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Dunkle Verlockung (German Edition)

Dunkle Verlockung (German Edition)

Titel: Dunkle Verlockung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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dem, was er Raphael gegenüber erwähnt hatte, war sie kein Feind, den er mit roher Gewalt besiegen konnte. Der Feldzug, mit dem er Jessamy gewinnen konnte, musste eine subtile Angelegenheit sein.
    Als er vor der Schule landete, sah er an der verschlossenen Tür, dass der Unterricht wohl schon vorüber war. Gerade wollte er sich auf den Flug zur Bibliothek machen, als ein winziges, weibliches Geschöpf mit sonnenhellem Haar in einem schiefen Sturzflug vom Himmel fiel. Er fing sie auf, damit sie nicht auf den Boden prallte, fasste sie mit beiden Händen an der Taille und hielt sie stirnrunzelnd ein Stück von sich weg. »Mit deiner Flugtechnik stimmt etwas nicht.«
    Große braune Augen mit Wimpern in der gleichen hellen Farbe wie ihre Locken starrten ihn an. »Du bist groß, Jessamys Engel.«
    Jessamys Engel.
    Er befand, dass er mit der Invasion winziger Geschöpfe – denn inzwischen waren noch zwei weitere Engelskinder mehr schlecht als recht neben ihm gelandet – fertig werden würde, und setzte das Mädchen neben ihren Freunden ab. »Warum seid ihr hier? Die Schule ist geschlossen.«
    Einer der Jungen antwortete: »Wir dürfen im Park spielen.« Mit einem Vertrauen, bei dem Galen ganz warm und eng in der Kehle wurde, schob der Junge die Hand in seine. Kinder waren eine unbekannte Spezies für ihn. Er hatte sein Leben unter Kriegern verbracht, auch als er selbst noch ein kleines Kind gewesen war.
    »Spielst du mit uns?«, fragte das Mädchen und legte, um ihm in die Augen sehen zu können, den Kopf zurück … so weit, dass das Gewicht ihrer Flügel sie hintenüberpurzeln ließ.
    Mit einer Hand stellte er sie wieder auf die Füße. »Nein, aber ich denke, ihr könnt alle ein wenig Flugunterricht gebrauchen.«
    Und so verbrachte er Zeit, die er nicht hatte, damit, drei aufgeregte Kinder zu drillen, die ihn Jessamys Engel nannten und seine Hand hielten, wenn sie gerade nicht mit Fliegen an der Reihe waren. »Ich werde die Zufluchtsstätte verlassen«, sagte er ihnen im Anschluss, denn ohne Vorwarnung zu verschwinden, würde bedeuten, ihr Vertrauen zu missbrauchen. »Und ich werde Jessamy mitnehmen.«
    Traurigkeit trübte den Glanz ihrer strahlenden Augen. Die Unterlippe des kleinen Mädchens zitterte. »Wirst du sie zurückbringen?«
    Er hatte sich vor ihnen niedergekauert und nickte nun ernsthaft, denn er wusste, was er ihnen zumutete. »Ja. Aber jetzt ist für Jessamy die Zeit zum Fliegen gekommen.«
    Nachdem die Kinder eingewilligt hatten, ihm Jessamy für eine Weile »auszuborgen«, ging er in die Bibliothek. Er spürte, wie das Schweigen des Lesesaals ihn einhüllen wollte. Es riss und zerrte an ihm. Hier fühlte er sich ebenso fehl am Platze, wie er es in Jessamys Bett wäre – er, der große Grobian … aber das spielte kaum eine Rolle. Denn nun sah sie von dem Buch auf, an dem sie gerade schrieb und dessen Seiten sie in anmutigen Schwüngen mit Tinte füllte. Sie lächelte. »Da bist du ja, du hinterhältiger Mann.«
    Er vergrub die Hand in ihrem Haar und küsste sie fordernd, wild verschmolzen ihre Münder miteinander. »Ich muss dich etwas fragen«, sagte er und kostete abermals von ihren Lippen, als sie mit den Fingern über die empfindliche Innenfläche seiner Flügel fuhr.
    »Hmm?«
    Er erzählte ihr von der bevorstehenden Reise und sah, wie der Ausdruck in ihren vor Leidenschaft verschleierten Augen von schwindelerregender Freude zu Ungläubigkeit wechselte, und schließlich zu Verzweiflung.

10
    »Es ist unmöglich«, flüsterte sie endlich. »Die Entfernung … selbst du kannst mich nicht so weit tragen.«
    »Ich kann dich an jeden Ort deiner Wünsche tragen.« Deshalb war er so stark und so groß – er war für sie geboren. »Aber wenn es nötig sein sollte, lässt Raphael bitten, dass du auch ihm gestattest, dich zu fliegen.« Galen vertraute dem Erzengel – niemals würde er Jessamys Leben in die Hände eines Mannes legen, von dem er nicht glaubte, dass er es bis auf den Tod verteidigen würde.
    Jessamys Kehlkopf bewegte sich, als sie schluckte, ihre Finger ruhten reglos auf seinem Flügel. »Niemand will dort draußen in der Welt einen missgebildeten Engel sehen.« Die Aussage war düster, das tiefe Braun ihrer Augen stumpf. »Vor den Sterblichen dürfen wir nicht als schwach erscheinen.«
    Er fand es furchtbar, dass sie so von sich sprach, aber er hatte ihren Einwand vorhergesehen und mit Raphael über die Details in dessen Territorium gesprochen. »Es gibt eine Ansiedlung von Sterblichen in

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