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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Vichi
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ruckartig hin und her.
    »Mein lieber, armer Gattacci …«, sagte Casini leise.
    »Sie haben mir immer noch nicht gesagt, was Sie von mir wollen, Commissario.«
    »Nicht alle Leute haben ihr Gedächtnis verloren, Gattacci. Gewalt hinterlässt tiefe Spuren.«
    »Kommen Sie zur Sache, Commissario. Ich möchte schlafen gehen«, sagte der Faschist, der all seinen Mut zusammennahm. Casini trank das Glas aus und schlug mit einem gelangweilten Seufzer die Beine übereinander. Danach zündete er sich in aller Ruhe eine weitere Zigarette an und blies den Rauch zur Decke.
    »Ich sehe schon die Schlagzeile auf der ersten Seite der ›Nazione‹: Weiteres Todesopfer der Flut gefunden … «
    »Was erzählen Sie denn da?«, stammelte Gattacci.
    »Der Fall wird als Unfalltod infolge der Überschwemmung zu den Akten genommen werden, ein dünnes Dossier, das bald verstauben wird … Mein Gott, wie traurig.«
    »Was heißt das? Ich habe nichts getan …! Niemand kann etwas gegen mich haben …! Ich habe doch nichts getan!«, kreischte Gattacci mit sich überschlagender Stimme. Ein Schweißtropfen war ihm zum Kinn hinabgelaufen.
    »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie hartnäckig manche Leute sind, und Mamma Pavolini ist nicht mehr, um Ihnen den Arsch zu retten.« Casini stand auf.
    »Aber wer sind die? Von wem reden Sie?«
    »Achten Sie darauf, wohin Sie Ihre Füße setzen, Gattacci, wenn Sie nicht in einem Sarg landen wollen«, meinte der Commissario und schenkte sich noch einen Cognac ein.
    »Ist das eine Drohung?«
    »Im Gegenteil, ich versuche doch nur, Ihre Haut zu retten. Aber wenn der böse Wolf kommt, bitten Sie mich nicht um Hilfe, dann kann ich nichts mehr tun.«
    »Warum drücken Sie sich nicht deutlicher aus?« Gattacci hatte die Fäuste geballt.
    »Na, deutlicher … geht es gar nicht«, flüsterte Casini mit einem hinterhältigen Lächeln. Was Eleonora wohl sagen würde, wenn sie ihn so sähe. Er trank den Cognac in einem Zug aus und wandte sich zum Gehen. Gattacci lief ihm nach, keuchend, als wäre er schnell eine Treppe hinaufgelaufen. Casini öffnete die Tür und verließ das Haus, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    »Dann süße Träume«, sagte er, bevor sich die Tür schloss. Im Weggehen hörte er, wie sie mit Schlössern und Riegeln verrammelt wurde, und musste beinahe laut loslachen. Jetzt hatte er nur noch Colonnello Arcieri anzurufen.
    Er stieg in seinen Wagen und meldete sich über Funk im Präsidium, nachdem er losgefahren war. Es gab keine nennenswerten Neuigkeiten. Man hatte keine weiteren entflohenen Häftlinge gefunden, aber dafür weitere Plünderer verhaftet. Seit dem Nachmittag funktionierten die Telefone wieder, und seit mehreren Stunden gab es auch wieder Strom.
    »Ist Piras da?«, fragte Casini.
    »Ja, Commissario.«
    »Sag ihm, er soll auf mich warten, ich bin gleich da. Ende.« Er trat aufs Gas und hatte seinen Spaß daran, die Reifen des Wagens quietschen zu lassen. Es war zehn vor drei, und kaum jemand war auf der Straße. Casini ging der Mann nicht aus dem Kopf, den er aus Gattaccis Haus hatte kommen sehen, und er wurde immer neugieriger, wer er sein mochte. Vielleicht war das nur ein klassischer Polizistentick, aber er kam nicht dagegen an. Aber da nagte noch etwas anderes an ihm … Hätte ihn Eleonora wirklich beinahe geküsst?
    Kurz darauf erreichte er das Präsidium, nickte Mugnai kurz zu und ging hinauf in sein Büro. Es roch abgestanden, und er öffnete ein Fenster. Seit vier Tagen hatte er nicht mehr an seinem Schreibtisch gesessen, ihm kam es wie eine Ewigkeit vor. Alles aus der Zeit vor der Überschwemmung schien für ihn unendlich weit zurückzuliegen. Casini hob den Telefonhörer ab und rief Colonnello Arcieri an, dem er in kurzen Worten von seinem unterhaltsamen nächtlichen Gespräch erzählte. Dabei erwähnte er auch den Hinkenden, den er aus Gattaccis Haustür hatte kommen sehen.
    »Ich werde bald seinen Namen kennen, falls es Sie interessiert.«
    »Wenn Gattacci mir sagt, was ich wissen will, wird das nicht mehr nötig sein. Ansonsten bemühe ich Sie noch einmal, Commissario. Ich bin Ihnen unendlich dankbar.«
    »Nichts zu danken, es war mir ein Vergnügen. Na dann, viel Glück.«
    »Danke«, sagte Arcieri und nach einem hastigen Gruß legte er auf.
    Gattacci muss sich auf weitere nächtliche Überraschungen gefasst machen, dachte Casini grinsend. Er rief im Funkraum an und bat Piras, sofort zu ihm zu kommen. Während er auf ihn wartete, holte er die

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