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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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leicht mit dem Kopf.
    »Wohnst du hier in der Nähe?«, fragte ihn Casini väterlich.
    »Hast du eine Zigarette für mich? Hast du?«
    »Nein, tut mir leid.«
    »Im Wald sind die Seelen der Toten«, sagte der Mann und beschrieb mit einer Hand einen weiten Kreis.
    »Ja, ich habe sie gesehen …«
    »Riechst du den Gestank? Riechst du ihn?« Er sog die Luft witternd ein wie ein Tier.
    »Was für einen Gestank?«
    »Der Gestank von Bachicche …« Aufgeregt schaute der junge Mann über die Schulter des Kommissars. Casini wandte sich um und sah auf dem Weg langsam einen Mann mit einem Gewehr über der Schulter näher kommen.
    »Kennst du ihn?«, fragte er den Irren.
    »Bachicche … Bachicche …«, murmelte der junge Mann. Dann bekreuzigte er sich flüchtig und rannte so schnell er konnte in Richtung La Panca. Casini wartete, bis der Mann mit dem Gewehr herangekommen war, und nickte ihm einen Gruß zu.
    »Guten Tag.«
    »Salve«, sagte der Mann und blieb vor ihm stehen. Er musste ungefähr sechzig sein. Er war dünn, hatte einen kantigen Kopf, und sein Gesicht war wettergegerbt. Seine kleinen, wachen Augen wirkten wie kleine Steine, die man aus der Glut geholt hatte.
    »Nicht mal ein Spatz?«, fragte Casini und deutete auf den leeren Beutel am Gürtel des Mannes.
    »Ich habe keine Lust mehr aufs Schießen. Die ist mir schon vor Jahren vergangen.«
    »Warum nehmen Sie dann das Gewehr mit?«
    »Ich bin daran gewöhnt.« Der Mann zuckte mit den Achseln.
    »Gerade bin ich einem jungen Mann begegnet, der ein bisschen seltsam war«, meinte Casini, nur um etwas zu sagen.
    »Ich habe ihn gesehen, das ist Giuggiolo … Der ist nicht mehr ganz richtig im Kopf.«
    »Das habe ich bemerkt.«
    »Armer Junge, der hat als Kind etwas ganz Schlimmes erlebt.«
    »Was ist ihm denn zugestoßen?«
    »Das war vierundvierzig, kurz vor Weihnachten … Gehen Sie hinunter nach La Panca?«, fragte der Mann. Casini nickte, und sie machten sich gemeinsam auf den Weg. Der alte Mann schwieg und starrte ins Leere, als ob er die Erinnerungen erst zusammensuchen musste. Der Kommissar war begierig, die Geschichte von Giuggiolo zu erfahren, und wartete geduldig ab. Sie erreichten die große Eiche, die Casini jedes Mal gewaltiger vorkam. Unter ihren Ästen blieb der alte Mann stehen und sah hinauf. Einen davon starrte er ganz besonders an, einen langen, dicken Ast, der quer über den Weg hing.
    »Es ist genau hier passiert … Die Deutschen hatten in der Abtei ihren Stützpunkt, und tagsüber patrouillierten sie mit Hunden durch den Wald. Eines Morgens stießen sie auf den Müller, der einen Rucksack mit Brot bei sich trug, und sie begriffen, dass er es den Partisanen bringen wollte. Sie hängten ihn und seine ganze Familie mit hinter dem Rücken gefesselten Händen an dieser Eiche auf. Vater, Mutter und die drei Kinder. Und sie zwangen die Leute aus der Gegend, das mitanzusehen. Ich war auch dabei und erinnere mich noch wie heute. Die Frauen heulten sich die Seele aus dem Leib. Giuggiolo hängten sie dort auf, wo der große Astknoten ist. Er war damals acht Jahre alt. Sie hoben ihn bis zuletzt auf, und er musste zusehen, wie seine ganze Familie gehängt wurde. Zuerst der Vater, dann die Mutter, dann sein sechzehn Jahre alter Bruder und als Letztes die kleine Schwester von zehn. Und er sah, wie einer nach dem anderen aufhörte, mit den Füßen in der Luft zu zappeln. Dann kam er an die Reihe. Die Deutschen legten ihm eine Schlinge um den Hals und zogen ihn hoch. Giuggiolo trat stärker aus als die anderen, und als er sich nicht mehr bewegte, stimmten die Deutschen ein Lied an …«
    Casini betrachtete die riesigen schwarzen Äste der Eiche und konnte gar nicht anders, als fünf Leichen vor sich zu sehen, die sich im Wind bewegten.
    »Irgendwann riss Giuggiolos Seil, und er fiel hinunter. Mit gefesselten Händen rollte er ungefähr zwanzig Meter den Abhang runter. Die Deutschen waren überzeugt, dass er tot war, und gingen. Auch wir glaubten das, wir hatten ihn ja mit eigenen Augen sterben sehen. Und wir hatten nicht einmal den Mut, seine Leiche zu holen, um sie zu begraben, und kehrten in ohnmächtigem Zorn nach Hause zurück. Giuggiolo blieb zwei Tage und Nächte reglos liegen, und am dritten stand er wieder auf wie Christus … Aber sein Verstand war beim Teufel«, schloss der alte Mann. Casini schwieg, und in seinem Kopf verfolgten ihn die Bilder, die diese Geschichte heraufbeschworen hatte. Der Himmel war von riesigen, bleigrauen Wolken bedeckt, die wie

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