Dunkle Visionen
denn?“
„Der Arbeitstitel lautet
Die Farbe des Todes
. Ich weiß nicht, ob es letztlich dabei bleibt. Es geht um einen Messerstecher.“
„Um einen … Messerstecher.“
Er errötete erneut. „Es ist nicht wie Rogers Bücher. Mein Buch ist … schmutziger, realitätsnäher. He, meine Schwester ist Pathologin, und jetzt gibt es auch noch einen FBI-Agenten in der Familie …“
„Ja, es gibt einen FBI-Agenten in der Familie“, murmelte Madison.
Er lächelte. „Hast du Lust, es zu lesen und mir dann zu sagen, was du davon hältst? Ich habe eine Kopie im Auto.“
„Ja, klar. Bestimmt bin ich begeistert. Aber du hast gesagt, du hättest es bereits verkauft.“
„Deine Meinung interessiert mich trotzdem.“
„Sicher.“
Er grinste und ging zu seinem Auto. Einen Moment später kam er mit dem Manuskript zurück und drückte es ihr in die Hand. „Natürlich weiß ich, dass du so etwas normalerweise nicht liest – ich bin nicht so ein schlechter Bruder, dass ich nicht wüsste, dass dir die Hälfte der Zeit genug schlimme Dinge durch den Kopf gehen. Aber mir liegt sehr viel an deiner Meinung. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mir immer gewünscht habe zu schreiben, doch gerade als Dads Sohn fand ich es äußerst schwierig, einen Roman herauszubringen. Ich wollte nicht seinen Einfluss bei den Verlagen benutzen, verstehst du?“
Sie nickte. „Ich verstehe.“
Trent packte sie an den Unterarmen, zog sie an sich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Also nochmal, ich freue mich wirklich für dich, aber eine Überraschung war es nicht. Ich meine, ihr schlaft doch schon miteinander, seit er wieder in der Stadt ist, oder? Gott, bin ich ungehobelt. Entschuldige. Ich bin im Moment wirklich nicht ganz zurechnungsfähig. Nun, wir feiern ja bald. Ich muss jetzt los. Ich liebe dich. Und vielen, vielen Dank!“
Er drehte sich um und stürmte zu seinem Auto zurück. Madison eilte ihm nach. „He! Pass auf, dass du keinen Unfall baust!“
Er schüttelte den Kopf. „Ich krieg mich schon wieder ein. Es ist einfach nur so, dass ich im Augenblick auf Wolke Nummer neun schwebe.“ Er winkte ihr zum Abschied zu. „Ehrlich, ich kann es kaum erwarten, Dad die Neuigkeit zu überbringen.“
„Er ist vorhin nach Key West zurückgefahren.“
„Ich weiß. Aber ich hole ihn ein – spätestens im Rusty Rumhouse in Key Largo, dort macht er immer Station.“
„Fahr vorsichtig!“
„Mach ich.“
Er warf ihr einen Handkuss zu. Während Madison ins Haus zurückging, las sie die ersten Zeilen des Manuskripts.
Der riesige Greifarm des Baggers holte Dreck, Müll und etwas, das sich leuchtend rosa von dem schwarzen Erdreich abhob, aus dem Loch
.
Kranführer John Laramore saß wie zur Salzsäule erstarrt da und starrte mit offenem Mund auf den rosafarbenen Gegenstand. Einen Moment später sprang er aus dem Führerhaus und ging darauf zu
.
Fleisch. Menschliches Fleisch
.
Eine Frau. Jetzt lag ihr nackter Körper auf dem Müllhaufen, ihr Mörder hatte sie achtlos weggeworfen wie einen Essensrest. Ihre weit aufgerissenen blauen Augen starrten in den Himmel. Ihr Mund stand ebenfalls offen, verzerrt zu einem stummen Schrei …
„Ach du meine Güte“, stöhnte Madison laut auf, während sie ins Haus ging. Auch wenn sie alles andere als scharf darauf war, ihr würde nichts anderes übrig bleiben, als das Manuskript zu lesen. Es bedeutete Trent so viel.
Warum um alles in der Welt hatte er sich, wenn er nicht mit den Büchern seines Vaters konkurrieren wollte, nicht für Kinderbücher entschieden?
„Madison!“ rief Peggy gut gelaunt.
Madison legte das Manuskript in der Küche auf den Tresen und schaute von Peggys Gesicht auf ihre Hand, die den Telefonhörer hielt.
„Ich wette, es ist wieder die Familie. Oder Kyle.“
„Ersteres, Liebes. Es ist Ihre Schwester, Kaila.“
„Danke“, sagte Madison und nahm Peggy den Hörer aus der Hand. „Hallo, Kaila.“
„He, das ist ja vielleicht ein Ding! Du brennst einfach durch und heiratest heimlich unseren großen Bruder.“
„Er ist nicht unser Bruder, Kaila.“
Kaila kicherte. „Natürlich nicht, Dummchen. Es ist aber trotzdem völlig irre, oder etwa nicht?“
„Ja, stimmt.“
„Ich wollte dir nur sagen, dass ich ganz aus dem Häuschen bin. Meiner Meinung nach seid ihr ein echtes Traumpaar.“
„Danke“, sagte Madison. Das Telefon piepste zweimal – auf der anderen Leitung war noch ein Anruf.
„Kaila, wart’ eine Sekunde. Leg nicht auf. Wir
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