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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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haben, denn sie war nicht abgemagert. Ich begrüßte sie nicht besonders enthusiastisch, obwohl ich sie extrem hübsch fand. Aber sie gehörte schließlich anderen Leuten. Sie kam nur mal vorbei.
    Doch sie blieb bei mir. Ihre Gegenwart veränderte die Qualität der Zeit, sie veränderte überhaupt sämtliche Erlebnisse dieses Morgens. Alles, was ich tat, fand die kleine Hündin unglaublich spannend, sie lief voraus, kam wieder zurück, umkreiste mich, passte auf mich auf. Dadurch erschienen mir meine Bewegungen und Handlungen plötzlich selbst irgendwie bedeutend. Sie hockte sich neben mich und verfolgte aufmerksam, wie ich versuchte, ein Feuer im Kaminherd zu machen, weil ich wissen
wollte, ob er noch funktionierte. Die Flammen spiegelten sich in ihren Augen. Ich redete mit ihr – nicht laut, nur in meinem Kopf -, und das fühlte sich so gut an, dass mir bewusst wurde, wie einsam ich mich eigentlich gefühlt hatte.
    »Min ist überhaupt nicht einsam«, sagte ich zu dem Hund.
    Es ist schon seltsam, murmelte ich weiter, während die Flammen zwischen den Zweigen flackerten, dass bei allen anderen Häusern hier die Dächer eingestürzt sind, dass in den Kaminen Bäume gewachsen sind und in den Fensterhöhlen Nesseln wachsen und die ganzen Holzbalken vermodert sind. Aber höchstwahrscheinlich würde jeder Herd sofort brennen, wenn man ein Streichholz daran hielte. Wie das wohl wäre, wenn man von Haus zu Haus ginge und in zwanzig dieser alten Eisenherde Feuer machen würde? Das könnte man drüben in Milbay sehen – dass aus den Kaminen, die seit über einem halben Jahrhundert tot waren, wieder Rauch aufstieg. Doch den Rauch hier sah man dort nicht. Das Haus meines Großvaters stand ganz für sich.
    Das Feuer loderte. Ich machte die kleine Eisentür zu und erhob mich, ein bisschen steif in den Gliedern. Da sah ich, dass der Hund eingeschlafen war, die Vorderbeine mit den weißen Pfoten überkreuzt, während der seidig schimmernde Körper sich friedlich hob und senkte.
    »Du hast mir nicht zugehört, Schätzchen«, sagte ich.
     
    Sie hatte nicht begriffen, dass ich mit dem Auto hier war. Kaum sah sie den Wagen, da zog sie sich zurück. Ich sah ihren glänzenden Rücken noch ein paarmal am Rand der Wiese aufblitzen, bevor sie endgültig aus meinem Blickfeld verschwand. Als ich die Wagentür öffnete, war sie nicht mehr zu sehen. Das war’s dann wohl.
    Aber auf der Fahrt zurück nach Dublin kam im Radio Chormusik. Zufällig hörte ich gerade aufmerksam zu, als der Sprecher
ankündigte, das nächste Stück heiße »O Magnum Mysterium« und der Text laute übersetzt:
    »O großes Geheimnis und staunenswürdiges Wunder! Tiere sahen den menschgewordenen Herrn in der Krippe liegen.«
    Darüber hatte ich noch nie nachgedacht, aber ich fand es ganz toll.
     
    »Wann kommt der Bus?«, fragte Mr. Colfer immer wieder. »Ist er noch nicht da?«
    Peg schrie ihm ins Ohr, heute sei die Tagesstätte nicht geöffnet. Das ärgerte ihn – bis er es wieder vergaß und erneut zu fragen anfing.
    Das Telefon klingelte.
    »Es ist Tom, aus Kanada«, sagte Peg. »Daddy – Tom ist am Telefon! Er fragt, wie’s dir geht.«
    »Sag ihm, es geht mir gar nicht gut, aber ich wünsche ihm Gottes Segen, und er soll wieder anrufen, wenn’s mir besser geht. Lass mich am besten in Ruhe, Peg. Red du mit ihnen.«
    »Daddy, Dympna und die Kinder haben auch schon angerufen, und sie haben ›Perfect Day‹ für dich gesungen.«
    »Warum kommt Dympna denn nicht nach Hause und fasst mit an?«, knurrte Mr. Colfer ungehalten.
    »Dympna hat dieses Jahr geheiratet und wohnt jetzt in Manchester«, sagte ich, in der Hoffnung, dass dies etwas helfen würde.
    »Und warum zieht Reenys Junge nicht endlich aus?«, fauchte Mr. Colfer mich an. Er war auf einmal ganz aggressiv. »Worauf wartet er noch, wenn man mal fragen darf?«
    »Na, na, Dad«, sagte Peg, freundlich wie immer.
    »Also ich finde, man kann deinem Dad keinen Vorwurf machen, wenn er das fragt«, sagte ich zu Peg, nachdem sie ihren Vater endlich dazu gebracht hatte, sich ein bisschen hinzulegen, das Gebiss in einem Glas Wasser, der Nachtstuhl neben dem
Bett, das kabellose Telefon in Reichweite. Zum Mittagessen hatte sie Rosenkohl und Kartoffeln mit ein bisschen Soße für ihn zerdrückt, dazu einen großen Löffel Füllung. Kein Huhn. Der alte Mann erstickte immer beinahe daran.
    »Und warum?«
    Mir war klar, dass sie genau wusste, was ich meinte. »Na ja, wenn selbst Tessa überlegt, ob sie nicht jemanden

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