Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
ihn sah Zorell aus wie immer: klein, grau, hässlich – ja – aber kein bisschen Furcht einflößend. B e kleidet war er mit einer dunkelblauen Boxershorts, die vielleicht ei n mal Jamie gehört haben mochte.
Jetzt oder nie, dachte sich Nick, stürzte ins Wohnzimmer und riss den Zash von der Couch. Das zierliche Männlein blieb unter ihm liegen, die Augen weit aufgerissen, wobei ihm Nick sämtliche Luft aus den Lungen presste.
Zorells Gesicht verdüsterte sich, als er ihn erkannte. »Du!«, spie er ihm entgegen und versuchte, sich aus Nicks Griff zu winden. Der Wicht war erstaunlich stark für seine Größe und Nick musste sich anstrengen, den Körper auf dem Boden zu halten.
»Jamie!«, rief er, »bring mir was, womit ich diesen Mistkerl fesseln kann.«
Wie erstarrt stand der Junge an der Tür und zwinkerte. Konnte er Zorells wahre Gestalt sehen?
»Jamie!«, brüllte Nick, als er sich nicht bewegte. »Ich brauche ein Seil!«
Jamie zuckte zusammen und setzte sich endlich in Bewegung. Ha s tig sah er sich um und nahm schließlich ein altes Telefon mit Wäh l scheibe an sich. Es besaß ein langes Kabel. Jamie riss es aus dem Gerät und der Wand und brachte es Nick.
Hastig wickelte er damit den Zash ein. Überraschenderweise eilte ihm Jamie erneut zu Hilfe, eine Rolle Klebeband in der Hand, mit der er Zorells Handgelenke sowie seine Füße zusätzlich umwickelte. »Du hast recht«, sagte er schwer atmend, »er ist nur ein schmächtiges Männlein.« Dann stopfte er ihm einen Socken in den Mund, den er am Fuß getragen hatte, und fixierte diesen, indem er das Klebeband um Zorells Kopf wickelte. »Das wollte ich schon ewig tun.«
Je mehr sie Zorell verschnürten, desto älter schien Jamie zu we r den. Es ging eine deutliche Verwandlung mit ihm vor. Aus dem Ju n gen wurde der Mann, den er kannte.
Nick atmete auf. »Wir müssen ihn irgendwo einsperren.«
»In den Keller!«, befahl Jamie, nun kein bisschen verängstigt. »Dort gibt es eine große Kiste.«
Nick schulterte das sich windende Paket und folgte Jamie weitere Stufen hinunter in einen düsteren, fensterlosen Raum. Nur eine alte Glühbirne erhellte den völlig zugestellten Bereich. Alles, was sich im Laufe eines Lebens ansammelte, fand er hier vor: alte Möbel, Ka r tons, Fahrräder, Ski, Kinderspielsachen, Säcke, in denen wahrschei n lich Kleidung verschnürt war … und an einer Wand stand eine große Holztruhe. Jamie war bereits dabei, sie auszuräumen und warf den Inhalt achtlos auf den Boden. Es handelte sich um Zeitschriften, irgendein Magier-Magazin, wie Nick auf die Schnelle erkannte.
Als Jamie ihn herbeiwinkte, warf er den Zash in die Truhe. Hastig schloss Jamie den Deckel und setzte sich drauf. »Dort an dem Fah r rad ist ein altes Schloss.« Er deutete auf ein Kinderrad. »Der Schlü s sel steckt, das können wir hernehmen.«
Nick machte es ab und befestigte es an der Truhe. Nun konnte Zorell sich nicht daraus befreien, falls er es überhaupt schaffte, in der Enge seine Fesseln loszuwerden.
Sie hörten gedämpfte Laute und Schläge gegen das Holz, doch Nick ignorierte das und zog Jamie mit sich.
Über die Schulter blickte der Kleine auf die wackelnde Kiste. »Er wird mich umbringen, falls er es schafft, aus seinem Gefängnis au s zubrechen.«
»Keine Angst, ohne dich ist er ein Nichts. Außerdem werde ich j e den Tag nach dem Bastard sehen.« Nick würde ihn fortan nie wieder aus den Augen lassen.
Nachdem die Kellertür im Schloss eingerastet war, fiel ihm Jamie um den Hals und küsste ihn stürmisch.
Diesmal ließ Nick es zu und erwiderte die Zärtlichkeiten nur zu gern.
Als er die Augen aufschlug und sich zurück im Krankenzimmer befand, lag er halb auf seinem Liebsten, und ihre Lippen waren auch im wahren Leben miteinander verbunden.
Rasch setzte sich Nick auf, immerhin hatten sie Zuschauer, wä h rend Jamie ihn anlächelte. »Danke, mein Retter.«
Magnus und Ash starrten sie entgeistert an.
»Es ist alles okay«, erklärte Nicolas grinsend. »Ihr könnt Jamie losmachen. Zorell ist ausgeschaltet. Wir sind vor ihm sicher.«
Natürlich musste er erst die ganze Geschichte erzählen, aber dann löste Magnus die magischen Fesseln ohne zu zögern.
»Onkel Magnus!« Jamie umarmte ihn lächelnd und erntete ku m pelhafte Klopfer auf den Rücken. Anschließend wandte er sich an Ash. »Du hast bestimmt ’ne Menge Ärger bekommen.«
»Ja, vor allem von mir«, knurrte Nick, doch er meinte es nicht mehr böse. Die Freude, dass er seinen
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