Dunkle Templer 01 - Erstgeboren
sich der beinahe perfekte Abdruck eines Blattes abzeichnete. Das helle, harte Scheinwerferlicht der Steinraupe fiel außerdem noch auf weitere Steine mit anderen Blättern und Muscheln. Jake gab sich keine Mühe, sie nicht zu zerstören; es gab buchstäblich Tausende davon. Er ging weiter, die Hände in den Taschen, die Schultern hochgezogen, den Blick gedankenlos auf den Boden gerichtet, über den seine Füße sich bewegten.
Was war es, das er übersah? Er bekam allmählich das krank machende Gefühl, dass er irgendwie falsch an diese Sache heranging und dass er, wenn er diesen Weg weiter beschritt, niemals aus seinem jetzigen Tal herausfinden würde.
Er blickte auf ein weiteres fossiliertes Blatt. Für gewöhnlich faszinierten ihn solche Dinge, auch wenn eines wie das andere aussah. Ganz egal, auf welchem Planeten er gewesen war, ganz egal, wie anders und fremdartig Blätter zunächst aussahen, wenn man sie genauer betrachtete, wiesen sie eine tiefe, anhaltende Ähnlichkeit auf.
Sein Fuß knirschte über einen weiteren Stein, und der fossilierte Abdruck eines Schneckenhauses mit perfekten Windungen um den Goldenen Schnitt in seiner Mitte wurde sichtbar. Auch sie waren sich gleich, Mollusken, die ihre Gehäuse mit gespenstischer Präzision bauten. Auf welcher Welt auch immer. Es gab bestimmte leitende Ähnlichkeiten, gewisse Vertrautheiten, aus denen Jake so etwas wie Trost schöpfte. Der Goldene Schnitt war so etwas. Ganz egal, wie fremd die Welt war, er schien universell zu sein. Jake -.
Es brach wie eine Welle über ihn herein.
TEIL2
Fast schwindlig unter der plötzlichen Flut des Verstehens, fiel Jake auf die Knie und ergriff das Schneckengehäuse.
Da war es, diese Zeichnung der Windungen, auf dieser fremden Welt dieselben wie auf der Erde, wie auf Gelgaris, wie auf Pegasus, wie auf jedem Planeten, auf dem er je gewesen war. Jede Windung war ein klein wenig länger als die vorherige. Ein Verhältnis von 1 zu 1,6.
Und das Blatt… da war sie, dieselbe Reinheit, alle Adern standen im selben Verhältnis zueinander.
Jake war übel, doch er konnte nicht sagen, ob vor Angst oder vor Hoffnung. Wahrscheinlich ein bisschen von beidem. Er streckte seine schwielige Hand in das grelle, weiße Licht der Steinraupe, merkte, dass die Hand wie verrückt zitterte, und starrte sie an. Der Knochen, der die Spitze seines Fingers bildete, war eine Spur kürzer als der zweite Knochen… der wiederum etwas kürzer war als derjenige, der den Finger mit der Hand verband, und auch das in demselben perfekten Verhältnis 1 zu 1,6.
Verzweifelt versuchte er sich zu erinnern, wie Protosshände aussahen. Er wusste, dass sie ganz anders waren als Menschenhände, aber wie unterschieden sie sich genau davon?
Jake schloss die Augen und versuchte, sich die wenigen flüchtigen Blicke auf gepanzerte Protosshände in Erinnerung zu rufen, die auf Vid festgehalten worden waren. Sie waren lang und zierlich. Sie hatten nicht vier Finger und einen Daumen, sie hatten – ach, was war es noch gleich? – zwei Finger zwischen zwei Daumen. Verschiedene Beuteltiere, auf die Jake getroffen war, besaßen ebenfalls zwei Daumen.
Er kniete lange in den Steinen und versuchte sich zu beruhigen. Er wusste, dass er zum Stützpunkt zurückgehen sollte, um die anderen und die Kameras zu holen und um Valerian zu benachrichtigen.
Er wusste, das war genau das, was er hätte tun sollen.
Aber das würde er nicht tun.
Jake wusste, dass er nicht zum »Einzelgänger« taugte. Tief in sich drin wusste er, dass er dazu nicht mutig genug war, dass er normalerweise ganz zufrieden damit war, die Dinge vorschriftsmäßig anzugehen. Aber diesmal…
Wenn er Recht hatte, dann wollte er diesen Augenblick für sich allein haben. Und wenn er sich irren sollte, wollte er nicht wie ein Idiot dastehen vor seinem Team und »Mr. V«.
Wenn er richtig lag, dann war später noch genug Zeit, die anderen dazuzuholen. Jetzt allerdings würde Jake Ramsey seine Theorie allein auf die Probe stellen.
Er schaute noch einmal nach dem versteinerten Weichtier und hielt es mit beiden Händen, die immer noch zitterten. Er umfasste das Fossil mit einer Hand, in der anderen hielt er die Taschenlampe, und so stand er auf, stolperte ein wenig und schaltete die Lampe ein. Er glaubte, er würde den Weg auch dann finden, wenn er die Kurven und Windungen der Gänge des Tempels im Dunkeln nehmen müsste, so oft war er diesen einen Weg schon gegangen.
Er beeilte sich, sein Herz raste, er versuchte,
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