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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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meine Gefühle zu achten, an den Kopf geschleudert hatte. Und nun hatte sie es doch zustande gebracht und mir Tränen in die Augen getrieben, obwohl ich eigentlich erleichtert sein sollte, daß Gott ihr eine gerechte Strafe zukommen ließ. Ich weinte.
    Ich setzte mich auf den Stuhl, den Cal mir bereitgestellt hatte.
    Während die Tränen meine Bluse benetzten, öffnete ich Vaters Brief und begann zu lesen.
    »Lies ihn laut vor, Tochter«, hauchte Kitty.
    Ich warf ihr einen kurzen Blick zu, dann begann ich leise vorzulesen:
    Liebe Tochter,
    es gibt Zeiten im Leben eines Mannes, in denen er meint, daß er etwas Bestimmtes tun muß, und erst später entdeckt er, daß es eine bessere Lösung für seine Schwierigkeiten gegeben hätte. Ich bitte Dich, mir zu verzeihen, für Dinge, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen.
    Unsere-Jane und Keith sind glücklich und gesund. Sie lieben ihre neuen Eltern so wie Fanny ihre.
    Ich habe noch einmal geheiratet, und meine Frau besteht darauf, daß ich die Familie wieder zusammenbringe. Ich besitze jetzt ein schönes Haus und verdiene eine Menge Geld.
    Allerdings besteht wenig Hoffnung, daß ich Keith, Unsere-Jane und Fanny zurückkaufen kann, aber ich würde mich freuen, wenn Du und Tom zu uns ziehen würdet. Dein Großvater wird auch hier sein.
    Vielleicht bringe ich es diesmal fertig, Dir ein richtiger Vater zu sein, den du lieben kannst und nicht mehr verachtest.
    Dein Vater
    Darunter standen Adresse und Telefonnummer, aber ich war nicht mehr imstande, sie zu entziffern. Er hatte mich nie zuvor Tochter genannt und sich als meinen Vater bezeichnet –
    warum jetzt auf einmal? Ich knüllte den Brief zusammen und schleuderte ihn in den Papierkorb, der neben Kittys Krankenbett stand.
    Zorn und Wut verdrängten alle anderen Gefühle in mir. Wie konnte ich einem Mann Vertrauen schenken, der seine Kinder verkauft hatte? Wer gab mir die Gewißheit, daß es Tom und mir unter seiner Obhut gutgehen würde? Was konnte das für eine Arbeit sein, mit der er so viel Geld verdiente? Oder hatte er reich geheiratet? Und wie konnte ich überhaupt glauben, was er schrieb? Wieso wußte er so genau, daß Keith und Unsere-Jane wirklich glücklich waren? Oder Fanny? Ich hätte es selbst sehen müssen, um Gewißheit zu haben.
    Tom sprang schnell auf, um den zerknüllten Brief zu retten; er strich ihn sorgfältig wieder glatt und las ihn leise noch einmal durch. Nach jeder Zeile hellte sich sein Gesicht mehr auf.
    »Warum hast denn das getan?« fragte Kitty und sah mich milde an. »War doch ‘n hübscher Brief, fandest du nicht, Cal?
    Heaven, nimm ihn wieder und heb ihn auf, denn eines Tages wirst du ihn wiedersehen und – «
    Sie stockte und fing zu weinen an.
    »Tom, laß uns gehen«, drängte ich.
    »Noch ‘n Augenblick«, bat Kitty leise. »Hab’ da was für dich.« Sie lächelte zaghaft und holte noch einen kleinen Briefumschlag unter ihrem Kissen hervor. »Hab’ mich mal so richtig mit deinem Vater ausgesprochen – und er hat mir dies hier gegeben, ich soll’s für dich aufbewahren und dir geben, wenn die Zeit gekommen ist. Er will damit alles wiedergutmachen, was er getan hätte…« Sie verhaspelte sich, warf einen kurzen Blick auf Cal und fügte hinzu: »Und ich glaube, die Zeit ist jetzt gekommen.«
    Mit bebenden Händen nahm ich den kleinen Umschlag an.
    Wie würde Vater wohl in diesem Brief versuchen, all das wiedergutzumachen, was er getan hatte? Möglich, daß es Keith und Unserer-Jane gutging – aber wie konnte ich dessen sicher sein, wenn Kitty mich und dieser schreckliche Farmer Tom wie Sklaven behandelt hatten? Ich blickte auf und sah, wie Tom die Augen starr auf mich gerichtet hatte, als hielte ich sein Leben in meiner Hand… Und vielleicht war es ja auch so.
    Was würde es jetzt schon ausmachen, wenn ich noch ein paar Lügen mehr lesen würde?
    Wieder las ich, was er mit seiner kleinen Handschrift geschrieben hatte. Die Augen gingen mir über und mein Herz raste.
    Vater war ins Krankenhaus gekommen, weil er gehofft hatte, mich zu sehen.
    Dein Großvater hat mir erzählt, daß es Dein innigster Wunsch sei, nach Boston zu fahren und die Eltern Deiner Mutter zu suchen.
    Falls es Deine Wahl ist, dorthin zu gehen, anstatt bei mir und meiner Frau zu wohnen, habe ich ein Flugticket beigefügt, das ich dir besorgt habe, und ich habe auch Deine Großeltern in Boston angerufen und ihnen gesagt, daß Du sie vielleicht besuchen wirst. Hier ist ihre Adresse und die

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