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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Fassade war neu angestrichen und hergerichtet, um seinen Glanz zu demonstrieren, aber innen war alles alt, und überall herrschte ein Geruch von Desinfektionsmittel.
    Lysol…
    Bade jetzt, Hillbilly-Miststück.
    Nimm viel Lysol, dumme Gans.
    Mußt den Dreck der Casteels loswerden.
    Ich schauderte.
    Im zweiten Stock gingen wir durch ein Zimmer, das direkt aus einem Versandhauskatalog der dreißiger Jahre zu stammen schien.
    »Sie können fünf Minuten mit ihm reden«, sagte mir die Frau nun in einem geschäftsmäßigen Ton. »Ich muß täglich drei Mahlzeiten für sechzehn Personen vorbereiten, und Ihr Großvater muß mithelfen.«
    Dabei hatte Großvater nie im Haus geholfen!
    Wie sich eine Persönlichkeit doch ändern konnte. Wir mußten noch drei gewundene Treppenfluchten hinaufsteigen.
    Die Hinterbacken der Frau unter dem dünnen Baumwollkleid prallten aufeinander wie zwei wild kämpfende Tiere – ich mußte wegsehen. Wie hatte Großvater es geschafft, auch nur einmal die vielen Treppen zu steigen? Je höher wir kamen, um so älter schien das Haus zu werden. Hier oben kümmerte es niemanden, ob die Farbe abbröckelte oder ob Schaben über den Boden flitzten. In den schummerigen Ecken hatten Spinnen ihr Netze gesponnen. Welchen Schrecken dies alles Kitty einjagen würde!…
    Im obersten Stockwerk gingen wir durch einen schmalen Gang an geschlossenen Türen vorbei, bis wir die letzte Tür am Ende des Ganges erreicht hatten. Als diese geöffnet wurde, kam ein erbärmlich kleines, schäbiges Zimmer mit einem durchgelegenen Bett und einem kleinen Schrank zum Vorschein – und da saß Großvater in seinem knarzenden Schaukelstuhl. Er war so gealtert, daß ich ihn kaum erkannte.
    Es brach mir fast das Herz, als ich den zweiten Schaukelstuhl erblickte – beide Stühle hatte man aus unserer traurigen Hütte in den Willies hergebracht. Großvater sprach zum zweiten Schaukelstuhl, als säße Großmutter darin. »Du machst dir zuviel Arbeit mit dem Stricken«, murmelte er vor sich hin.
    »Müssen uns für unser Mädchen Heaven fertigmachen, sie kommt heut…«
    Es war unglaublich heiß hier oben.
    Nirgends eine schöne Landschaft zu sehen, keine Hunde, Katzen, Schweine oder Hühner, die Großvater Gesellschaft leisten konnten. Nichts als ein paar heruntergekommene Möbelstücke. Er war so einsam, daß er seiner Phantasie freien Lauf ließ und sich seine Annie in dem leeren Schaukelstuhl vorstellte.
    Während ich in der offenen Tür stand und die Hauswirtin davonstampfte, überkam mich auf einmal großes Mitleid.
    »Großvater… Ich bin’s, Heaven Leigh.«
    Seine verwaschenen blauen Augen sahen mich groß an, weniger interessiert als überrascht, eine andere Stimme zu hören, ein anderes Gesicht zu sehen. Hatte er eine so klägliche Bewußtseinsstufe erreicht, auf der nichts mehr von Bedeutung war?
    »Großvater«, flüsterte ich. Tränen stiegen mir in die Augen, und es schmerzte mich, ihn so zu sehen. »Ich bin’s, dein Heaven-Mädchen. So nanntest du mich doch immer. Erinnerst du dich? Habe ich mich so verändert?«
    Allmählich erkannte er mich. Großvater strengte sich an zu lächeln, um zu zeigen, daß er sich freute. Seine blauen Augen wurden groß und leuchtend. Ich stürzte mich in seine Arme, die er langsam ausbreitete… gerade rechtzeitig. Während er still vor sich hin weinte, hielt ich ihn in meinen Armen und wischte ihm die Tränen mit meinem Taschentuch fort.
    »Na, na«, versuchte Großvater mich mit belegter Stimme zu trösten und strich mir dabei über die zerzausten Haare. »Wein nicht. Uns geht’s gut, Annie und mir. Haben’s noch nie so gut gehabt, was Annie?«
    O mein Gott!… Er sah zum leeren Schaukelstuhl hinüber und sah Großmutter! Er lehnte sich sogar vor, um ihre imaginäre Hand zu tätscheln. Fast erleichtert bückte er sich dann, breitete alte Zeitungen zu seinen Füßen aus und begann die Rinde eines Holzstücks zu schälen. Ich freute mich zu sehen, wie diese Hände zu arbeiten anfingen.
    »Die Dame hier zahlt Annie und mir fürs Aushelfen beim Kochen und für die Tiere hier«, erzählte Großvater leise flüsternd. »Mag sie zwar nicht weggeben, aber dafür kann ich von Annie schöne Sachen bekommen. Sie hört nicht mehr so gut. Werd’ ihr ‘n Hörapparat kaufen.
    Ich hör’ sehr gut, wirklich. Brauch’ auch noch keine Brille nicht… Bist das wirklich du, Heaven, mein Mädchen, wirklich? Siehst gut aus, wie deine Mutter, als sie gekommen ist. Annie… Woher kam Lukes Engel? In

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