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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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der Wirklichkeit zurechtkam, der die erste Frau, die ihm gefiel, geheiratet hatte. Daß er nun mich liebte, war ein weiterer Fehler, das wußte ich. Ich empfand Mitleid und Liebe für ihn, dabei war ich ihm gegenüber mißtrauisch. Meine Wünsche, Schuldgefühle und Ängste erstickten mich fast.
    Er tanzte nicht, obwohl die Musik immer weiter spielte. Er stand nur regungslos da und starrte auf den Perserteppich, ohne ihn jedoch wahrzunehmen. Das sah ich an seinen starren, glänzenden Augen. Ich trat ein und ging auf ihn zu. Weder drehte er sich um, noch gab er irgendein Zeichen, daß er meine Gegenwart bemerkt hatte; er starrte nur weiter vor sich hin und dachte wohl an die Tage, die noch kommen sollten und die er mit Kitty, die ihm nur mehr eine Last war, verbringen müßte.
    Dabei war er erst siebenundzwanzig Jahre alt.
    »Wie heißt das Lied, das du gerade hörst?« fragte ich ihn mit leiser, ängstlicher Stimme und zwang mich, seinen Arm zu berühren, um ihn zu trösten. Er nannte nicht den Namen des Liedes, er tat etwas Besseres und sang mir den Text leise vor; auch wenn ich hundertzwei Jahre alt werden sollte, so werde ich nie dieses Lied vergessen und wie Cals Augen mich dabei ansahen, als er mir von einem Fremden im Paradies vorsang.
    Er nahm meine Hand und schaute mir in die Augen. Die seinen schienen ganz tief in den Augenhöhlen zu liegen und leuchteten so, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte, so als würden der Mond und die Sterne ihnen Glanz verleihen. Ich sah ihn in Gedanken als Logan, meinen Seelenfreund, der mich mein ganzes Leben lang lieben würde, wie ich es so dringend brauchte und mir immer gewünscht hatte.
    Ich glaube, die Musik wirkte ebenso stark auf mich wie seine Stimme und seine sanften Augen, denn irgendwie hatten sich meine Arme um seinen Hals geschlungen, obwohl ihnen niemand den Befehl dazu gegeben hatte. Ich hatte sicher nicht absichtlich eine Hand auf seinen Nacken gelegt, mit der anderen in seinen Haaren gespielt und seinen Kopf sanft zu mir heruntergezogen, daß er meine Lippen, die seinen Kuß erwarteten, finden konnte. Nein, es war einfach geschehen –
    und weder seine noch meine Schuld. Es war das Mondlicht, das sich in seinen Augen widerspiegelte, die Musik in der Luft, das berauschende Gefühl, als sich unsere Lippen trafen.
    Wie etwas Kostbares umfaßte seine Hand meinen Kopf, glitt langsam meinen Rücken hinab, paßte sich meinen Rundungen an, lag schließlich auf meiner Hüfte, hielt dort kurz zögernd inne, bevor sie meine Hinterbacken sanft streichelte, dann für einen Augenblick meine Brüste berührte, um mich dann wieder neu zu entdecken, während seine Lippen meine suchten, um die Leidenschaft in mir zu erwecken.
    Ich stieß ihn zurück.
    »Aufhören!« Ich schlug ihm ins Gesicht. »Nein! Nein!«
    schrie ich und rannte die Treppe hoch, warf die Tür hinter mir zu und bereute wieder, daß man sie nicht absperren konnte.
    Dabei wünschte ich mir, daß ich etwas mehr von dem besessen hätte, was für Fanny eine Selbstverständlichkeit gewesen wäre.
    Im selben Augenblick verachtete ich mich jedoch, weil ich so etwas überhaupt denken konnte. Ich liebte ihn.
    Ich liebte ihn so sehr, daß allein der Gedanke daran, wie ich ihm mit meiner Hand Schmerzen zugefügt hatte, weh tat. Eine Frau, die alles verspricht, aber nichts hält. So oder noch schlimmer hätten die Jungen in Winnerrow mich wohl bezeichnet. Cal, verzeih mir, hätte ich am liebsten herausgeschrien. Ich wollte schon zu ihm in sein Zimmer gehen, aber die Erinnerung an Kittys Worte, die mich ja immer verderbt, schmutzig und verkommen geheißen hatte, hielt mich zurück.
    Wieder zog es mich wie mit magischer Kraft zum Treppengeländer. Ich blickte hinunter. Er war immer noch im Wohnzimmer, stand regungslos da, als klebe er am Boden wie eine Statue und immer noch spielte die gleiche Musik. Ich eilte hinunter mit der romantischen Vorstellung, daß ich mich nun für ihn opfern würde. Als ich neben ihm stand, sprach er kein Wort. Ich legte meine Hand in seine und drückte seine Finger.
    Er reagierte nicht. »Es tut mir leid, daß ich dich geschlagen habe«, flüsterte ich.
    »Brauchst du nicht. Ich hab’s verdient.«
    »Du klingst so verbittert.«
    »Ich bin ein Narr, daß ich hier so rumstehe und über mein Leben und all die blöden Sachen, die ich gemacht habe, nachdenke und das Blödeste dabei ist, daß ich gedacht habe, du liebst mich. Aber das tust du natürlich nicht. Du willst nur einen Vater haben. Ich

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