Dunkler Dämon
freut mich, dass du einfach so vorbeigekommen bist.«
»So sollte es sicherlich auch sein«, antwortete ich.
Sie legte den Kopf auf die Seite und sah mich komisch an. »Hattest du einen schweren Tag?«
»Einen furchtbaren Tag«, sagte ich und trank einen Schluck. »Ich musste einen schlimmen Typen laufen lassen. Einen wirklich schlimmen Typen.«
»Oh.« Sie runzelte die Stirn. »Warum hast – ich meine, konntest du nicht einfach …«
»Das wollte ich«, sagte ich. »Aber ich durfte nicht.« Ich prostete ihr mit der Bierdose zu. »Politik.« Ich trank einen Schluck.
Rita schüttelte den Kopf. »Ich kann mich einfach nicht an den Gedanken gewöhnen, dass – ich meine, von außen wirkt alles so eindeutig – man findet die bösen Jungs und sperrt sie ein. Aber Politik? Ich meine, bei – was hat er getan?«
»Er hat geholfen, ein paar Kinder umzubringen«, sagte ich.
»Oh«, sagte sie und wirkte schockiert. »Mein Gott, da musst du doch etwas tun können.«
Ich lächelte sie an. Teufel noch mal, sie hatte sofort begriffen. Was für ein Mädel. Hab ich’s nicht gesagt, ich erkenne die Richtige sofort. »Damit hast du den Finger direkt in die Wunde gelegt«, erwiderte ich und nahm ihre Hand, um besagten Finger zu betrachten. »Es gibt etwas, das ich tun kann. Und zwar sehr gut.« Ich tätschelte ihre Hand, wobei ich nur wenig Bier verschüttete. »Ich wusste, dass du mich verstehen würdest.«
Sie sah ein wenig verwirrt aus. »Oh«, sagte sie. »Was … Ich meine … Was wirst du unternehmen?«
Ich trank einen Schluck. Warum sollte ich es ihr nicht erzählen? Es war offensichtlich, dass sie mein Konzept erfasst hatte. Warum nicht? Ich öffnete den Mund, aber ehe ich auch nur ein Wort über den Dunklen Passagier und mein harmloses Hobby verlieren konnte, stürzten Astor und Cody ins Zimmer, erstarrten bei meinem Anblick und standen dann da und sahen von ihrer Mutter zu mir.
»Hi, Dexter«, sagte Astor. Sie stupste ihren Bruder an.
»Hi«, sagte er leise. Er war kein großer Redner. Eigentlich sagte er nie besonders viel. Armes Kind. Die ganze Sache mit seinem Vater hatte ihn wirklich verstört. »Bist du betrunken?«, fragte er mich. Für ihn eine lange Rede.
»Cody!«, sagte Rita. Mutig bedeutete ich ihr zu schweigen und nahm es mit ihm auf.
»Betrunken?«, fragte ich. »Ich?«
Er nickte. »Ja.«
»Gewiss nicht«, erwiderte ich fest und zeigte ihm mein bestes würdevolles Stirnrunzeln. »Möglicherweise ein wenig beschwipst, aber das ist ganz und gar nicht dasselbe.«
»Oh«, sagte er, und seine Schwester fiel ein. »Bleibst du zum Abendessen?«
»Oh, vermutlich sollte ich lieber aufbrechen«, antwortete ich, aber Rita legte mir eine überraschend feste Hand auf die Schulter.
»In diesem Zustand fährst du nirgendwohin«, erklärte sie.
»Was für ein Zustand?«
»Beschwipst«, sagte Cody.
»Ich bin nicht beschwipst«, sagte ich.
»Du hast gesagt, du wärst es«, erwiderte Cody. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich ihn das letzte Mal sechs zusammenhängende Worte hatte sprechen hören, und ich war sehr stolz auf ihn.
»Hast du«, stimmte Astor zu. »Du hast gesagt, du wärst nicht betrunken, nur ein wenig beschwipst.«
»Das habe ich gesagt?« Die beiden nickten. »Oh. Na dann …«
»Na dann«, fiel Rita ein, »nehme ich an, dass du zum Essen bleibst.«
Na dann. Ich schätze, das tat ich. Ich bin jedenfalls ziemlich sicher, dass ich das tat. Ich weiß genau, dass ich irgendwann zum Kühlschrank gegangen bin, um ein LITE BEER zu holen, und entdeckte, dass keins mehr da war. Und irgendwann später saß ich wieder auf dem Sofa. Der Fernseher lief, und ich versuchte herauszufinden, worüber die Schauspieler redeten und warum ein unsichtbares Publikum es für den komischsten Dialog aller Zeiten hielt.
Rita glitt neben mich auf das Sofa. »Die Kinder sind im Bett«, sagte sie. »Wie geht es dir?«
»Wunderbar«, antwortete ich. »Wenn ich nur rausfinden könnte, was so komisch ist.«
Rita legte ihre Hand auf meine Schulter. »Es nimmt dich wirklich mit, nicht? Den schlimmen Typen laufen zu lassen. Kinder …«
Sie rückte näher und schlang ihren Arm ganz um mich herum, ihr Kopf ruhte an meiner Schulter. »Du bist so ein guter Mann, Dexter …«
»Nein, bin ich nicht«, sagte ich, während ich mich fragte, warum sie etwas so Seltsames behauptete.
Rita setzte sich auf und schaute von meinem linken in mein rechtes Auge und wieder zurück. »Aber das bist du, du WEISST , dass du
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