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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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die Menschheit.
    Ich sah zur Uhr auf meinem Schreibtisch. 17:32 Uhr; in wenigen Minuten würde Rita von ihrer Arbeit bei der Fairchild Title Agency zurück sein, wo sie etwas sehr Kompliziertes tat, was unter anderem mit Bruchteilen von Prozentpunkten zu tun hatte. Bis ich bei ihr war, sollte sie eigentlich zu Hause sein.
    Mit einem fröhlichen synthetischen Lächeln trat ich aus der Tür, winkte Doakes zu und fuhr zu Ritas bescheidenem Haus in South Miami. Der Verkehr war nicht allzu schlimm, keine tödlichen Unfälle, keine Schießereien, und nach knapp zwanzig Minuten parkte ich meinen Wagen vor Ritas Bungalow. Sergeant Doakes fuhr bis zum Ende der Straße, und als ich an die Tür klopfte, hatte er dort geparkt.
    Die Tür schwang auf, und Rita starrte mich an. »Oh«, sagte sie. »Dexter.«
    »Höchstpersönlich«, erwiderte ich. »Ich war in der Gegend und wollte schauen, ob du schon zu Hause bist.«
    »Nun, ich – ich bin gerade erst gekommen. Ich sehe bestimmt furchtbar aus … Äh, komm doch rein. Möchtest du ein Bier?«
    Bier; was für ein Gedanke. Ich rühre das Zeug nie an – und doch, es war so erstaunlich normal, so perfekt nach-der-Arbeit-zur-Freundin, dass selbst Doakes beeindruckt sein musste. Es klang genau richtig. »Furchtbar gern«, sagte ich und folgte ihr in die relative Kühle des Wohnzimmers.
    »Setz dich doch«, sagte sie. »Ich geh mich nur eben ein bisschen frisch machen.« Sie lächelte mich an. »Die Kinder sind draußen im Garten, aber wenn sie mitkriegen, dass du hier bist, fallen sie bestimmt sofort über dich her.« Und sie rauschte hinaus und durch die Diele und kehrte einen Augenblick später mit einer Dose Bier zurück. »Ich bin sofort wieder da«, sagte sie und verschwand in ihrem Schlafzimmer.
    Ich saß auf dem Sofa und betrachtete das Bier in meiner Hand. Ich bin kein Trinker – ehrlich, Alkoholgenuss ist nicht sonderlich empfehlenswert für Raubtiere. Er verlangsamt die Reflexe, dämpft die Wahrnehmung und entwirrt des Grams verworrenes Gespinst, was ich immer für eine schlechte Idee gehalten habe. Aber hier saß ich, ein Dämon im Urlaub, und versuchte, das höchste Opfer zu bringen, indem ich meine Kräfte verleugnete und menschlich wurde. Deshalb war ein Bier genau das Richtige für den dauernüchternen Dexter.
    Ich trank einen Schluck. Es schmeckte bitter und dünn, genau wie ich werden würde, wenn ich den Dunklen Passagier noch lange auf dem Rücksitz angurten musste. Nun, ich vermute, an den Geschmack von Bier muss man sich erst gewöhnen. Ich trank einen weiteren Schluck. Ich konnte spüren, wie er hinabrauschte und in meinen Magen platschte, und mir fiel ein, dass ich heute wegen der ganzen Aufregung und dem Stress noch nichts gegessen hatte. Ach, zum Teufel damit – es war nur alkoholarmes Bier; oder, wie die Dose stolz verkündete, LITE BEER . Ich denke, wir alle sollten dankbar sein, dass sie nicht noch eine Möglichkeit gefunden haben, Bier witzig zu buchstabieren.
    Ich trank einen großen Schluck. Es war wirklich gar nicht so übel, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hatte. Menschenskind, es war WIRKLICH entspannend. Ich wurde auf jeden Fall mit jedem Schluck ruhiger. Ein weiterer erfrischender Schluck – ich konnte mich nicht erinnern, dass es schon so gut geschmeckt hatte, als ich es auf dem College probierte. Selbstverständlich war ich damals nur ein Junge gewesen, nicht der männliche, reife, hart arbeitende, aufrechte Bürger von heute. Ich kippte die Dose, aber es kam nichts mehr heraus.
    Nun – irgendwie hatte ich die Dose geleert. Und ich war immer noch durstig. Konnte diese unerfreuliche Situation wirklich akzeptiert werden? Meiner Meinung nach nicht. Absolut inakzeptabel. Ich hatte nicht vor, sie zu akzeptieren. Ich stand auf und begab mich fest und ohne zu zaudern in die Küche. Im Kühlschrank standen mehrere Dosen LITE BEER , und ich nahm eine mit zurück zum Sofa.
    Ich setzte mich. Ich öffnete das Bier. Ich trank einen Schluck. Schon besser. Doakes konnte mir gestohlen bleiben. Vielleicht sollte ich ihm ein Bier bringen. Es könnte ihn entspannen, ihn locker machen, so dass er das Ganze abblies. Immerhin standen wir auf derselben Seite, oder nicht?
    Ich trank. Rita kehrte zurück. Sie trug Jeansshorts und ein weißes ärmelloses T-Shirt mit einem Satinschleifchen am Ausschnitt. Ich muss zugeben, dass sie sehr nett aussah. Im Tarnungwählen war ich wirklich gut. »Nun«, sagte sie, als sie neben mich auf das Sofa glitt. »Es

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