Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
noch von seinem Beutezug mitg e bracht hatte, stellte jedoch zuerst den Schirm auf. Auch wenn die Wolken nur wenig Sonne hindurchließen, war die Strahlung am Äquator nicht zu verachten. Sie positionierte den Schirm so, dass Kyrian keinen Schatten abbekam, sondern nur das Stück der Decke, das für sie reserviert war. Dann nahm sie einen großen Schluck aus der Wasserflasche und durchsuchte die Sachen. Neben Obst fand sie ein Handtuch und eine Rolle Toilettenpapier. Beinahe hätte sie lo s geprustet. Kyrian war durchaus praktisch veranlagt.
Da sie im Moment nichts für ihn tun konnte, ging sie ins Wasser. Badewannenwarm umspülte das salzige Nass ihre Oberschenkel. Sie legte sich hinein, nicht ohne zuvor den sandigen Boden zu inspizi e ren, den sie durch das kristallklare Wasser hervorragend sah. Keine Korallen, keine Seeigel oder sonst etwas Lebendiges.
Eine Weile ließ sie sich treiben und genoss das Gefühl der Schw e relosigkeit. Dabei schossen ihr lächerliche Gedanken durch den Kopf. Sie stellte sich vor, hier mit Kyrian die Flitterwochen zu ve r bringen. In ihrem Magen kribbelte es. Wie schön und einfach könnte alles sein, wenn Kyr und sie herkömmliche Menschen wären. Sie eine gewöhnliche Ärztin und er … Ja, was würde er sein? In seiner Mo n tur sah er aus wie ein Polizist einer Spezialeinheit. Oder besser: Er wäre ihr Bodyguard, mit dem sie ein heimliches Verhältnis hatte. Das wäre aufregend.
Kyrian hatte recht mit seinen Worten. Im Moment wünschte sie sich tatsächlich, normal zu sein und dass es keine anderen Welten neben der der Menschen geben würde. Aber dann hätte sie diesen düsteren und verdammt interessanten Mann niemals kennengelernt.
Sie setzte sich auf und blickte zum Strand, wo er auf der Decke lag. Jetzt sah er kein bisschen Furcht einflößend aus. Wenn er nicht i m mer nur Schwarz tragen und ein wenig freundlicher schauen würde, hätte er nichts Dunkles an sich. Er stellte sich schlechter dar, als er war.
Plötzlich bemerkte sie eine Bewegung zu ihrer Rechten. Zwei M i ni-Flossen ragten aus dem Wasser und kamen in ihre Richtung.
Baby-Haie!
»Von wegen, keine gefährlichen Tiere«, murmelte sie und war so schnell aus dem Meer, als hätte sie sich transloziert. Sie wusste zwar, dass die kleinen Haie nicht angreifen würden und wohl mehr Angst vor ihr hatten als sie vor ihnen, aber darauf wollte sie es nicht a n kommen lassen. Daher rubbelte sie sich mit dem Handtuch tr o cken und legte sich neben Kyrian auf die Decke. Sie umfasste sein Han d gelenk, um den Puls zu fühlen. Er schlug beruhigend normal.
Normal … Jenna schloss die Augen. Erst jetzt bemerkte sie, wie müde sie war. Eine Heilung war jedes Mal anstrengend, doch die Sonne tat auch ihr gut. Wie war das bei den Elfen? Sonnenlicht konnte ihre Kräfte auch auffüllen, oder?
So viele Fragen stürmten auf sie ein. Ihr Vater konnte sich auf ein Riesendonnerwetter gefasst machen. Sie würde nicht länger hinne h men, dass er sie belog. Egal, was er ihr verheimlichte – sie war alt genug, um es zu erfahren und gewiss auch verkraften zu können.
Ihre Gedanken kreisten um ihre Fantasie. Traumurlaub mit ihrem Bodyguard. Ob sie jemals heiraten würde? Ben hätte sie geheiratet. Ein wenig tat er ihr leid. Ob er sie wirklich geliebt hatte? Oder hatte er sie damals vor zwei Jahren nur zum Essen ausgeführt, weil ihr Vater es gewollt hatte? Er hatte in Ben schon den zukünftigen Schwiegersohn gesehen, als dieser in der Klinik angefangen hatte.
Heirateten Gargoyles? Noir und Vince waren nicht verheiratet, denn für sie zählte das emotionale Bündnis mit dem Lebenspartner mehr als gedruckte Worte. Die beiden wussten, dass sie sich liebten und sich nie mehr trennen wollten – gesellschaftliche Konventionen spielten keine Rolle.
Plötzlich rollte sich Kyrian zur Seite und legte die Hand auf ihren Bauch.
»Kyr?«, wisperte sie.
»Weißt du eigentlich, dass ich nach dem Schlafen keine Kop f schmerzen mehr habe, seit du in meiner Nähe bist?«
Ihr Herz klopfte schneller. »Du hast gemeint, das Wasser der N a jaden wäre dafür verantwortlich.«
Seine Hand wanderte höher und legte sich auf ihre Brust. Sie e r schauderte. Seine große, warme Hand fühlte sich gut an. Besitze r greifend hielt er sie fest, wobei seine Lippen ihren Oberarm berüh r ten, während er sprach.
»Ich glaube, es liegt an dir. Lichtelfen absorbieren positive Ene r gien aus ihrer Umgebung, vor allem aus der Natur. Diese können sie auch
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