Dunkle Symphonie der Liebe
Ich habe kurz in ihr
Zimmer geschaut, als ihre Cousine ihr beim Anziehen half.«
»Sie ist nervös. Antonietta ist
schon ein bisschen eigenartig. Sie hat sich zur Umwandlung entschlossen, ohne
mit der Wimper zu zucken. Sie war bereit, gegen einen gefährlichen Jaguar zu
kämpfen. Sie geht blind auf eine Bühne, um vor vierzigtausend Leuten
aufzutreten, aber sie ist so nervös wegen unserer Hochzeit, dass sie mich auch
nervös macht.« Byron warf Jacques einen bösen Blick zu, während er die letzte
Bemerkung von sich gab.
»Vielleicht ist es auch genau
andersherum«, machte Jacques ihn aufmerksam. »Ich habe das Gefühl, du schwitzt
vor Aufregung.«
»Hör gar nicht hin, Byron.
Jacques ist derjenige, der nervös ist. Du weißt doch, wie sehr er
Menschenmengen liebt.« Shea warf ihrem Gefährten einen liebevollen Blick zu.
»Wie steht es mit Antoniettas Sehkraft, Byron? Kommt sie schon besser damit
klar?«
»Sie hat gelernt zu verstehen,
was sie sieht, aber die Wärmebilder überlagern häufig ihre normale Sichtweise,
und sie hat immer noch Probleme mit der Tiefenschärfe. Und sie ist nach wie vor
sehr empfänglich für die Stimmungen und elektrischen Strömungen, die sie
umgeben.« Byrons Stimme klang leicht besorgt.
»Bring sie während eurer
Hochzeitsreise in die Berge«, empfahl Shea. »Die Erde könnte den
Heilungsprozess beschleunigen. Ich vermute schon seit einer Weile, dass
etliche der menschlichen Gefährten, die übernatürliche Kräfte besitzen, von den
Jaguarmenschen abstammen könnten. Nicht alle von ihnen, aber eine deutliche
Mehrheit. Antonietta ist die Erste, die einen so stark ausgeprägten genetischen
Code dieser Art hat. Ich bin sehr interessiert zu erfahren, inwieweit die Umwandlung
ihre angeborenen Fähigkeiten verstärkt.«
Byrons Augen verdunkelten sich.
»Antonietta ist kein Versuchskaninchen.«
»Natürlich nicht.« Shea lachte,
legte dabei aber beruhigend eine Hand auf Jacques Arm. »Ich neige dazu, im
Fachjargon von Medizin und Forschung zu sprechen, stimmt's? Antonietta ist
eine bezaubernde und sehr mutige Frau und hat eine wirklich interessante
Familiengeschichte. Ich nehme an, dir ist aufgefallen, dass es in dieser Region
einige Menschen mit starken geistigen Barrieren gibt?«
»Das muss der Einfluss der
Jaguargene sein. Franco ist tatsächlich imstande, seine Gestalt zu verändern,
was einen zu der Annahme verleiten könnte, dass sein genetischer Code
hauptsächlich vom Jaguar bestimmt wird. Er hat aber einen ausgeprägten
Familiensinn und ist ein guter Vater und Ehemann«, erwiderte Byron.
»Ich habe mich mit ihm
unterhalten«, gestand Shea. »Er hat versprochen, dass wir zuschauen dürfen,
wenn er seine Gestalt ändert. Es ist sicher interessant, die Unterschiede zu
sehen.«
Byron blickte rasch auf. »Das
hat er mir gegenüber mit keinem Wort erwähnt. Ich habe große Bedenken. Ich
gehe gern einmal mit dir in die unterirdische Kammer mit der Familienchronik,
Shea. Antonietta ist wie ich der Meinung, dass es für uns alle sehr wichtig
ist. Aber ich bin dagegen, dass Franco eine andere Gestalt annimmt.«
Vlad nickte zustimmend. »In
diesem Punkt stimme ich Byron zu. Die natürlichen Triebe des Jaguars scheinen
schwer zu kontrollieren zu sein.«
»Es ist wichtig«, beharrte
Shea. »Vor allem Franco, der trotz seiner Fähigkeit, zum Jaguar zu werden,
einen starken Familiensinn hat, ist wichtig. Er war sehr kooperativ.
Antonietta auch. Beiden ist klar, welche Bedeutung das Enträtseln der
Geheimnisse ihrer Familie für unser Volk hat.«
»Und was ist, wenn er als
Jaguar tötet?«, fragte Byron und wandte ihr sein Gesicht zu. »Franco hat auch
andere Eigenschaften der Scarlettis geerbt. Er kann gewalttätig werden; glaub
nicht, dass er es nicht könnte. Er würde es sich selbst nie verzeihen, wenn er
in Gestalt des Jaguars unschuldigen Menschen etwas antäte.«
»Die Scarlettis sind deine
Familie, Byron«, erklärte Jacques mit leiser, aber sehr eindringlicher Stimme.
»Aus diesem
Grund hat Mikhail sie
akzeptiert und unter unseren Schutz gestellt, und dasselbe machen wir alle hier
wegen der Stärke deiner Gefühle für sie. Ich konnte feststellen, dass sie sich
im Gegenzug uns gegenüber genauso loyal verhalten. Franco möchte uns helfen. Er
kann sich unmöglich der Kontrolle von sechs ausgewachsenen Karpatianern
entziehen.«
»Wenn ich beobachten kann,
inwiefern die Verwandlung bei ihnen anders abläuft als bei uns«, fuhr Shea
fort, »könnte ich vielleicht eine Lösung
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