Dunkle Wasser
klappt!«
Lange blickte ich ihm nach. Ich war betrübt, daß er schon fort mußte. Die Tränen liefen mir die Wangen hinunter, während ich Tom beobachtete, wie er neben dem Mann ging, von dem ich nicht glauben konnte, daß er ihn wirklich mochte. Aber Tom sah gut aus. Er war groß und stark und machte einen glücklichen Eindruck. Die Schatten in seinen Augen hatten sich wohl von meinen Augen auf ihn übertragen. Immer schon hatte sich bei ihm alles widergespiegelt, was ich empfand.
Am nächsten Samstag würde ich ihn wiedersehen. Ich konnte den Tag kaum erwarten.
20. KAPITEL
VERWIRRTE GEFÜHLE
Als ich schließlich das Haus der Settertons erreicht hatte, wartete Cal schon auf mich. »Heaven!« rief er mit entgegen, als er mich die Treppe hinaufsteigen sah. »Wo, zum Teufel, warst du? Ich habe mich halbtot geängstigt.«
Cal war der Mann, der mich liebte; zuerst hatten seine Zuneigung und Fürsorge mich glücklich gemacht, aber als er mein Liebhaber wurde, empfand ich seine Liebe als Schande.
Alles in allem hatte ich das Gefühl, in die Falle geraten zu sein.
Ich wehrte mich nicht gegen seine flüchtige Umarmung und seinen hastigen Kuß; verwirrt und verzweifelt schien ich im Nebel zu tappen. Ich liebte ihn, weil er mich vor Kittys schlimmsten Gemeinheiten bewahrt hatte, aber gleichzeitig wünschte ich mir, daß er mein Vater geblieben und nicht mein Geliebter geworden wäre.
»Warum siehst du mich so an, Heaven? Kannst du mich nur in Candlewick lieben und nicht in Winnerrow?«
Ich wollte ihn nicht auf die Art lieben, wie er es sich wünschte. Und ich durfte es nicht zulassen, daß seine Gefühle und Bedürfnisse mich überwältigten. »Ich habe heute Tom gesehen und Fanny und Großvater«, flüsterte ich heiser.
»Und trotzdem weinst du? Ich dachte, du wärst jetzt glücklich?«
»Es kommt nie so, wie man es sich vorstellt, nicht wahr?
Tom ist jetzt so groß wie Vater, dabei ist er erst siebzehn.«
»Und wie geht’s deinem Großvater?«
»Er ist so alt und mitleiderregend. Er bildet sich ein, Großmutter sitze im Schaukelstuhl neben ihm.« Ich lachte kurz auf. »Nur Fanny ist unverändert. Sie ist die gleiche wie früher, nur daß sie eine Schönheit geworden ist.«
»Sicherlich kann sie ihrer Schwester nicht das Wasser reichen«, sagte er in leisem, vertraulichem Ton und berührte meine Brust. In diesem Augenblick öffnete Maisie die Tür und sah uns mit großen Augen an. Sie hatte es gesehen! O mein Gott!
»Kitty ruft nach dir«, sagte sie betreten. »Besser, du gehst zu ihr und erkundigst dich, was sie will. Mutter kann ihr nichts recht machen.«
Sonntag früh waren alle auf, um in die Kirche zu gehen. Kitty mußte bis Montag warten, bevor man sie untersuchte. »Wir gehen zum Gottesdienst«, verkündete mir Reva Setterton, als ich ihr im Gang begegnete. »Schnell, iß dein Frühstück, damit du rechtzeitig fertig bist. Ich hab’ mich heut früh schon um meine Tochter gekümmert. Wir können sie ruhig ein paar Stunden allein lassen.«
Auf der Türschwelle seines Schlafzimmers stand Cal und blickte mich auf eine beunruhigende Art an. Sah er nun ein, daß es besser war, wenn wir uns nie mehr allein trafen?
Bestimmt würde er sich darüber im klaren sein, daß Logan der richtige Mann für mich war, und er würde mich gehen lassen, ohne weitere Ansprüche an mich zu stellen. Ich sah ihn flehentlich an und bat ihn stumm, unsere alte Beziehung wiederherzustellen. Aber er runzelte nur verärgert die Stirn und wandte sich, anscheinend gekränkt, von mir ab.
»Ich bleibe hier bei Kitty; geht ihr nur«, erklärte ich. »Ich will sie nicht allein lassen.« Daraufhin eilte Cal hinter Kittys Familie her, die schon hinausgegangen war. Er blickte sich noch einmal kurz um und sah mich anerkennend an, bevor sich sein Mund zu einem kleinen, spöttischen Lächeln verzog.
»Sei gut zu deiner Mutter, Heaven.«
Lag da ein sarkastischer Ton in seiner Stimme?
Jetzt saß ich hier, und Logan wartete auf mich in der Kirche.
Wie naiv von mir anzunehmen, daß Reva Setterton bei ihrer Tochter zu Hause bleiben würde, und wie sie ohne jegliche Gefühlsregung den Vorschlag gemacht hatte, ihre Tochter allein zu lassen!
Langsam stieg ich die Treppe hinauf, um nach Kitty zu sehen.
Kitty lag auf dem breiten Bett, ihr Gesicht war so stark gerubbelt worden, daß es glänzte. Die Haut war nicht nur rot und rissig, wie meine nach dem siedendheißen Bad, auch ihre dichten, roten Haare waren jetzt in der Mitte gescheitelt und
Weitere Kostenlose Bücher
Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn Online Lesen
von
Sandra Regnier
,
Teresa Sporrer
,
Jennifer Wolf
,
Cathy McAllister
,
Natalie Luca
,
Jennifer Jäger
,
Melanie Neupauer
,
Katjana May
,
Mara Lang
,
Lars Schütz
,
Pia Trzcinska