Dunkle Templer 01 - Erstgeboren
aufgestanden und hatte sich den Staub von den Handschuhen geklopft. »Mann, ihr seid wie ein Haufen kleiner Kinder«, sagte sie.
Das Geräusch erklang von Neuem. Darius’ Magen zog sich zusammen. Irgendetwas weinte im Inneren des Tempels.
R. M. deutete auf ihr Haar, das ihr, obschon es kurz war, zerzaust ins Gesicht hing. »Das ist der Wind, ihr…« Sie fing an zu lachen. »Kommt schon, Leute! In diesem Ding gibt es jede Menge Löcher aller Größenordnungen, und das erzeugt nun mal komische Geräusche.« Sie tauschte einen Blick mit dem großen blonden Sebastien, der ihr zugrinste.
Darius war fürchterlich rot geworden und machte sich wieder an seine Arbeit. Aber in dieser Nacht träumte er von jemandem… von… etwas… das in diesem uralten Tempel gefangen war, allein und unsagbare Schmerzen erleidend.
Darius schaute sich um. Niemand befand sich in seiner unmittelbaren Nähe. Niemand würde sehen, wie er einen kleinen Flachmann hervorholen und einen Schluck nehmen würde, bevor er ihn wieder einsteckte.
Der Schnaps brannte eine Spur in seine Kehle. Jake hatte allen erlaubt, eine gewisse Menge an alkoholischen Getränken eigener Wahl mitzubringen, wie er es bei jeder Ausgrabung getan hatte, an der Darius beteiligt gewesen war. Natürlich wollte Jake nicht, dass sie während der Arbeit tranken, aber Darius wusste mit geradezu krankhafter Gewissheit, dass er, wenn er diesmal nicht während der Arbeit trank… gar nicht imstande wäre, diese Arbeit zu tun.
Er nahm noch einen Schluck, dann steckte er den Flachmann wieder weg. Bisher war das Projekt noch jedes Mal abgeschlossen gewesen, bevor sein Alkoholvorrat aufgebraucht gewesen war.
Bisher.
KAPITEL 6
Es hätte eigentlich eine einfache, fast luxuriöse Ausgrabung sein sollen. Dank eben jener Kuppel, die ihnen die Luft zum Atmen lieferte, stellte das Wetter nie ein Problem dar. Die Temperatur lag bei konstant einundzwanzig Grad Celsius, und weder Wind noch Sturm oder Schnee störten die Arbeit.
Die neuen Leute – Rainsinger, Patel, Bryce, Teague und Petrov – waren die Einzigen, die sich darüber beschwerten. Jakes Stammteam hingegen aalte sich in der langweiligen Gleichheit eines jeden Tages. Nach Jahren, in denen sie größtenteils auf die Gnade der Elemente angewiesen waren, fanden die alterfahrenen Archäologen diese Monotonie geradezu himmlisch.
Aber dieselben Spannungen und Belastungen, die schon die Teams vor ihnen heimgesucht zu haben schienen, machten sich auch bei Jakes Team bemerkbar. Niemand schien gut zu schlafen.
Er nahm an, dass mehr als nur einer bei den Ärzten vorstellig geworden war, und das nicht wegen Verstauchungen oder Abschürfungen. Solange die Ärzte in diesen Personen keine Gefahr für sich selbst oder andere oder den Erfolg der Mission sahen, würde Jake nicht darüber informiert werden, das wusste er. Er respektierte das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, dennoch nagte es ein wenig in ihm. Mehr als einmal war er in den Speiseraum gekommen, und leise Unterhaltungen waren bei seinem Eintreten verstummt. Es war frustrierend.
Noch frustrierender war die Kammer, die sich stur weigerte, ihre Geheimnisse preiszugeben.
Dabei war Jake eigentlich ein Rätselmeister. Dafür war er bekannt, deswegen hatte man ihn angeheuert.
Jemand hatte hier etwas in einer Sprache geschrieben, die noch niemand gesehen hatte, und das mit dem Blut eines Wesens, über das es keinerlei Aufzeichnungen gab. Ein Code? Eine unverblümte Nachricht? Unsinniger Quatsch? Rituelle Inschriften? Das Gegenstück zu den prähistorischen Höhlenmalereien der Erde?
Momentan beneidete er Jean-Francois Champollion aufs Heftigste. Dieser Gelehrte aus einer längst vergangenen Zeit war derjenige gewesen, der die ägyptischen Hieroglyphen entschlüsselt hatte, die für die Europäer des neunzehnten Jahrhunderts ebenso seltsam und fremdartig ausgesehen hatten wie für Jake diese Wirbel, Punkte und Kurvenlinien, die er jetzt betrachtete.
Aber dieser Glückspilz besaß einen Rosettastein, der ihm geholfen hatte. Jake hingegen hatte nur die Mutmaßungen derer, die vor ihm hier gewesen waren, und seinen eigenen Instinkt.
Ach so, ja… da war noch ein netter kleiner Haken. Die alten Ägypter waren wenigstens Menschen gewesen. Dies hier aber war die Schrift einer fremden Rasse, wahrscheinlich der Protoss, hätte er raten müssen. Und wer zum Teufel wusste schon, wie die Protoss dachten? Was würden sie in Blut niederschreiben wollen?
Also saß Jake vor dem
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