Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
aussah, würde sie hierbleiben.
Jenna hörte Ash einen Fluch ausstoßen, als sich die Portale schlo s sen und sie der Dämonin das Baby zurückgab.
***
Jenna schritt vor der eingefallenen Mühle auf und ab, wobei sie dem Drang widerstand, an den Nägeln zu kauen. Ihre Finger starrten vor Dreck, genau wie ihre weiße Hose und die Sneaker.
Sie kletterte das steile Ufer hinunter zu Amalena, um sich in dem Rinnsal die Hände zu waschen.
»Werden die drei es schaffen?«, fragte sie möglichst beiläufig, doch ihre Stimme zitterte.
»Ich habe keine Lust mehr, euer Orakel zu spielen«, erwiderte die Najade schnippisch und drehte ihr den Rücken zu.
Als Dante plötzlich ihren Namen brüllte und sie fühlte, wie aufg e wühlt er war, wusste sie, dass etwas passiert sein musste. So schnell sie konnte, kletterte sie die Böschung nach oben und sah Kyrian vor dem Gebäude liegen. Pyra kniete neben ihm und begutachtete seinen Rücken und die Schwingen; der Vampir war nicht unter ihnen.
»Pyra hat sie eben hertransloziert«, erklärte ihr Dante, als sie sich neben Kyrian kniete. Seine Hose hatte offensichtlich Feuer gefangen, denn sie sah verkohlt aus und wies an einigen Stellen Löcher auf. Als Jenna die Schwingen inspizierte, erschrak sie über die Blasen.
»Brandbomben«, sagte Pyra atemlos. »Kyrian hat mir das Leben gerettet.«
»Kyr!« Sanft strich sie ihm über den Kopf. Da er auf dem Bauch lag, sah Jenna lediglich, wie eins seiner Lider flatterte.
Lill trat zu ihnen. »Wo ist Rakesh?«
Pyra stand auf und zog sie auf die Seite. »Er ist tot.«
»Er ist ein Vampir, die sind schon tot!«, schrie die Dämonin und versuchte, an ihm vorbeizugelangen, um in den Tunnel zurückz u kehren, doch Pyra hielt sie fest. »Du wirst da drin ersticken!« Ta t sächlich kräuselte sich eine feine Rauchfahne aus dem Eingang.
Jenna verfolgte ihren Disput nicht weiter, sondern machte sich d a ran, die Brandwunden zu heilen, indem sie ihre Hände auflegte und sich den Genesungsprozess vorstellte. Kyrian würde einige Narben zurückbehalten, aber auf ein paar mehr kam es bei ihm auch nicht mehr an. Hauptsache, er überlebte.
Bitte, du musst es schaffen , wünschte sie sich.
Auch wenn er nicht bei ihr bleiben wollte – was sie ihm besonders jetzt nicht verübeln konnte, da sie die Tochter seines Peinigers war –, wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass er lebte.
Bitte, Kyr, atme durch!
Auch seine Lungen hatten Schaden genommen, und Jenna heilte sie.
Ob sie sich von Anfang an zu Kyrian hingezogen gefühlt hatte, weil sie auch einen Dunkelelfanteil besaß? Gleich und gleich gesellte sich eben gern.
Doch war die Reise zu den Wurzeln ihrer Vergangenheit all das wert gewesen? Was hatte sie ihr gebracht außer Leid? Sie war eine Waise, genau wie Kyrian. Ihr ganzes Leben war eine Lüge gewesen. Die Menschen, denen sie vertraut hatte, hatten sie angelogen.
So viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf, vor allem, wie sie sich in Zukunft ihrem »Dad« gegenüber verhalten sollte. Ja, er hatte sie nur belogen, um sie zu schützen, dennoch fühlte sie sich verraten.
Hätte sie so ein magisches Artefakt, wie Noir es besessen hatte, um die Zeit zurückzudrehen – würde sie in ihr langweiliges Leben z u rückkehren? Doch dann wäre auch Lothaire noch am Leben, M y ra würde ihr Kind verlieren und die Gefangenen weiterhin den graus a men Experimenten ausgesetzt sein.
Nein, auch wenn sie sich schrecklich fühlte, war es gut, dass er tot und alles so gekommen war. Jetzt würde sich vieles ändern und vie l leicht besser werden. Für sie alle. Die Anschläge, die Lothaire befo h len hatte, hatten zu vielen Menschen das Leben gekostet.
»Jenna«, flüsterte Kyrian plötzlich und hustete. Er stützte sich auf die Unterarme, wobei er lächelnd den Kopf drehte. »Ich hab g e dacht, dich nie wieder zu sehen.«
»Wenn Pyra dich da nicht herausgeholt hätte, dann …« Sie wollte es nicht zu Ende sprechen. Sie fühlte sich erschöpft und hätte am liebsten geweint, aber das verbot sie sich. Keine weiteren Gefühl s ausbrüche, solange sie noch mit so vielen anderen Emotionen b e schäftigt war. Außerdem wollte sie endlich nach Hause, in eine Welt, in die sie eigentlich gar nicht gehörte, doch es war die, die sie kannte und liebte.
Zärtlich strich sie durch sein versengtes Haar und verlor sich in dem Blau seiner Augen, die in dem rußgeschwärzten Gesicht beso n ders intensiv leuchteten.
Kyrian setzte sich auf und nahm ihre
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