Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
kann man die Blutgruppe bestimmen, und im Darmtrakt des Opfers habe ich drei verschiedene entnehmen können. Aber wenn ihn zehn Männer mit derselben Blutgruppe vergewaltigt hätten, würde man auch nur eine einzige feststellen können. Deswegen habe ich mindestens gesagt …«
»Mindestens drei haben ihn vergewaltigt«, sagte Casini zu Pi ras und bedeckte dabei kurz die Sprechmuschel. Der Sarde schüttelte angewidert den Kopf.
»Noch etwas?«, fragte der Kommissar Diotivede.
»Eine Abschürfung an der Stirn, ein Hämatom am Knie, eine tiefe Wunde am rechten Schenkel, die ihm nach dem Tod beigebracht wurde und sicher von dem Spaten stammt, mit dem man ihn begraben hat. Unter den Fingernägeln habe ich Teppichfasern und eine beträchtliche Menge Verputz gefunden, als ob er mit den Händen an einer Mauer gekratzt hätte.«
»Kann das nicht bei ihm zu Hause passiert sein?«
»Sicher … wenn sein Vater ein Werwolf ist.«
»Was willst du damit sagen?«
»Nur große Angst kann solche Spuren erklären. Seine Fingernägel waren gesplittert.«
»Wie in den Gaskammern …«, meinte Casini leise. Er erinnerte sich noch an die Filme von Auschwitz, wo man an der geschwärzten Mauer die Kratzspuren der sterbenden Juden sehen konnte.
»Das Beste kommt noch.« Diotivede seufzte.
»Sag schon.«
»Er hat deutliche Spuren von Morphin im Blut.«
»Sie haben ihn unter Drogen gesetzt …«
»Das habe ich gerade gesagt.«
»Entschuldige, ich habe mit Piras gesprochen.«
»Das war alles«, sagte der Arzt.
»Wenn wir wenigstens wüssten, in welchem Haus wir nach Kratzspuren suchen sollen …«
»Ich schicke dir den Bericht noch im Lauf des Tages vorbei.«
»Wir sollten davon besser nichts gegenüber der Presse oder irgendjemand anderem verlauten lassen.«
»Von hier erfährt niemand etwas, es sei denn, die Toten fangen plötzlich zu reden an«, sagte der Arzt. Sie verabschiedeten sich mit einer Art Grunzen, und Casini ließ den Hörer auf die Gabel fallen.
»So ein verdammter Mist …«, flüsterte er und presste die Hände auf die Augen. Er wiederholte Piras alles, was er von dem Gerichtsmediziner erfahren hatte, einschließlich der Sache mit der Samenflüssigkeit und den Blutgruppen.
»Eine Bande von Perversen«, stieß der Sarde nachdenklich zwischen den Zähnen hervor. War es einfacher, einen verrückten Einzeltäter zu finden oder eine Gruppe von Wüstlingen? Er wusste es nicht. Der Kommissar drückte seine Kippe im Aschenbecher aus, er war enttäuscht.
»Das alles bringt doch nichts, wenn wir keinen Verdächtigen haben.«
»Vielleicht finden wir ihn ja«, sagte Piras, um sich selbst Mut zuzusprechen.
»Mach bitte das Fenster zu.« Casini ertrug es nicht mehr, wie ihm die feuchte Luft unter die Kleider fuhr. Der Sarde stand auf, und in dem Moment klingelte erneut das Telefon. Seufzend hob der Kommissar ab.
»Ja?«
»Bei dir war immer besetzt«, sagte Rosa.
»Hast du mit Amelia gesprochen?«
»Sie will dich auf keinen Fall sehen, aber ich konnte sie überreden, mit dir zu telefonieren.« Sie diktierte ihm die Nummer. Den ersten beiden Zahlen nach musste Amelia in der Gegend von San Gervasio wohnen. Der Kommissar dankte Rosa und legte auf. Obwohl er inzwischen keine Lust mehr dazu hatte, rief er Amelia sofort an. Er sagte ihr, dass der Junge tot aufgefunden worden war, und hörte sie aufseufzen.
»War es das, was Sie in den Karten gesehen haben?«
»Ja …«, sagte Amelia eingeschüchtert. Etwas verlegen fragte Casini sie, ob sie bereit wäre, in dieser Sache noch einmal die Karten zu befragen, um zu sehen, ob sich dabei etwas Nützliches für die Ermittlungen zeigen würde.
»Dottore, entschuldigen Sie bitte, aber vielleicht haben Sie nicht verstanden, was Tarot eigentlich ist«, sagte die Wahrsagerin mit matter Stimme.
»Es war ja nur ein Versuch …«
»Die Karten können nicht den Namen des Mörders verraten. Sie sehen nur das, was demjenigen zustoßen wird, der direkt vor mir sitzt.«
»Vielleicht könnte ich ja erfahren, ob es mir gelingt, den Schuldigen zu verhaften«, sagte Casini verlegen, weil Piras ihn beobachtete.
»Was geschehen soll, wird geschehen«, meinte die Wahrsagerin leise.
»Eben, vielleicht könnten Sie …«
»Ich bitte Sie, Dottore«, unterbrach ihn Amelia fast unhörbar.
»Wie Sie wollen, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie belästigt habe.«
»Ich kann Ihnen nicht helfen, glauben Sie mir.«
»Trotzdem vielen Dank.« Casini legte auf und lehnte sich zurück. In wenigen
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