Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
schaffen können, noch am selben Tag einen Flug nach London zu bekommen.
Das Herz wurde ihr mit jedem Schritt, den sie sich dem Abflugbereich näherte, schwerer. Sie wollte nicht weg aus Schweden, wollte Lillebom, Anni-Frid und die Fiskfabrik nicht verlassen. Und vor allem anderen sehnte sie sich nach Magnus, so sehr, dass es schon wehtat. Aber sie konnte nicht zu ihm zurück. Und wie sollte sie es aushalten, sich ständig in seiner Nähe aufzuhalten, ohne ihm je wirklich nah sein zu dürfen?
Sie liebte Magnus mehr, als sie in Worte fassen konnte. Nach Torben hatte sie etwas Derartiges nicht für möglich gehalten. Aber wie sie es auch drehte und wendete – für eine gemeinsame Zukunft gab es keine Aussichten. Jenny war nicht die einzige Frau in Magnus’ Leben, und unter diesen Umständen kam eine Beziehung für sie nicht infrage.
Als sie knapp zwanzig Minuten später im Flugzeug saß und die Lichter des Flughafens unter ihr immer kleiner wurden, schloss sie die Augen und atmete tief durch. In den kommenden Tagen und Wochen würde sie versuchen, nicht an Magnus zu denken. Sie musste ihn aus ihrem Gedächtnis streichen. Endgültig.
Aber ob ihr das je gelingen würde?
11. KAPITEL
“B ist du wegen der bevorstehenden Begegnung mit Gunnar so unruhig?” Lars saß hinter dem Steuer seines alten Saab und warf Magnus einen fragenden Blick zu. “Du wirkst bedrückt.”
In diesem Moment tauchten die ersten Umrisse des Landschlösschens seiner Familie vor ihnen auf. Es dämmerte bereits, und das zarte Gelb der Fassade erstrahlte im Feuer der Abendsonne.
Der Anblick raubte Magnus den Atem. Dies war das Heim seiner Kindheit. Der Ort, mit dem er die Erinnerung an viele endlose Sommer und klirrend kalte Winter verband. Sein Zuhause.
Majdal Slott.
Es war ein gutes Gefühl, wieder hier zu sein. Zugleich fragte er sich aber auch, ob er wirklich das Richtige tat. Nach dem Telefonat mit Anni-Frid war er kurz davor gewesen, Lars darum zu bitten, ihn nach Lillebom zurückzufahren. Aber sein jüngster Bruder hatte bereits ein kurzfristiges Treffen mit Gunnar auf Majdal Slott arrangiert, da dieser gerade dort war, um die letzten Renovierungsarbeiten zu überwachen. Auch seine Frau Louisa und die kleine Ann-Sofie waren mit angereist, da Herbstferien waren und die drei jede Zeit genossen, die sie gemeinsam verbringen konnten.
Er musste diese Sache hinter sich bringen. Für sich selbst, aber auch für die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft mit Jenny. Wenn es ihm gelang, sich endgültig von den Dämonen seiner Vergangenheit zu befreien, bestand vielleicht noch eine Chance. Und die würde er auf jeden Fall nutzen.
Kies knirschte unter den Rädern, als Lars seinen Wagen vor dem Hauptportal des Schlosses abstellte. Auf dem Platz neben ihnen stand ein schwarzer Sportwagen. Gunnar war also bereits eingetroffen.
“Bist du so weit?”
Magnus nickte, obwohl er sich nicht im Geringsten bereit fühlte. Aber wenn er tief in sich hineinhorchte, wusste er, dass er darauf lange warten konnte. Er musste da jetzt durch. Ganz gleich, wie dieser Tag auch enden mochte, er würde einen Neuanfang für ihn darstellen.
Einen Neuanfang mit Jenny, sofern das Schicksal es gut mit ihm meinte.
Tief atmete er durch, dann stieg er aus dem Wagen und ging gemeinsam mit Lars die Stufen der breiten Vordertreppe hinauf. Majdal Slott sah noch genauso aus wie beim letzten Mal, als er hier gewesen war – nein, sogar noch besser. Das Schloss erstrahlte im alten Glanz, wie zuletzt zu Lebzeiten seiner Eltern. Bei der Renovierung war ganze Arbeit geleistet worden.
Gerade als sie die letzte Stufe erreicht hatten, flammten die Lichter in der Eingangshalle auf, und die wuchtige Pforte wurde geöffnet. Ein hochgewachsener, dunkelhaariger Mann stand vor ihnen.
Gunnar.
Die Ähnlichkeit zwischen den drei Brüdern war auffallend, doch bei genauerer Betrachtung gab es durchaus kleine, aber entscheidende Unterschiede. Obgleich der Jüngste von ihnen, überragte Lars die beiden anderen um ein paar Zentimeter. Ihre Augen besaßen die verschiedensten Blaunuancen des Ozeans, jede für sich vollkommen einzigartig. Es war, als hätten drei verschiedene Künstler versucht, ein und dieselbe Person zu malen.
Lars trat auf Gunnar zu und klopfte ihm auf die Schulter. “
Hej
, Bruder. Ich bin froh, dass du ein wenig Zeit für uns gefunden hast. Wo hast du Louisa und Ann-Sofie gelassen?”
“Ich hielt es für besser, wenn die beiden im Hotel bleiben”, erwiderte Gunnar kühl.
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