Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
und schnürte sorgsam die Bänder auf. Dann hob ich den Deckel der Schachtel und zog das Seidenpapier zur Seite, um die schönsten Puppenkleider vorzufinden, die ich je gesehen hatte, Kleider für Angel. Er hatte ihr ein Hochzeitskleid gekauft, mit einem Schleier, dessen durchsichtiges Gewebe von einer winzigen Kappe mit Glitzersteinen herabhing. Das lange Kleid war aus weißer Spitze und mit Unmengen von funkelnden Glasperlen bestickt, und die weißen Schuhe waren aus Spitze und weißem Satin gefertigt, und sogar Seidenstrümpfe, die man an einem winzigen Strumpfgürtel festmachte, gehörten dazu.
    »O Luke, das ist ja wunderschön. Ich kann es kaum erwarten, sie anzuziehen«, rief ich aus.
    »Du hast keine ordentliche Hochzeit in einem ordentlichen Brautkleid gehabt, und ich dachte, wenigstens Angel sollte ein Brautkleid bekommen«, sagte er.
    »Wie lieb von dir, Luke.« Ich zog Angel ihre schönen neuen Sachen an, und dabei fiel mein Blick auf das Medaillon, das an ihrer Halskette hing und auf dem »In Liebe, Tony« stand.
    Dieses scheußliche Ding konnte ich nicht länger an Angels Hals hängen lassen. Ich riß ihr die Kette ab und warf sie mit viel Schwung aus dem Fenster. Dann kamen wir mit Angel heraus, um sie Ma und Pa zu zeigen.
    Später, als Ma und ich das Geschirr spülten, beugte sie sich zu mir herüber und flüsterte.
    »Ich hätte nie gedacht, daß mein Luke so werden könnte, Angel. Ich hatte immer Angst, er könnte genauso werden wie seine Brüder, denn er schaut ganz gern tief ins Glas, aber du hältst ihn davon ab, zu weit zu gehen. Wenn er dir weh tut, dann nur, weil er selbst schrecklich leidet. Solange er dich hat, wird er sich niemals in echte Schwierigkeiten bringen. Ich glaube, er hatte seinen Glückstag, als er dich gefunden hat.«
    »Danke, Ma«, sagte ich, und mir traten Tränen in die Augen.
    Sie lächelte und umarmte mich, zum ersten Mal wirklich.
    Wenn wir auch sehr arm waren und in einer Hütte lebten, die so groß wie eines der Badezimmer auf Farthy war, war ich doch glücklich.
    Der nächste Monat war hart für uns. Es schneite fast täglich, und es war bitterkalt. Der Ofen strömte mindestens soviel Rauch wie Wärme aus, aber wir mußten ständig nachlegen und konnten das Feuer nie herunterbrennen lassen. Allabendlich entschuldigte sich Luke bei mir für das Wetter und verbrachte Stunden damit, mir die Zehen und die Finger warmzureiben, aber irgendwie schafften wir es, bis Anfang Februar das Tauwetter einsetzte. Ein wolkenloser Tag folgte auf den anderen, und die Sonne strahlte herunter und schmolz das Eis auf den Ästen. Nachts funkelten Schnee und Eis wie Diamanten und verwandelten den Wald um uns her in ein von Juwelen bedecktes Wunderland.
    Wenn ich es mir richtig ausrechnete, war meine Schwangerschaft so weit fortgeschritten, daß ich das Kind in wenigen Wochen gebären würde. Ma war so gut wie eine gelernte Hebamme, da sie bei vielen Geburten mitgeholfen und sechs eigene Kinder zur Welt gebracht hatte. Luke wollte mich in die Stadt bringen, damit ich dort zum Arzt ging, aber ich fühlte mich bei Ma sicher und sah nicht ein, warum Luke fast zwei Monatsgehälter für einen Arzt ausgeben sollte, der auch nichts anderes tun konnte als Ma.
    Das Baby war rege, und ich war kurzatmig. Mein Kreuz tat weh. Ich wollte meinen Anteil an der Hausarbeit erledigen, aber Ma bestand darauf, daß ich mich häufiger ausruhte. Sie spornte mich allerdings an, soviel wie möglich zu laufen.
    Als das Wetter sich besserte und der Winter den Wald nicht mehr gar so fest im Griff hatte, nahmen Luke und ich unsere abendlichen Spaziergänge zu dem Bergkamm wieder auf. Von unserem Aussichtspunkt aus war der weite winterliche Nachthimmel überwältigend.
    An diesem Abend Anfang März war ich ganz dick angezogen. Es war zwar nicht mehr so kalt wie bisher, doch Luke bestand darauf, daß ich die Pullover und den Mantel trug und dazu die Socken, die Ma mir gestrickt hatte. Als wir auf dem Bergkamm standen, zog ich meine Wollhandschuhe aus, um seine Hand halten und seine warmen Finger spüren zu können.
    Wir standen einen Moment lang stumm da und waren beide ganz benommen von den Tausenden und Abertausenden von Sternen, die sich über den tiefschwarzen Nachthimmel zogen.
    Unter uns lagen die Häuser im Tal, und ihre erleuchteten Fenster sahen auch wie Sterne aus.
    »Eines Tages«, sagte Luke, »wird eins dieser Häuser dort unten im Tal unseres sein. Das schwöre ich dir, Angel.«
    »Ich weiß, daß es so

Weitere Kostenlose Bücher