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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Stimme »Bein« und sah uns mit einem Ausdruck an, der bei jemandem, der in der Lage war, Gefühle zu zeigen, fast Triumph hätte sein mögen. Und wenn auf der gestrichelten Linie unter dem Galgen endlich das buchstabierte Wort stand, betrachteten die beiden den Gehängten voller Zufriedenheit, und ein- oder zweimal sagte Cody sogar: »Tot«, bevor Astor auf und ab sprang und rief: »Wieder Dexter! Ich bin dran!«
    Alles sehr idyllisch. Unsere perfekte vierköpfige Familie: Rita, Kinder und Ungeheuer. Aber gleichgültig, wie viele Strichmännchen wir exekutierten, es änderte nichts an meinem Gefühl, dass die Zeit rasend den Abfluss hinuntergurgelte. Bald würde ich ein weißhaariger alter Mann sein, zu zittrig, ein Messer zu erheben, während ich durch meine grauenerregend gewöhnlichen Tage humpelte, die von einem uralten Sergeant Doakes und dem Gefühl verpasster Gelegenheiten überschattet wurden.
    Solange ich keinen Ausweg fand, steckte ich ebenso fest in der Schlinge wie Astors und Codys Strichmännchen. Sehr deprimierend, und beschämt muss ich zugeben, dass ich beinahe die Hoffnung verloren hätte, was mir niemals passiert wäre, wenn ich mich an eine einzige bedeutsame Tatsache erinnert hätte.
    Dies war Miami.

[home]
    7
    S elbstverständlich war es nicht von Dauer. Ich hätte wissen müssen, dass dieser unnatürliche Zustand nicht anhalten konnte, der natürlichen Ordnung der Dinge weichen musste. Immerhin lebte ich in einer Stadt, in der das Chaos wie Sonnenschein stets direkt hinter der nächsten Wolke lauerte. Drei Wochen nach meiner ersten beunruhigenden Begegnung mit Sergeant Doakes brach die Wolkendecke endlich auf.
    Eigentlich war es ein glücklicher Zufall – nicht ganz das fallende Klavier, auf das ich gehofft hatte, aber dennoch ein glücklicher Zufall. Ich aß mit meiner Schwester Deborah zu Mittag. Verzeihung, ich hätte sagen sollen, SERGEANT Deborah. Wie ihr Vater Harry war Deborah Polizistin. Als erfreuliche Folge der zurückliegenden Ereignisse war sie endlich befördert worden. Man hatte sie aus den Nuttenklamotten gepellt, die der Dienst bei der Sitte ihr aufgezwungen hatte, sie aus ihrer Straßenecke gescheucht und ihr höchstpersönlich Sergeantenstreifen verpasst.
    Eigentlich hätte sie zufrieden sein müssen. Schließlich hatte sie immer geglaubt, dass es das war, was sie wollte; ein Ende ihrer Amtszeit als vorgebliche Nutte. Jede junge und einigermaßen attraktive Polizistin bei der Sitte fand sich früher oder später als Ködernutte in einer Operation gegen die illegale Prostitution wieder, und Deborah war sehr attraktiv. Aber ihre üppige Figur und ihre frische Schönheit hatten meiner Schwester außer Verlegenheit nie etwas eingebracht. Sie hasste es, Kleidung zu tragen, die auch nur andeutungsweise etwas von ihren physischen Vorzügen enthüllte, und in Hotpants und Schlauchtops auf der Straße zu stehen hatte für sie die schiere Qual bedeutet. Ihre Stirnfalten hatten gedroht, nie wieder zu verschwinden.
    Da ich ein unmenschliches Ungeheuer bin, neige ich zu logischem Denken, und so hatte ich angenommen, dass der neue Dienstgrad ihr Märtyerdasein als Unsere Liebe Frau der Immerwährenden Grantigkeit beenden würde. Aber ach, selbst die Versetzung zur Mordkommission hatte es nicht vermocht, ein Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern. Irgendwann im Verlauf ihrer Karriere hatte sie beschlossen, dass seriöse Mitarbeiter der Ermittlungsbehörden ihre Gesichter überarbeiten mussten, bis sie großen, bösartigen Fischen ähneln, und daran arbeitete sie noch immer sehr hart.
    Wir waren zusammen in ihrem Dienstwagen hergefahren, ein weiterer Vorteil ihrer Beförderung, der einen kleinen Sonnenstrahl in ihr Leben hätte werfen sollen. Es schien nicht so. Ich fragte mich, ob ich mir Sorgen um sie machen sollte. Ich musterte sie, als ich in eine Nische des Cafés Relampago glitt, unseres kubanischen Lieblingsrestaurants. Sie gab per Funk ihren momentanen Standort durch und saß mir dann stirnrunzelnd gegenüber.
    »Nun, Sergeant Zackenbarsch!«, sagte ich, als wir die Speisekarten aufschlugen.
    »Soll das lustig sein, Dexter?«
    »Ja«, erwiderte ich. »Sehr lustig. Und auch ein wenig traurig. Wie das Leben selbst. Besonders dein Leben, Deborah.«
    »Fick dich, Charlie«, sagte sie. »Mein Leben ist prima.« Und um das zu beweisen, bestellte sie ein Sandwich
medianoche,
das Beste in Miami, und einen
batida de mamey,
einen Milchshake aus einer einzigartigen tropischen Frucht, die nach

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