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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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schlagen und mir kränkende Worte zu sagen, die mein Selbstbewußtsein verletzten, erleichtert. Aber jetzt empfand ich nur mehr Mitleid mit ihr und war bereit, fast alles zu tun, um ihre Schmerzen zu lindern, auch wenn ich nur wenig unternehmen konnte, um es ihr ein wenig bequem zu machen. Aber trotzdem bemühte ich mich; ich wollte sühnen und meine Schuld tilgen. Dabei vergaß ich, was Kitty mir alles angetan und warum ich sie zu hassen begonnen hatte.
    Die Krankenschwestern verabreichten ihr die Medikamente, aber ich wusch sie. Sie machte mir Zeichen, daß sie meine Pflege für alle jene Extra-Handgriffe vorzog, für die die Krankenschwestern keine Zeit hatten, wie zum Beispiel ihr eine milde Creme am ganzen Körper aufzutragen oder ihre Haare zu bürsten und nach ihrem Wunsch zu frisieren. Oft, während ich die Haare toupierte und mit einem Holzstiel glättete, dachte ich mir, daß ich sie sicher geliebt hätte, wenn sie mir nur die geringste Chance gegeben hätte. Ich schminkte sie zweimal am Tag, betupfte sie mit ihrem Lieblings-Parfüm, malte ihre Fingernägel an. Indessen beobachtete sie mich unentwegt aus ihren sonderbaren, blassen Augen. »Wenn ich tot bin, mußt du Cal heiraten«, flüsterte sie mir dabei einmal zu.
    Ich sah sie entsetzt an und wollte sie fragen, wie sie darauf käme, aber sie hatte die Augen wieder geschlossen. Wenn sie das tat, dann sagte sie nichts mehr, auch wenn sie wach war.
    ›Lieber Gott, laß sie bitte wieder gesund werden!‹ war mein ständiges Gebet. Ich liebte Cal und brauchte ihn als Vater.
    Aber ich konnte ihn nicht auf die Art und Weise lieben, wie er es sich wünschte.
    Es gab auch Zeiten, in denen ich, während ich sie herrichtete, ununterbrochen auf sie einredete, obwohl es gleichzeitig eine Art Selbstgespräch war. Ich berichtete ihr von ihrer Familie und wie sie sich Sorgen um ihre Gesundheit machten (auch wenn das nicht stimmte); ich wollte ihre Stimmung heben, ihr Mut und Hoffnung geben, gegen das anzukämpfen, was nun ihr Leben beherrschte. Oft glänzten Tränen in ihren Augen.
    Dann wieder sahen mich die trüben, wäßrigen Augen völlig ausdruckslos an. Ich spürte, daß etwas in Kitty vorging, aber ich wußte nicht, ob es sich zum Guten oder zum Bösen wenden würde.
    »Schau mich nicht so an, Mutter«, sagte ich gereizt. Ich befürchtete, daß Maisie sie besucht hatte und ihr Geschichten über kleine Zärtlichkeiten und Intimitäten zwischen Cal und mir erzählt hatte. Es ist aber nicht meine Schuld gewesen, Kitty, wirklich nicht, wollte ich ihr sagen, während ich ihr ein hübsches Nachthemd überzog und ihre Arme so hinlegte, daß sie nicht so leblos wirkte.
    Kaum war ich fertig, trat ihre Mutter mit einem grimmigen, vorwurfsvollen Gesicht ein. Sie hielt die kräftigen Arme über dem künstlichen großen Busen gekreuzt und sah immer bedrohlicher drein. »Sie würd’ besser aussehen ohne das Geschmier im Gesicht«, brummte sie und warf mir einen weiteren verbiesterten Blick zu. »Hat dir all die schlechten Dinge beigebracht, was? Hat dich zu dem gemacht, was sie selber ist. Hat dir alle ihre schlechten Eigenschaften weitergegeben, oder? Dabei hab’ ich sie oft genug versohlt, um den Teufel aus ihr auszutreiben. Ist mir nie gelungen. Sie ist immer noch von ihm besessen, das zehrt an ihr und wird sie umbringen… Der Herr ist am Ende immer der Sieger, so ist’s doch?«
    »Wenn Sie damit sagen wollen, daß wir alle einmal sterben müssen, dann haben Sie vollkommen recht, Mrs. Setterton.
    Aber eine gute Christin wie Sie sollte doch an ein Leben nach dem Tod glauben.«
    »Willst du mich etwa gar verspotten, Mädchen? Tust du das?«
    Ich sah in ihren Augen etwas von Kittys Boshaftigkeit leuchten. Meine Empörung wuchs. »Kitty mag es, sich hübsch zu machen, Mrs. Setterton.«
    »Hübsch?« fragte sie und starrte Kitty wie einen Gegenstand des Abscheus an. »Besitzt sie eigentlich nichts anderes als diese pinkfarbenen Nachthemden?«
    »Sie mag Pink.«
    »Ein Beweis, daß sie keinen Geschmack hat. Rothaarige tragen nu’ mal kein Rosa. Hab’s ihr das ganze Leben lang einzubleuen versucht, und trotzdem trägt sie’s.«
    »Jeder sollte die Farbe tragen, die ihm gefällt. Sie hat eben Rosa gewählt«, beharrte ich.
    »Deswegen mußt du sie nicht wie ‘nen Clown herrichten, oder?«
    »Tu’ ich auch nicht. Ich richte sie so her, daß sie wie ein Filmstar aussieht.«
    »Eher wie ‘ne Hure!« bemerkte Reva Setterton ungerührt.
    Dann wandte sie ihre harten Augen zu

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