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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Unserer-Jane.«
    Ich hätte ihm widersprechen können. Puppen konnte man weglegen und vergessen. Aber niemand konnte Unsere-Jane vergessen, und Unsere-Jane setzte alles daran, daß man sie nicht vergaß.
    Keith und Unsere-Jane bildeten ein inniges Paar, so als verbände auch sie eine besondere Seelenverwandtschaft. Stark und robust lief Keith neben Tom her und blickte voll bewundernder Liebe auf seine kleine Schwester. Ebenso eilte er immer nach Hause, um sie zu begrüßen, und sie lächelte dankbar unter Tränen, wenn er alle ihre Wünsche erfüllt hatte.
    Und immer wollte sie das, was Keith gerade hatte. Keith, gutmütig wie er war, gab all ihren Wünschen nach, ohne sich jemals zu beklagen, auch wenn Unsere-Jane so viel forderte, daß sogar Tom manchmal protestierte.
    »Bist ‘n Trottel, Tom, und du auch Keith«, bemerkte Fanny.
    »Ich wär’ ja blöd, wenn ich ‘n Mädchen tragen würde, das genausogut wie ich gehen kann.«
    Unsere-Jane fing zu jammern an. »Fanny mag mich nicht…
    Fanny mag mich nicht…« Sie hätte wohl den ganzen Schulweg so weiter gemacht, wenn Fanny nicht widerstrebend Unsere-Jane aus Toms Armen in die ihren genommen hätte.
    »Ist ja schon in Ordnung. Aber warum kannst du nicht gehen lernen, Unsere-Jane, warum denn nicht?«
    »Will nicht gehen«, sagte Unsere-Jane und schlang ihre Arme fest um Fannys Hals und küßte sie.
    »Siehste«, sagte Fanny stolz, »mich hat sie am liebsten…
    nicht dich, Heaven, oder dich, Tom… mich hat sie am liebsten, nicht wahr, Unsere-Jane?«
    Verwirrt blickte Unsere-Jane zu Keith, zu mir und zu Tom und fing an zu schreien: »Laß mich runter! Laß mich runter!«
    Fanny ließ Unsere-Jane in eine Pfütze fallen. Sie schrie, und Tom rannte hinter Fanny her, um ihr eine gehörige Tracht Prügel zu verpassen. Ich versuchte, Unsere-Jane zu beruhigen, und trocknete sie mit einem Lappen ab, den ich statt eines Taschentuches bei mir trug. Keith brach in Tränen aus. »Wein nicht, Keith. Sie hat sich nicht weh getan. Nicht wahr, Kleines?
    Siehst du, jetzt bist du wieder trocken, und Fanny wird sich entschuldigen. Aber du solltest wirklich mal probieren, selber zu gehen. Tut deinen Beinen gut. Nimm Keiths Hand, und dann werden wir singen.«
    Das waren Zauberworte. So wenig Unsere-Jane gehen mochte, so gern sang sie. Ebenso wie wir alle eigentlich. Sie, Keith und ich schmetterten ein Lied nach dem anderen, bis wir Tom eingeholt hatten, der bis zum Schulhof hinter Fanny hergejagt war. Sechs Jungen hatten eine Mauer gebildet, hinter der Fanny sich versteckte – und Tom konnte gegen die viel älteren und größeren Jungen nicht ankommen. Fanny lachte, und es tat ihr kein bißchen leid, daß sie Unsere-Jane in die Pfütze hatte fallen lassen, so daß sie ihr bestes Schulkleid beschmutzt hatte, das nun feucht an ihren dünnen Beinen klebte.
    Während Keith geduldig wartete, versuchte ich Unsere-Jane im Aufenthaltsraum erneut abzutrocknen. Dann begleitete ich Keith in sein Klassenzimmer, trennte ihn von Unsere-Jane und brachte sie in die erste Klasse. Sie saß in der Schulbank mit fünf anderen Mädchen ihres Alters. Sie war allerdings die Kleinste. Es war traurig, festzustellen, daß die anderen Mädchen viel hübschere Kleider trugen, aber keine hatte so schönes Haar oder ein so süßes Lächeln. »Bis später, Kleines«, rief ich ihr zu. Sie blickte mir mit großen traurigen Augen nach.
    Tom wartete auf mich vor Miß Deales Klassenzimmer.
    Zusammen gingen wir hinein. Alle Schüler wandten sich nach uns um und starrten auf unsere Kleider und unsere Füße. Ob wir nun sauber waren oder nicht, immer kicherten sie. Tag für Tag mußten wir dieselben Kleider tragen, und Tag für Tag wurden wir voller Verachtung angestarrt. Das kränkte uns zwar, aber wir beide versuchten es zu ignorieren, während wir uns in die hinterste Bank setzten.
    Vor unserer Klasse saß die wunderbarste Frau der Welt – ich hoffte und betete, daß ich auch einmal so schön und gut wie sie werden würde. Im Gegensatz zu allen Schülern, die sich nach uns umdrehten, um uns zu verspotten, hob Marianne Deale den Kopf, um uns freundlich zu begrüßen. Ihr Lächeln hätte auch nicht gütiger sein können, wenn wir in den besten Kleidern gekommen wären. Sie wußte, daß wir den weitesten Schulweg hatten und daß Tom und ich die Verantwortung trugen, Keith und Unsere-Jane in die Schule zu bringen. Sie verwandelte unsere Schulzeit in ein echtes Abenteuer auf der Suche nach Wissen, mit dem wir

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