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Dunkle Verlockung (German Edition)

Dunkle Verlockung (German Edition)

Titel: Dunkle Verlockung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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kann dir jetzt nichts mehr tun«, flüsterte er in ihr Ohr, und allmählich legten sich ihre Schluchzer.
    Nach einem letzten stockenden Atemzug richtete sie sich wieder auf und baute ihre Würde wieder wie einen Schild um sich herum auf. »Vielen Dank.« Als sie den Blick senkte und ihre Knie sah, die um seine Schenkel herum geöffnet waren, errötete sie.
    Er trat einen Schritt zurück, damit sie die Beine schließen und ihren Rock zurechtziehen konnte. Barbar oder nicht, er wusste, dass Jessamy ihren Stolz brauchte wie ein Krieger seine Waffe. »Wer war das?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, bis keine Spuren mehr von dem gerade vorübergezogenen Sturm der Gefühle zu sehen waren. »Er ist ins Haus gekommen, als ich in der Küche war – ich dachte, es wäre einer meiner Schüler. Sie wissen, dass sie anklopfen sollen, aber die ganz Kleinen vergessen es manchmal.«
    »Hat er irgendetwas gesagt?«
    »Dass ich zu viel wüsste«, sagte Jessamy, die sich zwang, sich an den Albtraum zu erinnern. »Das Risiko sei zu groß.« Bevor sie die Bedeutung seiner Worte hatte erfassen können, war der Vampir schon über sie hergefallen. Von ihrem Instinkt getrieben, hatte sie ihm mit dem kleinen Küchenmesser, das sie in der Hand gehabt hatte, einen Schnitt versetzen können, doch dann hatte er die Tür aufgerissen und Jessamy gewaltsam in Richtung der Kante geschleudert. Vom Aufprall war sie so benebelt gewesen, dass er es beinahe geschafft hätte, sie auf die erbarmungslosen Felsen hinunterzustoßen.
    Jessamy war über zweitausend Jahre alt, und wenn sie auch nicht die Stärkste ihrer Art war, so war sie doch alles andere als schwach. Der Sturz hätte sie nicht umgebracht, aber er hätte sie in so viele Stücke zerschellen lassen, dass es Jahre, vielleicht sogar ein Jahrzehnt gedauert hätte, bis sie vollends wiederhergestellt gewesen wäre. In der Zwischenzeit hätte sie wie tot dagelegen – stumm und reglos. Und jemand, der seine Pläne geheim halten wollte, hätte ausreichend Zeit gehabt, diese in die Tat umzusetzen. »Du hast mich vor furchtbaren Schmerzen bewahrt.«
    Während sie sprach, rechnete sie damit, dass Galen ihr Vorhaltungen machen würde, weil sie trotz ihrer Flugunfähigkeit ein Haus auf einer Felsklippe bewohnte. Wie sollte sie ihm erklären, dass sie dieselbe herzzerreißende Sehnsucht nach dem Himmel verspürte wie ihre Brüder und Schwestern? Dass sie das gleiche Bedürfnis hatte, sich in die Lüfte zu schwingen? In ihrem Haus war sie den Wolken so nah, wie sie ihnen nur kommen konnte. Doch von diesem Krieger, der sie mit so erschreckend zarten Händen gestreichelt hatte und dessen Stimme an ihrem Ohr so leise und tief geklungen hatte, bekam sie keine Schuldzuweisung zu hören. Stattdessen richtete er seine Aufmerksamkeit stirnrunzelnd auf ihren Angreifer. Als er vom Tisch zurücktrat, musste sie sich auf die Lippe beißen, sonst hätte sie ihn angefleht, bei ihr zu bleiben.
    Es erschütterte sie, wie heftig dieser Drang war. Schon bevor sie die Hundertjahresgrenze erreicht hatte, mit der bei Engeln das Erwachsenenalter begann, war sie jahrzehntelang auf sich allein gestellt gewesen. Es war höchst ungewöhnlich für einen Engel, als Heranwachsender auf eigenen Beinen stehen zu wollen, aber die allgegenwärtigen Schuldgefühle ihrer Mutter hatten Jessamy wie ein Leichentuch zu ersticken gedroht. Keir hatte an ihrer Stelle mit Caliane gesprochen, in deren Abschnitt der Zufluchtsstätte sie zur Welt gekommen war. Er hatte den Erzengel davon überzeugt, dass Jessamy erwachsen genug war, um sich selbst überlassen zu werden.
    Mit den Jahren hatte sie sich mit dem Alleinsein angefreundet, es gehörte ebenso zu ihr wie ihr verdrehter Flügel und die braunen Augen. Aber heute wünschte sie sich nichts sehnlicher, als im Arm gehalten und von diesem großen Fremden beschützt zu werden, der im Augenblick mit grimmiger Effizienz die Taschen ihres Angreifers durchforstete. Sie hätte von ihrem Tisch herunterspringen sollen, wo er sie mit dem Befehl »Bleib hier« abgesetzt hatte, als wäre sie ein Haustier oder ein Sack Kartoffeln. Aber wenn sie ehrlich war, wusste sie wirklich nicht recht, ob ihre Beine sie tragen würden.
    »Was hast du gefunden?«, fragte sie, als er etwas aus der Tasche des Vampirs zog.
    Er erhob sich, kam zu ihr herüber und reichte ihr ein Stück Papier. Als sie es auseinanderfaltete, begann ihr Herz zu flattern. »Ein Ort und eine Zeit. Mein

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