Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
Mitchum in Erinnerung, ruhige, harte, ironische Typen. Casini steckte sich die Zigarette wieder zwischen die Lippen und zündete sie endlich an. Es gab Dinge, die gingen einfach nicht ohne.
Vor Gattaccis Haus blieb er stehen. Draußen stand kein Name. Er klingelte und lehnte sich mit dem Rücken direkt an die Haustür, damit man ihn durch die Klappe nicht sehen konnte. Casini hörte, wie sich vorsichtig Schritte näherten. Kurz darauf öffnete jemand die Klappe ein wenig, und ein Lichtstreif durchschnitt die Dunkelheit.
»Wer ist da?«, fragte jemand leise. Casini schwieg und blies den Rauch auf das Licht zu. Jetzt öffnete sich die Klappe ganz, trotzdem konnte Gattacci niemanden sehen.
»He, bist du es?«, fragte er besorgt. Nun trat Casini vor die Klappe, und Gattacci wich abrupt zurück.
»So sieht man sich wieder«, sagte der Commissario und blies einen Mundvoll Rauch in das Haus. Gattacci war blass geworden.
»Wer sind Sie?«
»Erkennen Sie mich nicht wieder, Gattacci?« Casini ging einen Schritt zurück, damit der andere ihn besser sehen konnte. Auf Gattaccis Stirn bildeten sich zwei Falten.
»Commissario … Casini …«
»Wie er leibt und lebt.«
»Was wollen Sie?«, fragte Gattacci beruhigt und besorgt zugleich.
»Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten.«
»Um diese Uhrzeit?«
»Schmutzige Dinge sollte man besser nachts erledigen, meinen Sie nicht?«
»Wovon zum Teufel reden Sie?«
»Es ist nicht sehr nett, Freunde vor der Tür stehen zu lassen, Gattacci«, sagte Casini mit drohendem Unterton.
»Und wenn ich nicht aufmachen will?«, fragte der Faschist in dem Versuch, ein wenig Würde auszustrahlen.
»Ich tue mal so, als hätte ich das nicht gehört«, zischte Casini eiskalt. Seufzend entschloss sich Gattacci, die Tür zu öffnen. Er trug einen bordeauxroten Hausrock, auf seinem Gesicht hatte sich ein feiner Schweißfilm gebildet. Die Hände in den Taschen und mit einem gemeinen Grinsen auf den Lippen betrat Casini das Haus.
»Ich bin mir sicher, dass Sie etwas Besonderes im Schrank haben«, sagte er und schaute Gattacci direkt in die Augen. Der ging ihm voran in ein etwas altmodisch, aber elegant im Stil der dreißiger Jahre eingerichtetes Wohnzimmer. Er bewegte sich für sein Alter ungewöhnlich geschmeidig, allerdings war er sichtlich nervös. Beide Männer blieben stehen und starrten einander an.
»Ich höre, Commissario«, sagte Gattacci barsch und versuchte, seine Aufregung zu verbergen.
»Bieten Sie mir nichts zu trinken an?« Casini sah sich nach einem Aschenbecher um. Gattacci war angespannt und begriff nicht, was der andere wollte.
»Tun Sie die Asche einfach hier auf das Tellerchen«, meinte er leise. Er ging zu einem Barwagen, holte von dort eine Flasche französischen Cognac und nur ein Glas und stellte beides auf den Couchtisch. Casini bediente sich selbst, bevor er sich in einen großen Sessel fallen ließ. Ihm stieg ein Geruch aus der Vergangenheit in die Nase, den er als kleiner Junge bei den alten Tanten seines Vaters wahrgenommen hatte. Er trank einen Schluck und zog eine Augenbraue hoch.
»Wunderbar …« Er schwenkte den Cognac im Glas.
»Was haben Sie mir mitzuteilen?«, fragte Gattacci ungeduldig.
»Leider keine guten Neuigkeiten.«
»Was ist passiert?«
»Sie stecken in einem Haufen Schwierigkeiten, Gattacci.«
»Ich habe nichts damit zu tun«, sagte der Faschist erschrocken und biss sich sofort reuig auf die Lippe.
»Wer weiß, ob wir das Gleiche meinen.«
»Was es auch ist, ich habe nichts damit zu tun.«
»War es schön am Achtundzwanzigsten in Predappio?«, bluffte Casini. Gattacci erstarrte.
»Was ist? Werde ich observiert?«
»Das ist nur ein Beweis unserer Zuneigung.«
»Sie sollten mich in Frieden lassen … Seit zwanzig Jahren habe ich niemandem Unannehmlichkeiten bereitet.«
»Die Vergangenheit lässt sich nicht auslöschen, Gattacci, nicht einmal mit Togliattis großem Schwamm drüber.«
»Ich habe mir nichts aus meiner Vergangenheit vorzuwerfen.«
»Oh ja, die gereicht Ihnen zur Ehre.« Der Kommissar drückte mit einem mitleidigen Lächeln die Zigarette auf dem Teller aus.
»Niemand kann auf mein Grab schreiben, ich sei ein Opportunist gewesen … wie dieser Verräter Malaparte.«
»Wenn Sie so weitermachen, fange ich gleich an zu heulen.«
»Sie wissen doch besser als ich, wie viele, die nach dem Krieg Antifaschisten waren, vorher dem Duce um die Beine gestrichen sind.« Gattacci war sichtlich nervös, und seine Augen bewegten sich
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