Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
Anstalten, auszusteigen. Als sie merkte, dass Gunnar zögerte, legte sie ihm eine Hand auf den Arm. “Du bist sicher ziemlich nervös.”
“Was, wenn er gar nicht so begeistert ist, mich zu sehen, wie du annimmst?” Magnus atmete tief durch. “Aber es gibt wohl nur einen Weg, das herauszufinden.”
Ein kleines Glöckchen klingelte, als Katrina die Eingangstür der Galerie öffnete. “Lars”, rief sie. “Ich bin zurück und habe eine Überraschung mitgebracht.”
Magnus schluckte, als er die Stimme seines Bruders aus einem Hinterzimmer der Galerie hörte. Mit einem Mal war seine Kehle wie zugeschnürt.
“Endlich! Ich habe dich schon schrecklich vermisst, Liebes. Verrätst du mir jetzt endlich, wo du so dringend hinm…?”
Lars verstummte abrupt, als er aus dem Hinterzimmer trat und seinen älteren Bruder erblickte. “Magnus?” Er blinzelte irritiert. “Bist du das wirklich?”
“
Hej
, Lars.”
Für einen Moment herrschte angespanntes Schweigen, dann schüttelte Lars den Kopf, trat auf Magnus zu und schloss ihn in die Arme. “Verdammt, großer Bruder, wo hast du bloß gesteckt?”
Eine Stunde später saßen Lars und Magnus in einem kleinen Café an der Hauptstraße zusammen. Katrina hatte sich entschuldigt, damit sie in Ruhe miteinander reden konnten.
“Ich kann gar nicht fassen, dass du tatsächlich hier bist.” Lars trank von seinem Kaffee. “Ich habe so lange nach dir gesucht, ohne auch nur die kleinste Spur von dir zu finden. Nicht einmal der Privatdetektiv, den ich engagiert hatte, konnte mir helfen. Wo hast du bloß gesteckt?”
“Ich habe meinen Namen geändert und eine Werft auf einer kleinen Schäreninsel draußen an der Küste übernommen. Einfache Segelboote, hin und wieder einmal eine Segeljacht. Nichts allzu Großes.” Magnus lächelte unsicher. “Ich habe mich immer schon für Boote interessiert, wie du weißt. Darum dachte ich, wenn ich schon einmal ganz von vorn anfange …”
“Das ist noch so ein Thema. Ich verstehe immer noch nicht, warum du damals einfach abhauen musstest. Wieso bist du nicht zu mir gekommen? Wir konnten doch sonst immer über alles reden.”
“Früher, ja.” Magnus atmete tief durch. “Aber durch Sonjas Tod hat sich einiges verändert.”
“So ein Unfug, du warst schließlich nicht schuld an dieser Tragödie. Du hast getan, was du konntest, um das Unglück zu verhindern.”
“Ich weiß, und ich fühle mich deswegen auch schon lange nicht mehr schuldig. Da war etwas anderes, mit dem ich einfach nicht mehr umgehen konnte. Gunnar glaubte … Er dachte, Sonja und ich …”
“Dass ihr ein Verhältnis miteinander hattet?” Lars schüttelte ungläubig den Kopf. “Deshalb bist du weggegangen? Ach, Magnus, was bist du nur für ein Dummkopf gewesen? Ich sag dir was: Wir hätten diese Sache schon irgendwie aus der Welt geschafft. Ich habe sowieso nie daran geglaubt, dass du so etwas tun würdest, und es wäre uns bestimmt gelungen, auch Gunnar davon zu überzeugen. Dein plötzliches Verschwinden hingegen wertete er als Eingeständnis deiner Schuld.”
Magnus schluckte. “Ich hatte ja keine Ahnung, dass … Ich dachte, es wäre für uns alle besser, wenn ich fortginge. Für mich, aber vor allem auch für Gunnar und dich.”
“Ich kann natürlich nicht für andere sprechen, aber auf meine Gefühle hättest du wirklich keine Rücksicht nehmen müssen. Und ich glaube, ehrlich gesagt, auch nicht, dass du Gunnar mit deiner selbstlosen Tat einen großen Gefallen getan hast.” Lars lächelte traurig. “Aber so warst du schon immer, Bruderherz. Du opferst dich für andere auf und vergisst dein eigenes Wohl darüber.”
“Ich wollte nur helfen”, protestierte Magnus energisch. “Du kannst nicht bestreiten, dass alle mit ihren Problemen immer zu mir kamen. Ich war so etwas wie die Schulter zum Ausweinen für jedermann. Und nach der Sache mit Sonja wurde mir klar, wohin meine Hilfsbereitschaft mich geführt hat. Am Ende stand ich ganz allein da. Ich frage dich: Wer ist zu mir gekommen, als ich Hilfe brauchte?”
Lars fuhr sich mit der Hand durchs Haar – eine Geste, die Magnus sehr an sich selbst erinnerte. “Vielleicht hast du recht”, sagte er schließlich. “Wahrscheinlich hätten wir merken müssen, wie sehr du leidest. Aber sieh es doch einmal so: Du warst für uns immer der tapfere, unerschütterliche Magnus. Wie ein Fels in der Brandung. Nichts konnte dich umwerfen.” Er lächelte. “Und was die Tatsache anbelangt, dass dich immer alle
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