Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie
überflüssig!
L achen, lieben, leben – jeder Tag eine Fiesta!
V erzeihen Sie – auch wenn Sie nichts vergessen!
Vielen Dank im Voraus, Markey. Ich bin für jede Hilfe dankbar. Falls jemand aus der Ratgeber-Szene bereit ist, diese oder sonst irgendwelche Ideen mit mir persönlich zu besprechen, kann ich jederzeit nach New York kommen.
Ich habe mich nicht mehr gemeldet, seit ich Dir vor vielen Jahren aus Warschau eine Postkarte von Chopin geschickt habe. Aber ich habe oft an Dich gedacht und viele, viele imaginäre Gespräche mit Dir geführt.
Rosie Barry
2
H allo, Markey, wie viel Uhr ist es in Seattle? Du hast auf dem Anrufbeantworter gesagt, ich kann dich jederzeit anrufen. Bist du gerade beschäftigt? Hast du eine Minute Zeit für mich?«
»Was ist mit deiner Stimme los, Rosie? Hast du Probleme?«
»Nein, ich muss nur leise reden wegen Min. Sie sollte eigentlich schon schlafen, aber es kann sein, dass sie nochmal runterkommt. Sie denkt, wer Ferngespräche führt, landet im Armenhaus, auch wenn er angerufen wird. Wenn sich Reeny aus Spanien meldet, hält Min immer den Hörer ganz weit weg vom Ohr, als hätte sie Angst, sie könnte einen elektrischen Schlag bekommen. Sie schreit dann ganz laut: ›Hier ist alles in bester Ordnung, Gott sei Dank‹ und will sofort wieder auflegen. Aber egal – gibt es irgendwelche Neuigkeiten, Markey?«
»Eine Agentin hat versprochen, mich zurückzurufen. Ich bleibe am Ball.«
»Vielen Dank«, flüsterte ich. »Bis bald.«
Aus dem Bad kam Gesang. Ah ja – Samstag! Ich hatte erreicht, dass Min jetzt samstags immer aufstand. Mit der Begründung, das Bett müsse einmal in der Woche gründlich gelüftet werden. Aber sie gehorchte auch deswegen so brav, weil ich sie dann immer zum Frühstück einlud.
Sie sang »La ci darem la mano«, in ihrem ganz persönlichen Esperanto. Hatte sie überhaupt eine Ahnung, worum es in diesem Duett aus Don Giovanni ging? Oder in all den anderen italienischen und französischen Arien, deren Texte sie in wortähnliche Laute verwandelte? Das Gleiche machte sie übrigens auch mit englischen Liedern, wenn ich es mir richtig überlegte.
Ich schickte sie wieder nach oben, damit sie ihre Wollmütze holte. Und draußen schlug uns tatsächlich ein eisig kalter Wind entgegen.
»Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen?«, zitierte ich, während wir vor Kälte zitternd warteten, bis wir die Hauptstraße überqueren konnten. »Italien«, fügte ich als Erklärung hinzu.
»Tja – dann auf nach Italien«, erwiderte Min. »Wer hindert dich daran?«
Auf diese Frage antwortete ich lieber nicht.
Der Mann, dem der Zeitungskiosk im Einkaufszentrum gehörte, flirtete mit jeder Frau, die hereinkam. Auch bei Min versuchte er sein Glück, obwohl sie wirklich keinen Tag jünger aussah als neunundsechzig und noch dazu ziemlich eigenartig. Sie ging gar nicht auf seine Scherze ein, sondern brummte nur ungeduldig »Ja, ja« und kaufte schnell eine Zeitung für mich, weil sie wusste, dass ich länger im Café sitzen blieb, wenn ich etwas zu lesen hatte. Ich studierte also die neuesten Nachrichten, während sie neben mir saß und die Szenerie auf sich wirken ließ. Sie nickte, lächelte und runzelte zwischendurch die Stirn, je nachdem, ob ihr etwas gefiel oder ob sie etwas störte. Wie eine huldvolle Herrscherin. Ich beobachtete sie aus dem Augenwinkel. Wenn ich mit ihr in der Öffentlichkeit war, verkrampfte ich mich immer ein bisschen, weil ich fürchtete, jemand könnte sie für meine Mutter halten und zu dem Schluss kommen, dass ich eines Tages so aussehen würde wie Min.
Gleichzeitig hatte ich Angst, dass uns kein Mensch wahrnahm.
Und sofort musste ich mir beschämt eingestehen, dass ich mit »kein Mensch« eigentlich »kein Mann « meinte. In Kilbride gab es keine Männer, die sich für zwei Frauen wie meine Tante und mich interessieren würden. Aber wo auf der Welt gab es schon solche Männer? In meiner Jugend war ich eine stolze Feministin gewesen, und überall, wo ich auftauchte, hatten sich die Leute für mich interessiert. Damals hatte ich nie darüber nachgedacht, welche Folgen meine Selbstständigkeit haben könnte. Erst seit Neuestem – genauer gesagt, seit die Beziehung mit Leo abgekühlt war – spürte ich, dass ich nicht mehr in die Welt gehörte, in der die Männer eine Frau suchten, sondern in eine andere Welt, in der hauptsächlich Frauen lebten. Frauen und schwule Männer – oder glücklich verheiratete Männer. Eine Zeit
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