Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jane Beaufrand
Vom Netzwerk:
essen Käsesahne-Brownies, schlage ich vor
.

8
    Als ich nach unten kam, fand ich das Restaurant leer vor. Es war früher Nachmittag, die Mittagsgäste hatten sich also verzogen. Alle waren entweder auf den Pisten oder oben in ihrer Suite. Im Wohnzimmer saß nur ein Typ mit Gipsbein und spielte auf der Gitarre
Kumbaya
. Er hob kaum den Kopf, als ich hinunterkam. Wenn er nicht nach mir Ausschau hielt, war er wohl auch nicht mein Besucher, oder?
    Ich beschloss, zur Informationszentrale – in die Küche – zu gehen, um herauszufinden, ob mir dort jemand etwas über die Identität und den Verbleib meines geheimnisvollen Besuchers verraten konnte.
    Gloria Inez war bei den Vorbereitungen fürs Abendessen und hackte am Arbeitstisch Schalotten.
    »Hallo«, sagte ich. »Weißt du, wer nach mir gesucht hat?«
    Sie schaute kurz hoch und mir fiel die Ähnlichkeit zwischen Mutter und Sohn auf.
    Gloria Inez war zwar viel kleiner als Tomás, doch sie hatte die gleichen glänzenden Wimpern und hervorspringenden Wangenknochen. Und lange schwarze Haare, die sich sogar geflochten noch bis unter den Po schlängelten.
    Sie schüttelte den Kopf. »Hast du Hunger,
m’hija?
« Sie redete Spanglisch mit mir, neunzig Prozent Englisch, Kosenamen und Schimpfwörter auf Spanisch. Tomás sprach dieselbe Mischung, wenn auch mit mehr Schimpfwörtern.
    »Nein danke«, sagte ich.
    »Wirklich nicht?« Sie wies mit dem riesigen Messer in ihrer Hand auf die Warmhalteplatte, auf der das abgekühlte Gebäck von heute Morgen lag. »Es gibt Monsterkekse.« Ich folgte ihrer Hand. Ein paar Brioches, ein oder zwei Stücke bretonischer Pflaumenkuchen und ah ja … Monsterkekse, so groß und rund wie Frisbeescheiben. Das war Gretchens und mein Beitrag zur Speisekarte des
Patchworks
, die Kreation eines späten Abends, als uns nach Herumalbern war und wir alles in die Rührschüssel warfen, was in Plätzchen hineinkonnte: M&Ms, Haferflocken, Toffees und Rosinen.
    Und dann fiel mir wieder ein, dass Gretchen und ich nicht die alleinigen Erfinder der Monsterkekse waren. Wir hatten Hilfe gehabt.

    Es ist Samstagmorgen. Gretchen und ich haben noch ein paar Stündchen Schlaf bekommen, nachdem wir bis spät in die Nacht in der Küche herumgealbert haben. Auf der Warmhalteplatte liegen die riesigen Plätzchen. Gestern Nacht haben wir sie nicht mehr probiert und jetzt trauen wir uns nicht. Irgendwie wollen wir gar nicht wissen, was wir da fabriziert haben
.
    Na los, drängelt Gretchen
.
    Die Plätzchen sehen aus wie eine Riesenschweinerei. Moms Fall wären sie ganz sicher nicht, egal wie sie schmecken, weil sie nicht telegen sind
.
    Du bist die Bäckerin, sage ich. Du zuerst
.
    Tomás kommt zur Küchentür herein. Schlafblind tappt er umher. Mit einer Sturmfrisur, die ihn wie einen verrückten Wissenschaftler aussehen lässt
.
    Na?, sagt Gretchen. Lust, unser Versuchskaninchen zu spielen?
    Er zuckt mit den Schultern und schürzt die Lippen. Tomás ist berüchtigt für seinen grenzenlosen Appetit
.
    Ich reiche ihm einen Keks. Er bricht eine Ecke ab und kaut. Gleich wissen wir, ob sie gut sind oder ob wir sie Stück für Stück an den Abfallzerkleinerer in der Spüle verfüttern sollen
.
    Und?, frage ich. Was meinste?
    Er scheint zu überlegen. Er schluckt. Er bricht einen in der Mitte durch und besieht sich das Innere
.
    Fehlen noch Zucchiniraspel, sagt er. Und macht dabei ein so ernstes Gesicht, dass ich erst gar nicht merke, dass das ein Witz war und die Plätzchen genießbar sind
.
    Gretchen räuspert sich. Iiisch glaube niiischt, sagt sie mit gespieltem französischem Akzent
.
    Und dann eine Seltenheit: Tomás lächelt. Seine Zähne sind blendend weiß. Wenn er sich bloß unter seiner Baseballkappe hervorlocken ließe, könnte man glatt mit ihm gehen. Jemand anders, meine ich. Nicht wir. Er hat uns ungeschminkt gesehen. Wir haben seinen grausamen morgendlichen Mundgeruch gerochen. Er gehört zur Familie
.
    Die Schwingtür geht auf und wieder zu
.
    Morgen, ihr Schluffis, sagt Karen und zieht ihren blauen Walmantel aus. Wo ist mein Croissant?
    Gretchen bietet ihr ein Stück Monsterkeks an. Hier, sagt sie. Was hältst du davon?
    Karen probiert, überlegt
.
    Tomás meint, es fehlen noch Zucchiniraspel, sage ich
.
    Der spinnt, sagt sie. Sie knabbert weiter, betrachtet den Rest der Frisbeescheibe. Schokoglasur und Gummiwürmer, sagt sie schließlich
.
    Gretchen und ich sehen uns an und Tomás zeigt sein blendend weißes Lächeln. Na klar. Das Problem ist nicht der

Weitere Kostenlose Bücher