Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
“In Anbetracht der Tatsache, dass
er
hier ist, kann mir das wohl niemand verdenken.”
Wie ein Peitschenschlag ließen seine Worte Magnus zusammenzucken. Es hatte sich also nichts geändert. Gar nichts. Er war umsonst hergekommen.
“Gunnar, was soll das?” Lars schüttelte den Kopf. “Magnus ist zurück. Ich dachte eigentlich, wir seien hier, um alte Feindseligkeiten zu begraben.”
“Nun, da hast du dich getäuscht. Ich bin hier, um die Formalitäten für den Verkauf von Majdal Slott endlich unter Dach und Fach zu bringen. Ansonsten will ich nichts mit ihm zu tun haben, ist das klar?”
“Gunnar!”
“Was willst du? Hast du ernsthaft geglaubt, ich würde ihm die Sache mit Sonja jemals verzeihen? Diese Person ist nicht mehr mein Bruder, schon seit mehr als zwei Jahren nicht mehr. Mein Hass auf ihn mag im Laufe der Zeit abgekühlt sein, nicht aber meine Verachtung.” Er wandte sich ab. “Also, was ist jetzt? Können wir langsam anfangen? Ich möchte diese leidige Geschichte so schnell wie möglich hinter mich bringen!”
Seine Schritte hallten, als er die Eingangshalle durchquerte. Lars machte Anstalten, ihn zurückzuhalten, doch Magnus schüttelte den Kopf. “Lass ihn. Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich kurz allein mit ihm rede?”
Zweifelnd runzelte Lars die Stirn. “Hältst du das wirklich für eine gute Idee?”
“Keine Ahnung”, antwortete Magnus ehrlich. “Aber ich muss endlich versuchen, mit ihm ins Reine zu kommen. Diese alte Geschichte belastet auch ihn noch immer, das spüre ich deutlich.”
Sein jüngster Bruder nickte. “Also gut.” Er seufzte. “Ich wünsche dir viel Glück. Weiß Gott, du kannst es brauchen.”
Der rote Salon war zu Lebzeiten von Magnus’ Eltern stets so etwas wie das Herzstück von Majdal Slott gewesen. In lauen Sommernächten hatte die ganze Familie auf der Terrasse und im Winter vor dem prasselnden Kaminfeuer beisammengesessen. Und zu Weihnachten, wenn der Christbaum, von Harald Persson und seinen drei Jungs im nahe gelegenen Wald geschlagen, in vollem Glanz erstrahlte und der Duft von Bratäpfeln und frisch gebackenen Plätzchen die Luft erfüllte, war dies ein Ort von ganz besonderer Magie gewesen.
Als Magnus den Salon jetzt betrat, war der Kamin kalt, und die kostbaren Antiquitäten seiner Mutter waren mit Decken verhängt. Trotzdem glaubte er, wenn er die Augen schloss, noch einen Hauch der Wärme zu fühlen, die dieses Zimmer früher erfüllt hatte. Ein schwaches Echo der Menschen, die hier einst lebten.
“Was willst du?” Gunnar drehte ihm den Rücken zu, sodass Magnus sein Gesicht nur als Reflexion in der Fensterscheibe sehen konnte. Doch die Feindseligkeit, die von seinem jüngeren Bruder ausging, war auch so deutlich zu spüren.
“Wir müssen miteinander reden.”
Gunnar lachte bitter auf. “Ich wüsste nicht, was es zwischen uns noch zu besprechen gäbe. Wenn das Schloss nicht wäre, hättest du dich von mir aus den Rest deines Lebens irgendwo am Ende der Welt verstecken können. Ich habe dir bereits vor zwei Jahren gesagt, wie ich zu dir stehe.”
“Ja, das stimmt. Aber du hast mir nie eine Chance gegeben, dir meine Sicht der Dinge zu schildern.”
“Was soll es da schon zu schildern geben? Du hast mit meiner Frau geschlafen.” Er drehte sich langsam um. “Ausgerechnet du, mein Bruder! Das werde ich dir nie verzeihen.”
“Aber so war es nicht!”, widersprach Magnus heftig. “Sonja hatte eine Affäre, das stimmt. Sie erzählte mir davon, in der Nacht, in der sie starb. Es war jemand, den sie von früher kannte.”
Gunnar schüttelte den Kopf. “Gib dir keine Mühe, ich kenne die Wahrheit!”
“Das denkst du vielleicht, aber ich habe Sonja niemals angerührt. Sie kam zu mir, weil sie jemanden zum Reden brauchte.”
“Dann hätte sie auch zu mir kommen können”, wandte Gunnar ein. “Immerhin war sie
meine
Frau!”
“Du warst viel zu sehr mit deiner Agentur beschäftigt, um zu merken, wie schlecht es Sonja ging. Trotzdem wollte sie versuchen, eure Ehe zu retten. Sie hat dich wirklich geliebt, Gunnar. Zu mir ist sie nur gekommen, um Rat zu suchen.”
“Es wundert mich nicht, dass du versuchst, dich aus der Affäre zu ziehen. Und dass es dir gelungen ist, dich mit Lars zu verbünden, ist ebenfalls keine Überraschung. Aber ich falle auf deine Lügen nicht herein!”
“Du solltest mich eigentlich besser kennen. Habe ich dich je belogen?”
Gunnar zögerte kurz. “Was weiß ich denn? Vielleicht hattest du einfach
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