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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Hand und trug mir sanft kühlende Creme auf.
    Es gelang mir, irgendwie dankbar zu lächeln. Kitty war eigentlich nicht so übel. Sie war eben wie Reverend Wayland Wise, der schrie und jedermann die Furcht vor der Rache Gottes einjagte, um ihn zu bessern. Gott und heißes Wasser, in beiden Fällen drehte es sich um das gleiche.
    »Fühlst du dich nicht wunderbar, besser als je zuvor? Hab’
    ich dich nicht aus der Gosse gerettet, oder? Fühlst du dich nicht wie neu und bereit, der Welt gegenüberzutreten, die dich verurteilt hätte, wenn ich nicht gewesen wär?«
    »Ja…«
    »Was, ja?«
    »Ja, Mutter.«
    »Na also«, sagte Kitty und trocknete mir die Haare, indem sie mir eines ihrer verwaschenen, rosa Handtücher um den Kopf wickelte. Dann nahm sie ein zweites Handtuch, um meinen beinahe verbrühten Körper abzutrocknen. »Du hast’s ja überlebt. Wenn deine Haut noch ein bißchen brennt, dann wirkt das Zeug nach. Es tut zwar weh, aber alle Medizin, die heilt, ist unangenehm. Man muß ebenleiden, um allen Schmutz loszuwerden und rein zu sein.«
    Kittys hypnotische Stimme in dem verfliegenden Dampf und das Nachlassen der Schmerzen lullten mich in ein Gefühl der Sicherheit ein. Dann begann sie mein feuchtes Haar zu kämmen.
    Au!
    Es tat weh!
    Meine Haare hatten sich in dicke Büschel verfilzt, und Kitty hatte sich vorgenommen, diese Büschel zu entwirren, auch wenn sie mir dabei die Haare einzeln ausreißen mußte.
    »Laß mich machen!« rief ich und riß ihr den Kamm aus der Hand. »Ich weiß, wie’s geht.«
    »Du weißt, wie’s geht? Hast du eigentlich Jahre im Stehen verbracht, bis dir die Beine bis zur Taille schmerzten? Hast du was über Haare gelernt? Hast du, hast du?«
    »Nein«, flüsterte ich und versuchte dabei, die verfilzten Haare mit den Fingern etwas zu entwirren, bevor ich mit dem Kamm durchging, »aber ich kenne mein Haar. Wenn es gewaschen ist, muß man aufpassen, daß es nicht so durcheinandergerät und zerzaust wird, so wie du es gerade gemacht hast.«
    »Willst du mir vorschreiben, wie ich meine Arbeit zu machen habe?«
    In diesem Augenblick knallte unten die Tür. »Schätzchen, wo bist du?« ertönte die sanfte Stimme Cals.
    »Hier, mein Liebster. Bin grad dabei, dem armen Kind zu helfen, ihren ganzen Dreck loszuwerden. Wenn ich hier fertig bin, kümmere ich mich gleich um dich.« Dann zischte sie mir ins Ohr: »Beklag dich bloß nicht bei ihm. Was wir beide zusammen tun, wenn wir alleine sind, geht ihn überhaupt nichts an, verstanden?«
    Ich nickte, preßte das Handtuch an mich und trat einen Schritt zurück.
    »Darling«, rief Cal durch die geschlossene Badezimmertür,
    »ich habe Heaven neue Kleider und ein paar Nachthemden gekauft. Ich wußt’ ihre Größe nicht genau und habe sie geschätzt. Ich gehe wieder nach unten und mach’ ihr das Bett auf dem Sofa.«
    »Sie schläft nicht unten«, antwortete Kitty mit ihrer unheimlichen, tonlosen Stimme.
    Er schien entsetzt: »Was willst du damit sagen? Wo soll sie denn sonst schlafen? Das zweite Schlafzimmer ist vollgepackt mit deiner Töpferware, die eigentlich in die Werkstatt gehört.
    Du hast gewußt, daß sie kommt. Du hättest alles ausräumen können, aber du hast es nicht getan. Du wolltest das Kind auf dem Sofa schlafen lassen, und jetzt willst du es wieder nicht.
    Was ist los mit dir, Kitty?«
    Kitty lächelte mich mit steifen Lippen an. Leise ging sie an Tür, dabei hielt sie mich mit ihren herrischen Augen wie ein ängstliches Kaninchen gebannt. »Kein Wort, Liebes, hörst du mich, kein einziges Wort zu ihm…«
    Sie warf ihre roten Haare zurück, und es gelang ihr, verführerisch auszusehen, als sie die Tür aufschloß und einen Spaltbreit öffnete. »Die Kleine ist so furchtbar scheu, mein Liebster. Reich mir doch bitte eines der Nachthemden. Wir sind gleich bei dir.«
    Peng!
    Sie hatte die Tür zugeschlagen und warf mir ein dünnes, zartgemustertes Nachthemd zu.
    Ich hatte noch nie ein Nachthemd besessen, aber ich hatte mir immer den feierlichen Augenblick vorgestellt, an dem ich mir ein Nachtgewand überstreifen würde. Es erschien mir als der Gipfel des Luxus, eigens zum Schlafen bestimmte Kleidung zu besitzen. Aber kaum hatte ich es an, war die Begeisterung verflogen.
    Das steife, neue Material kratzte auf meiner wunden Haut.
    Die Spitzen an Hals und Ärmeln fühlten sich wie Reibeisen an.
    »Hör zu. Deine ganzen Handtücher, Waschsachen, Zahnbürsten werden weiß sein – oder fast weiß. Meine Sachen sind alle rosa und

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