnell, da sie spürte, wie zornig er auf seinen Neffen war.
Josef schien nicht zu bemerken,
was er angerichtet hatte. Er machte mit seinen Kapriolen weiter, indem er im
Sturzflug nach unten jagte und knapp vor dem Boden wieder aufstieg, so abrupt,
dass er beinahe einen Salto schlug. Im nächsten Moment war er völlig
desorientiert. Ihm war schwindlig, und Panik verdrängte das Bild in seinem
Bewusstsein. Er sackte nach unten.
Byron legte gewaltig
an Tempo zu, schoss hinunter und tauchte tief unter den Jungen. Pass auf dich auf Antonietta!
Er fällt runter und kommt schräg von oben auf uns zu. Ich versuche ihn
aufzufangen und mit meinen Klauen festzuhalten. Der Vollidiot hat einen
kräftigen Tritt in sein Hinterteil verdient!
Byron streckte den Vorderarm
nach dem stürzenden Jungen aus. Josef sah den riesigen, keilförmigen Kopf und
das Maul mit den scharfen Zähnen und geriet erneut in Panik. Er schlug dem
Drachen auf die Schnauze und trat so heftig nach den langen Klauen, dass er
ein Stück zurückgeschleudert wurde.
Byron fluchte und
ließ sich blitzschnell unter seinen Neffen fallen. Ich will ihn an den
Drachenschweif heranbringen. Versuch ihm zu helfen, aber fall dabei nicht
selbst runter!
Josef schlug auf dem Rücken des
Drachen auf und kullerte weiter nach hinten zum Schwanz. Antonietta hatte die
Zügel bereits losgelassen und griff instinktiv hinter sich. Sie streifte Josefs
Hemd, packte es und hielt es fest. Sein Gewicht zog sie beinahe vom Drachen,
aber Byron verlagerte seine Position und half ihr damit, das Gleichgewicht zu
halten und nicht hinunterzurollen. Josef klammerte sich an den Drachen und
bohrte seine Fersen fest in die Flanken.
Er hievte sich hinter
Antonietta und schlang seine Arme fest um ihre Taille. Sie war erstaunt über
seine Kraft und seine Größe. Es war nicht so, als würde ein Junge hinter ihr
sitzen. Er fühlte sich wie ein ausgewachsener Mann an.
Wie alt ist dein Neffe?
Nach menschlicher Rechnung ist
er zweiundzwanzig. Bei uns gilt er noch als Halbwüchsiger, als Kind, das unsere
Fähigkeiten erst noch lernen muss. Eine andere Gestalt anzunehmen, ist nicht
leicht. Die meisten Eltern halten das geistige Bild für ihre Kinder so lange
fest, bis das Kind lernt, auf jedes Detail zu achten. Man muss gleichzeitig auf
mehreren Ebenen operieren. Wenn du das einmal lernst, werde ich derjenige sein,
der dir hilft.
Ich besitze nicht die
Fähigkeit, meine Gestalt zu verändern, Byron, wirklich nicht. Manchmal kann ich
den Jaguar in mir deutlich spüren, aber ich kann die Umwandlung nicht vollziehen,
nicht einmal, wenn ich mir Mühe gebe.
Antonietta war dankbar für
Byrons Jackett und die anhaltende Wärme, die es ihr spendete, während sie über
den Himmel zogen. Sie spürte, wie der Drache in langen, weit gezogenen
Kreisen nach unten glitt, bis er in der Luft anhielt und heftig mit den Flügeln
schlug, um an Ort und Stelle zu bleiben. Josefließ sich hastig auf den Balkon
der Villa gleiten, die er mit seinen Eltern bewohnte. Der Drache stieg sofort
wieder auf.
Antonietta beugte sich vor und
legte ihre Arme um den Hals des Drachen. »Ich will, dass es nie aufhört! Ich
finde, wir sollten die ganze Nacht fliegen.«
Byron war froh, dass Eleanor
daran gedacht hatte, eine zweite, kleinere und abgeschiedener Villa für ihn und
seine Gefährtin zu besorgen. Er wollte
Weitere Kostenlose Bücher