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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Morgenzeitung, oder sie war halb unter die Tür geschoben. Hausväter in nachlässiger Morgenkleidung führten die Hunde an der Leine spazieren.
    Im Traum hatte ich Winnerrow oft besucht, da waren die Straßen dunkel und verlassen, und kein Hundegebell, kein Vogelgezwitscher, kein einziger Laut war zu hören gewesen.
    Es waren Angstträume gewesen, in denen ich einsam, vollkommen einsam, durch die Straßen gewandelt war und nach Unserer-Jane, Keith und Tom gesucht hatte, aber niemals nach Großvater, als wäre ich unbewußt immer davon überzeugt gewesen, daß er da oben in der Hütte irgendwie überleben könnte, weil ich es mir so wünschte.
    Logan wandte sich wieder an mich. »Ich habe gehört, daß Großvater beim Saubermachen hilft, um für Bett und Verpflegung aufzukommen, wenn dein Vater vergessen hat, das Geld an Sally Trench zu überweisen oder zu spät dran ist.«
    Die Sonne stand kaum über dem Horizont, aber hier im Tal war es schon glühend heiß und stickig. Keine erfrischende Brise kam auf wie in den Willies. Dabei hatte ich immer gedacht, hier unten im Tal sei das Paradies.
    »Gehen wir«, sagte Logan, hielt mich am Ellbogen, geleitete mich über die Straße und den Pfad aus Pflastersteinen hinauf zum Haus. »Ich werde hier draußen auf der Veranda warten.
    Laß dir Zeit. Ich kann ja noch den ganzen Tag – das ganze Leben – mit dir verbringen.«
    Eine dicke, schmuddelig wirkende Frau, Mitte Fünfzig, öffnete auf mein schüchternes Klopfen die Tür. Sie beäugte mich höchst interessiert, dann riß sie die Tür auf und bat mich herein.
    »Ich habe erfahren, daß mein Großvater, Mr. Toby Casteel, hier bei Ihnen untergebracht ist«, verkündete ich.
    »Ist er auch, Schätzchen, ist er – sind ja ein mächtig hübsches Ding. Nein wirklich, ein hübsches Ding. Mag Ihre Haarfarbe, diese schönen Lippen – ist ja direkt ‘n Kußmund.« Seufzend blickte sie zum nächstliegenden Fenster hinüber und betrachtete finster ihr eigenes Spiegelbild, bevor sie sich wieder an mich wandte. »Ein lieber, alter Mann, Ihr Großvater.
    Hab’ direkt ‘ne Schwäche für ihn entwickelt. Hab’ ihn zu mir genommen, weil kein Mensch ihn sonst haben wollt’. Hab’
    ihm auch ‘n schönes Zimmer gegeben, und er bekommt das beste Essen, das er je gehabt hat. Da gehe ich jede Wette ein, eins zu zehn, besser zwanzig zu zehn. Ich wett’ nu’ mal gern.
    Muß ich ja auch. Sonst kannst du in diesem Geschäft nicht überleben. Die Leute sind ja so gerissen. Die Jungen schieben ihre Alten bei mir ab, versprechen zu zahlen, tun’s aber nicht.
    Verschwinden einfach auf Nimmerwiedersehen. Dann sitzt da nu’ so ‘n alter Opa oder ‘ne alte Oma und warten den Rest ihres Lebens, daß Besuch für sie kommt. Aber der kommt natürlich nie, und Briefe bekommen sie auch keine. Es ist eine Schande, eine himmelschreiende Schande, was die Kinder ihren Eltern antun, wenn aus den Alten nichts mehr zu holen ist.«
    »Ich habe gehört, daß Vater regelmäßig Geld schickt.«
    »Tut er, tut er auch! Feiner Mann, Ihr Vater, sieht gut aus und ist auch gut. Mein Gott, erinnere mich an ihn, als er noch ein junger Mann war. Alle Mädchen waren hinter ihm her. Kann ich ihnen gar nicht zum Vorwurf machen. Ist aber ein ganz anderer Mann geworden, als man erwartet hat – kann man wirklich sagen.«
    Was meinte sie damit? Vater war schlecht, durch und durch schlecht, das wußte ganz Winnerrow.
    Grinsend entblößte sie ihre kreideweißen, falschen Zähne.
    »Hübsch hier, was? Sie sind doch Heaven Casteel, oder? Hab’
    Ihre Mutter ein-, zweimal gesehen, ‘ne echte Schönheit, eigentlich zu gut für diese verkommene Welt. Der liebe Gott hat wohl schon gewußt, was er tut. Sehen ja genauso aus wie sie, so empfindsam, als könnten Sie nicht viel vertragen.« Ihre kleinen Augen ruhten freundlich auf mir, dann runzelte sie wieder besorgt ihre Stirn. »Müssen von hier fort, Schätzchen.
    Sind nicht für so Leute wie wir gedacht.«
    Sie hätte noch den ganzen Tag so weiter getratscht, wenn ich nicht wieder nach meinem Großvater gefragt hätte. »Ich habe leider nicht so viel Zeit. Ich würde gern meinen Großvater sehen.«
    Die Frau führte mich durch den düsteren Hausgang. Beim Vorbeigehen an den Zimmern warf ich einen flüchtigen Blick hinein und sah, mit perlschnurförmigen Fransen verziert, vergilbte Porträts, die an schweren, geflochtenen Seidenschnüren hingen. Dann führte sie mich die Treppen hoch. Von innen wirkte das Haus uralt. Nur die

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