Dunkle Wasser
seine Gemeinheiten und seine bösen Worte. Er will es dir auch noch sagen, wenn er dich sieht… Du bist doch da, wenn wir kommen, versprich’s mir!«
Ich legte den Hörer auf, ohne ihm irgend etwas zu versprechen.
Tom hatte mich verraten!
Ich verließ das Motel und setzte mich allein in einen Park.
Erst als es dunkel wurde und ich mir sicher war, daß Tom aufgegeben hatte, kehrte ich zum Motel zurück und fiel ins Bett.
Tom würde nicht mit mir nach Boston fahren – er zog es vor, bei Vater zu bleiben, obwohl wir uns gegenseitig einen Eid geschworen hatten!
Logan war zurück ins College gefahren, ohne mich noch einmal aufzusuchen. Wer blieb mir noch, außer den Eltern meiner Mutter in Boston? Sogar Cal verhielt sich gleichgültig mir gegenüber, jetzt da er von Kitty ganz beansprucht wurde.
Ich brauchte jemanden. Vielleicht war dies auch ein Wink des Schicksals, mich an meine Großeltern in Boston zu wenden.
Ich war gerade dabei, meine Sachen zu packen, als Cal ins Zimmer trat und mir erzählte, daß er schon davon gehört hatte, daß Tom Vater gefunden hatte und sie beide zum Motel gefahren seien, aber mich nicht angetroffen hätten. »Sie haben dich überall gesucht, Heaven. Tom war der Meinung, du seist schon nach Boston geflogen, und er schien sehr gekränkt. Wie dem auch sei, er und dein Vater haben die Suche nach dir aufgegeben. Wo warst du eigentlich?«
»Ich habe mich im Park versteckt«, gestand ich. Cal verstand das nicht so recht, aber er wiegte mich in seinen Armen, als wäre ich sieben und nicht siebzehn. »Wenn sie wieder nach mir fragen, sag ihnen, du hättest mich nicht getroffen«, bat ich.
»Ist gut«, erklärte er sich einverstanden und versuchte mir mit einem besorgten Gesichtsausdruck in die Augen zu sehen.
»Trotzdem meine ich, du solltest Tom noch einmal sehen und mit deinem Vater sprechen. Heaven, vielleicht ist er nicht mehr so wie früher. Vielleicht tut ihm jetzt alles leid. Es wäre doch möglich, daß du nicht nach Boston fliegen mußt und gerne bei deinem Vater und seiner neuen Frau wohnst.«
Ich wandte ihm den Rücken zu. Vater hatte sich nicht geändert.
Cal verließ mich, und ich packte weiter und überlegte mir dabei, in was für eine böse Geschichte ich hineingeraten war, als ich mir Kitty Dennison und ihren Mann als Eltern ausgesucht hatte. Ich war beinahe mit dem Packen fertig, als Cal wieder die Tür öffnete und mich aus schmalen Augen anblickte. »Du fährst also doch nach Boston?«
»Ja.«
»Und was wird aus mir?«
»Wie soll ich das wissen?«
Er errötete und hatte den Anstand, seinen Kopf zu senken.
»Vor kurzem ist Kitty von den Ärzten untersucht worden. Es klingt zwar unglaublich, aber ihr geht es besser! Der Anteil der weißen Blutkörperchen hat sich fast normalisiert. Die Zahl der Blutplättchen ist gestiegen. Der Tumor ist etwas zurückgegangen. Sollte sich diese Entwicklung halten, dann, meinen die Ärzte, wird sie leben. Heaven, der Besuch deines Vaters hat ihr Lebensmut gegeben. Sie hat mir jetzt gesagt, daß sie mich schon immer geliebt habe, aber sie hat es erst an der Schwelle zum Tod erkannt – was soll ich tun? Ich kann meine Frau nicht fallenlassen, wenn sie mich so sehr braucht, nicht wahr? Vielleicht ist es daher doch das Vernünftigste, wenn du nach Boston gehst. Meine guten Wünsche und meine Liebe werden dich begleiten, und eines Tages werden wir uns wieder begegnen. Ich hoffe, du wirst mir dann verzeihen, daß ich ein junges, süßes und wunderschönes Mädchen ausgenutzt habe!«
Ich starrte ihn wie vom Donner gerührt an. »Du hast mich nie geliebt!« schrie ich ihn anklagend an. Ich war am Boden zerstört. »Du hast mich nur benutzt!«
»Ich liebe dich wirklich! Und ich werde dich immer lieben!
Ich hoffe, du wirst mich auch immer ein wenig lieben, an welchem Ort du auch sein wirst. Als ich dich brauchte, warst du da. Geh deinen Weg, und denke nicht mehr an Kitty und an das, was geschehen ist. Und mische dich nicht in Toms Leben, jetzt, wo sich alles bei ihm zum Guten wendet. Fanny fühlt sich wohl. Laß Keith und Unsere-Jane dort, wo sie sind. Die Eltern deiner Mutter sind womöglich dagegen, wenn du jemanden mitbringst. Und vergiß mich. Ich habe mich ins gemachte Bett gelegt, als ich Kitty heiratete. Aber deshalb muß es ja nicht auch dein Bett sein. Geh, solange ich die Kraft habe, das Richtige zu tun. Geh, bevor sie gesund wird und sie wieder die alte ist und dich verfolgen wird, bis sie dich zerstört hat, weil du ihr
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