Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
als sie sich in die Pfütze hockte, den feuchten Bademantel eng um sich geschlu n gen. Die eingerissene Haut an ihren Füßen regenerierte sich sofort.
»Sind alle da?«, fragte Jenna, als niemand mehr aus der Luke kam.
Die Dämonin mit dem Baby stand daneben und blickte in das Loch. »Ich glaube schon. Ich war die letzte.« Der Kleine nuckelte an einer Brust, die aus dem Bademantel schaute. Aus seinem Mundwi n kel liefen Milch und Blut. Beim näherem Hinsehen erkannte Jenna, dass der Junge seine Beißerchen in die Brustwarze getrieben hatte, doch die Dämonin schien das nicht zu stören.
»Wie lange wart ihr eingesperrt?«, wollte Jenna wissen.
Lill zuckte mit den Schultern. »Monate … Jahre … Da unten ve r gisst man die Zeit. Sie kommt einem wie die Ewigkeit vor.«
Die anderen Frauen hatten sich mit ihren Kindern um das verfa l lene Gebäude verteilt, einige redeten miteinander, ein paar der Kle i nen weinten, andere starrten ins Leere.
Sie mussten endlich von hier weg.
*
»Rakesh?«, brüllte Kyrian, während er einem weiteren Soldaten, der in das Loch sprang, den Kopf abschlug. Der Vampir befand sich weiterhin irgendwo da oben. Anscheinend lebte er noch, denn Kyr i an hörte, wie gekämpft wurde. Ihm könnte es ja egal sein, was mit dem Blutsauger passierte, aber jeder Mann mehr wäre ihnen hier u n ten eine große Hilfe.
Im Tunnel zogen Kyrian und Pyra abwechselnd die Toten zur Se i te, damit sie Platz hatten, denn langsam stapelten sich die Leichen. Wie die Lemminge stürzten die Wachmänner in ihr Verderben, um ihren König zu rächen.
»Ich komme runter!«, rief Rakesh plötzlich und stand eine Sekunde später bereits vor ihnen, ein Schwert in der Hand, das er wohl einem Soldaten abgenommen hatte. Sein nackter Oberkörper und die Hose waren über und über mit Blut bespritzt und er leckte sich über die Lippen. »Wird mir doch zu ungemütlich da oben.«
Nun kämpften sie zu zweit gegen den nie versiegenden Strom an. Der dritte zog zwischenzeitlich die Leichen immer tiefer in den Tu n nel, da es bald kein Vorbeikommen mehr geben würde.
»Wie viele sind noch da oben?« Kyrian glaubte, das Gemetzel wü r de nie enden. Er wollte endlich zu Jenna und seiner Schwester, musste wissen, ob sie in Sicherheit waren.
»Vielleicht dreißig«, sagte Rakesh.
»Sind auch von dir Männer darunter, Pyra?« Kyrian hatte gehört, der wilde Dunkelelf würde ein eigenes Regiment führen.
»Zwei habe ich bis jetzt entdeckt. Diese Auslese kommt mir gerade recht«, rief er, während er unermüdlich Pfeile durch die Öffnung nach oben schoss.
»Was sucht ein männlicher Vampir eigentlich in Lothaires Bru t werkstatt?«, fragte Kyrian Rakesh, wobei sie ununterbrochen weitere Elfen abmetzelten. »Wieso hat man dich mit einer Dämonin ve r eint?« Soweit Kyrian das mitbekommen hatte, wollte Lothaire stärk e re Dunkelelfen durch Kreuzung mit anderen Rassen hervorbringen.
»Was weiß ich, was in euren Köpfen vorgeht?«, knurrte Rakesh. »Ich war wohl ein Experiment. Oder er wollte unser Baby später mit einem Elfen kreuzen. Keine Ahnung.«
Rakesh konnte gut mit dem Schwert umgehen. Kein Wunder, dass Lothaire sich für den Vampirkrieger entschieden hatte. Nur steckte er so voller Wut, dass er oft leichtsinnige Aktionen durchführte. G e rade stand er so dicht am Eingang, dass … »Zur Seite!«
Zu spät. Ein herabspringender Soldat hatte ihm das Schwert di a gonal in den Hals getrieben.
Rakesh ging zu Boden und bewegte sich nicht mehr, während K y rian dem Wachmann den Garaus machte.
»Ist der Blutsauger tot?«, fragte er Pyra, der den Vampir rasch auf die Seite zog.
»Schwer zu sagen, die wandelnden Toten haben ja keinen Puls und müssen auch nicht atmen.« Pyra riss das Schwert aus Rakeshs Hals und stellte sich Kyrian gegenüber, als plötzlich von oben jemand herunterrief: »Pyra, steckst du da unten?«
»Vater!« Erschrocken starrte der wilde Krieger nach oben.
»Ergebt euch, oder wir räuchern euch aus!«
»Niemals!«, brüllte er und sagte zu Kyrian: »Vater würde mich o p fern, da bin ich mir sicher.«
Als plötzlich ein brennender Glutball an der Öffnung erschien, krabbelten Pyra und Kyrian über die Leichen tiefer in den Gang, doch sie stolperten über die Gliedmaßen und landeten übereinander auf dem Vampir. Kyrian schaffte es gerade noch, seine Schwingen hervorbrechen zu lassen, um sie schützend über ihnen auszubreiten, bevor die Brandbombe in den Tunnel fiel.
Eine Flammenwand fegte
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