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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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du deswegen bedrückt wärst. Muß aber jetzt ehrlich sagen, ich hass’ die Farm! Und Buck Henry hass’ ich so sehr, daß ich manchmal das Gefühl hab’, wenn ich nicht bald abhaue, bring’
    ich ihn um… Bitte, versteh mich, wenn ich vor ihm weglaufe und Vater finden will. Ich muß es einfach tun.«
    Für Tom, damit er das erreichte, was er wollte, und für Keith und Unsere-Jane, damit ich beide wiedersehen konnte, mußte ich nun dem Mann gegenübertreten, den ich wie nichts anderes auf dieser Welt verachtete. »Beeil dich!« drängte Tom. Wir liefen schnell in Richtung Krankenhaus.
    »Vielleicht ist Cal schon bei Kitty«, japste ich, als wir uns in der Eingangshalle des Krankenhauses umsahen.
    »Ja«, bestätigte die Krankenschwester, als Tom sich erkundigte, ob Luke Casteel hier gewesen war, »er hat jemanden besucht…«
    »Und wo ist er jetzt?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen… Jedenfalls hat er sich vor ungefähr einer Stunde nach der Zimmernummer von Mrs.
    Dennison erkundigt.«
    Hatte Vater Kitty – oder mich sehen wollen?
    Tom packte mich fest bei der Hand und zerrte mich hinter sich her.
    Die Krankenschwestern und Pfleger kannten mich schon und begrüßten mich mit meinem Namen. Ich übernahm jetzt die Führung und ging mit Tom zum Aufzug, um in das Stockwerk zu fahren, wo sich Kittys Zimmer befand. Ich fühlte mich sonderbar, fast wie betäubt und vollkommen verängstigt bei dem Gedanken, was ich sagen und tun sollte, wenn ich Vater traf. Als ich in Kittys Zimmer trat, sah sie blaß und schwach aus. Cal kniete weinend an ihrem Bett. Es verstrichen einige Augenblicke, bis ich meine Enttäuschung, Vater nicht zu sehen, überwunden hatte. Dann kam der zweite Schock, als ich Kittys glückliches Gesicht sah. Sie lag in ihrem schmalen Bett und strahlte mich an. Warum bloß?
    »Dein Vater war hier«, flüsterte sie kaum hörbar. »Hat nach dir gefragt, Heaven; er hofft, dich bald zu finden. Er hat sich bei mir entschuldigt, für das, was er getan hat. Und er sagte, er hofft, daß ich ihm verzeih’. Weißt du, hätt’ nie und nimmer gedacht, daß Luke Casteel so… Cal, wie sagt man dazu, wie er geklungen hat?«
    »Demütig«, sagte Cal mit gepreßter Stimme.
    »Ja, stimmt. Er klang demütig und zerknirscht.«
    Ihre Augen glänzten, als hätte sie ein Wunder gesehen. Dabei hatte sie seit Tagen nicht mehr geredet. »Heaven, er hat mich angeschaut, wie er’s noch nie getan hat. Auch nicht, als ich ihn geliebt hab’ und für ihn durchs Feuer gegangen wär’. Da hat er mich nicht mal gesehen… Hat mich nur genommen und stehenlassen, wie ‘n Gegenstand. Hat sich aber verdammt verändert… Hat auch ‘n Brief für dich dagelassen.«
    Es war eine hektische Freude, sie wirkte wie aufgeputscht, so als dränge die Zeit. Zum ersten Mal sah ich, daß sie wirklich im Sterben lag, hier vor unseren Augen. Vielleicht war sie schon, Monate bevor wir hierhergekommen waren, in diesem Zustand gewesen. Nur hatten Cal und ich es nicht bemerkt, weil wir uns an ihre Gefühlsschwankungen schon so gewöhnt und sie nicht als Ausdruck ihrer Ängste und Depressionen erkannt hatten… Ihre furchtbaren, geheimen Ahnungen über die Geschwulst. Ihre knochige Hand wirkte vergilbt, ihre langen Nägel hexenhaft, während sie den Brief unter ihrem Kissen hervorzog. Aber ihr Lächeln war zum ersten Mal warm und herzlich.
    »Heaven, hab’ ich mich schon für alles, was du mir getan hast, bedankt? Endlich hab’ ich ‘ne Tochter – endlich –, und ist es nicht phantastisch, einfach phantastisch, daß Luke mich besucht hat? Oder hast du ihn gerufen – sag? Mußt du ja, weil er sich hier nach dir umgeschaut hat, als tät’ er dich erwarten.
    Also, Heaven, nu’ mach schon, lies, was er in seinem Brief geschrieben hat.«
    »Das ist Tom, mein Bruder«, gelang es mir schließlich zu sagen.
    »Schön, Sie kennenzulernen, Tom«, begrüßte ihn Cal und stand auf, um ihm die Hand zu schütteln.
    »Meine Güte, siehst ganz wie Luke aus, als er so alt war wie du!« schrie Kitty verzückt, mit einem eigenartigen Glitzern in den Augen. »Fehlen nur noch die schwarzen Haare und die schwarzen Augen – dann wärst du ganz dein Vater! Schwör’s dir!«
    Sie war rührend, dieses Teufelsweib mit ihren langen roten Haaren und den langen rosa Krallen, die meine Haut schon so oft zerschunden hatten. Momentaufnahmen, wie Kitty früher gewesen war, leuchteten blitzartig in mir auf; in meinen Ohren hallten die Schimpfworte wider, die sie mir, ohne auf

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