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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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Karten mit Gold dran und allem. Da stand die Adresse von seinem Geschäft drauf. Es
ist in Seattle. Und ich weiß, wo Seattle liegt, weil Reeny und ich immer Frasier gucken.«
     
    Offenbar besuchte ganz Kilbride diese Gedenkmesse. Min war schon in aller Frühe abmarschbereit. Sie zog einen uralten Mantel an – ich konnte mich noch daran erinnern, wie sie in diesem Mantel zu mir ins Kaufhaus Pillar gekommen war, und ich war sechzehn, als ich dort anfing.
    »Min …«, begann ich, aber sie ließ mich gar nicht weiterreden.
    »Dieser Mantel hat ein paar Hundert Pfund gekostet«, verkündete sie majestätisch. »Er hing im Schrank der Mutter deines Vaters, als ich ihre Sachen aufgeräumt habe, und er war so gut wie neu.«
    »Aber Min …« Ich wollte sie darauf hinweisen, dass er penetrant nach Mottenkugeln roch.
    »Und was ist mit dir?« Sie musterte mich kritisch von oben bis unten. »Du musst deinen guten Rock anziehen. Geh noch mal hoch und zieh dich um. Und gib mir deine Stöckelschuhe, ich putze sie schnell.«
    In der Kirche wurde sie an mich gedrückt, weil die Leute eng gedrängt auf den Bänken saßen. Min schloss die Augen und achtete nicht auf die Liturgie. Stattdessen murmelte sie leise vor sich hin. »Lieber Gott«, betete sie, »hab Erbarmen. Heilige Mutter Gottes, steh ihnen bei.« Wieder einmal wurde mir klar, wie wenig ich Min kannte. Dass sie solche Gebete sprechen würde, war das Letzte, was ich erwartet hätte.
    Es gab einen Punkt, den sie immer wieder hervorhob – als könnte ich das, was sie meinte, nur verstehen, wenn sie es oft genug wiederholte. Ihr erschien es extrem wichtig, dass die Toten normale arbeitende Menschen gewesen waren. »Sie haben keinem etwas getan!«, klagte sie und schaute mich an, kopfschüttelnd, immer noch fassungslos angesichts dieses Verbrechens. »Sie waren anständig. Sie haben alle gearbeitet.«
    Als der Winter kam, ging sie immer seltener aus dem Haus.
    »Was ist los?«, fragte ich sie. »Willst du nicht aufstehen? Unser Auto steht direkt vor der Tür – wenn du möchtest, kann ich dich in den Pub fahren.« Ich schlug ihr vor, wir könnten doch eine Reise machen. Auf die Kanarischen Inseln, in die Sonne. Nach London, um uns die Kleider im Schlussverkauf anzusehen. »Sollen wir vielleicht einen Hund kaufen?«, schlug ich eines Tages vor.
    Da wurde sie plötzlich lebendig. »Auf keinen Fall!«, rief sie. »Bell hasst Hunde.«
    »Bell!«, rief ich ärgerlich. Bells gestreiftes Gesicht mit den schrägen Bernsteinaugen schaute unter Mins Kinn aus der Bettdecke hervor. »Ich glaube, diese Katze findet, ich soll dahin zurückgehen, wo ich hergekommen bin«, brummte ich, und Min sagte nichts.
    Meinen Plan, den Garten herzurichten, ließ ich fallen und schloss stattdessen eine private Krankenversicherung für Min ab, falls sie je stationäre Pflege brauchen sollte. Dadurch hatte sie allerdings keinen Anspruch mehr darauf, dass die Psychologin zu ihr ins Haus kam. Als uns das mitgeteilt wurde, war Min richtig erleichtert. Sie lobte mich sogar – was selten genug passierte.
    »Gut gemacht!«, rief sie. »Ich wollte diese Frau schon die ganze Zeit loswerden – ich habe nur nicht gewusst, wie. Ich finde, sie müsste sich mal den Kopf untersuchen lassen, nicht ich.«
    Doch damit war auch die letzte Maßnahme, die zur Verbesserung von Mins Situation dienen sollte, eingestellt. Also ging ich in die Buchhandlung Eason und erforschte die Abteilung mit den Ratgebern – zum ersten Mal in meinem Leben. Ich suchte etwas, was uns eventuell weiterhelfen könnte. Als ich nach Hause kam, hatte ich zwei Bücher gekauft: Depressionen ernst nehmen: Wie es uns das Leben retten kann, wenn wir unseren seelischen Schmerz verstehen lernen und Depressionen – die
Körper-Seele-Methode. Eine Weile las ich Min jeden Abend aus diesen Büchern vor. Sie fand das zwar hochinteressant, döste aber meistens trotzdem schon nach ein paar Seiten ein.
    Weihnachten verlief ereignislos, und auch Silvester fand ich tendenziell öde, obwohl im Fernsehen ziemlich witzige Sendungen liefen. Min war schon ins Bett gegangen, während ich in der Küche am Herd saß und vor mich hin kicherte. Warum bin ich keine Opernsängerin wie Angela Gheorghiu?, fragte ich mein imaginäres Publikum. Nur so zum Beispiel. Und weshalb bin ich ausgerechnet in einem elenden Arbeiterviertel in Dublin auf die Welt gekommen? Warum hat nicht statt meiner Doris Duke hier das Licht der Welt erblickt und ich selbst in Newport oder sonst

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