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Dunkle Tage

Dunkle Tage

Titel: Dunkle Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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suchen wir hier eigentlich?“, erkundigte sich Hendrik.
    „Ich habe da so eine Idee.“
    Gregor überzeugte sich davon, dass hinter den Pappen, die die Löcher in der Wand verdecken sollten, nichts verborgen lag, begutachtete die Kleider auf dem Kleiderhaken an der Wohnungstür und machte sich mit deutlichem Widerwillen daran, einen Berg Lumpen zu untersuchen. Er entdeckte einen abgenutzten, aber sauberen Anzug, vermutlich der Sonntagsanzug von Curt Broscheck, das einzige Kleidungsstück, das er neben seiner Alltagskleidung besaß. Mit erwachendem Jagdeifer suchte Gregor die dazugehörigen Schuhe und nahm diese sorgfältig in Augenschein, insbesondere die Sohlen. Seine Suche wurde jedoch nicht belohnt. Enttäuscht legte er alles wieder an seinen Platz. „Vermutlich trägt er die Schuhe, die er an jenem Abend anhatte. Ich nehme nicht an, dass er mehr als zwei Paar besitzt.“
    Ein Pappschild, das gegen eine Wand lehnte, erregte Hendriks Aufmerksamkeit. Er drehte es um und hielt es ins Licht. Auf der Vorderseite stand in großen Buchstaben: Das sind die geistigen Waffen der Arbeitgeber , darüber war die Silhouette eines Maschinengewehrs abgebildet. Vermutlich hängte sich Curt Broscheck dieses Schild um den Hals, wenn er Streikposten vor dem Tor der Unger-Werke bezog. Hendrik fand es originell.
    „Frau Broscheck wird übrigens morgen aus der Untersuchungshaft entlassen.“ Der Genuss war Gregor anzusehen, als er die Bombe platzen ließ.
    „Aber … was … wieso …?“
    „Ich habe gestern Abend den schriftlichen Obduktionsbefund bekommen.“
    „Und?“
    „Da hat jemand geschlampt und eine wichtige Information nicht umgehend an mich weitergeleitet, nämlich, dass ein winziges Stück der Messerspitze aufgrund der wuchtigen Stöße an einem Knochen Max Ungers abgebrochen ist und in der Leiche gefunden wurde. Während das Messer mit den Fingerabdrücken von Frau Broscheck keine Absplitterung aufweist.“
    „Mit anderen Worten: Es war gar nicht das Messer!“ Wie würde Anton sich über diese Nachricht freuen!
    „Das führt uns zu interessanten Erkenntnissen, nicht wahr?“
    „Wir haben echtes Blut an einem falschen Messer. Folgerung: Frau Broscheck hat vermutlich die Wahrheit gesagt, ihre Mordabsicht im letzten Moment aufgegeben und das Messer weggeworfen.“
    „Wobei sie der Mörder beobachtete. Er ergriff die günstige Gelegenheit, nahm das Messer an sich und wälzte es nach dem Mord im Blut des Toten. Was erklärt, warum die Fingerabdrücke so klar zu erkennen sind.“
    „Und das beweist nun endgültig, dass der Mörder und der Absender des Päckchens ein und dieselbe Person sind.“ Hendriks Verstand lief auf Hochtouren. „Sag mal, du weißt seit gestern, dass das Messer nicht das Mordmesser ist? Warum lässt du Frau Broscheck erst morgen frei?“
    „Ich hatte den Durchsuchungsbefehl noch nicht. Der mir einzig und allein aufgrund des angeblichen Mordmessers ausgestellt wurde.“
    „Und welche Spur verfolgst du in Wirklichkeit?“
    In diesem Augenblick klappte die Wohnungstür. Curt Broscheck tauchte auf, lädiert, schmutzig, mit zerrissener Kleidung. Er blutete am Kopf. Vermutlich hatte er sich mit Soldaten oder Streikbrechern des Technischen Hilfswerkes eine Straßenschlacht geliefert und war dadurch in der richtigen Stimmung, seiner Wut freien Lauf zu lassen. Mit dem Instinkt eines wilden Tieres, das sein Revier verteidigt, sprang er auf sie zu und packte Hendrik beim Kragen. „Was haben Sie hier zu suchen?“, brüllte er.
    Der harte Griff ließ Hendriks Wunde aufplatzen. Der Schmerz raubte ihm für eine Sekunde die Besinnung.
    Sein Bruder erhob sich mit einer Gelassenheit, die Hendrik unangemessen fand. „Wir haben einen Durchsuchungsbefehl“, sagte Gregor mit seiner Amtsstimme und hielt dem Arbeiter ein behördliches Dokument vor die Nase.
    Widerstrebend ließ Curt Broscheck sein Opfer los. Hendrik rang nach Luft und hielt sich die schmerzende Seite.
    „Wir sind so gut wie fertig“, sagte Gregor. „Wir brauchen nur noch eine einzige Sache.“
    „Und welche wär’ das?“
    „Ihre Schuhe.“
20
    „Sie?“ Diana war überrascht, Gregor Lilienthal vor der Tür des Unger’schen Anwesens zu finden.
    „Ich habe noch ein paar Fragen.“
    „An mich?“
    „Vor allem an Ihre Onkel, aber vielleicht auch an Sie.“
    „Sie meinen, Sie richten freiwillig das Wort an mich und würden mir sogar zuhören, wenn ich antworte?“
    Er runzelte die Stirn.
    „Oh, sehen Sie mich nicht so vorwurfsvoll an,

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