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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Auffallende war eine achtzehnmonatige Dienstzeit in einem »Sonderkommando«. Doakes hatte sie als militärischer Berater in El Salvador verbracht und nach seiner Rückkehr sechs Monate in Washington gedient, bevor er sich dann in unsere glückliche Stadt zurückzog. Die Polizei von Miami war hocherfreut gewesen, einen so hochdekorierten Veteranen einzusacken, und hatte ihm eine einträgliche Stellung angeboten.
    Doch El Salvador – ich war kein Experte für Geschichte, aber ich meinte mich zu erinnern, dass es eine Art Horrorshow gewesen war. Zu jener Zeit hatten Protestkundgebungen auf der Brickell Avenue stattgefunden. Ich wusste nicht mehr, warum, aber ich wusste, wie ich es herausfinden konnte. Ich heizte meinem PC nochmals ein, und, du meine Güte, ich fand es. Zu der Zeit, als Doakes sich dort aufgehalten hatte, war El Salvador ein wahrer Affenzirkus von Folter, Vergewaltigung, Mord und Verrat gewesen. Und niemand hatte daran gedacht, mich einzuladen.
    Ich fand eine Menge unterschiedlicher Informationen, die von Menschenrechtsorganisationen eingestellt worden waren. Was sie über die damaligen Vorgänge zu sagen hatten, klang äußerst ernst, sogar ziemlich alarmierend. Doch soweit ich das beurteilen konnte, waren ihre Proteste erfolglos verhallt. Schließlich ging es nur um Menschenrechte. Es muss schrecklich frustrierend sein; Tierschützer erzielen wesentlich bessere Resultate. Die armen Seelen hatten geforscht und ihre Ergebnisse veröffentlicht, mit allen Einzelheiten über Vergewaltigungen, Elektroden und Viehtreiber, komplett mit Fotos, Diagrammen und den Namen der grauenhaften unmenschlichen Ungeheuer, die in dieser Folterung der Massen geschwelgt hatten. Und die besagten grauenhaften unmenschlichen Ungeheuer setzten sich in Südfrankreich zur Ruhe, während der Rest der Welt Restaurants wegen der Misshandlung von Hühnern boykottierte.
    Das machte mir Hoffnung. Falls ich jemals gefasst werden sollte, konnte ich vielleicht einfach gegen Milchprodukte protestieren und würde wieder freigelassen.
    Die Namen und historischen Einzelheiten El Salvadors sagten mir wenig. Genauso wenig wie die betroffenen Organisationen. Anscheinend hatte es sich zu einer jener wunderbaren Freizonen entwickelt, in denen es keine guten Jungs gab, sondern nur diverse Banden böser Buben, und dazwischen gefangen die
campesinos
. Die Vereinigten Staaten hatten einer der Seiten verdeckt Unterstützung gewährt, ungeachtet der Tatsache, dass diese Mannschaft ebenso scharf darauf schien, verdächtige arme Menschen zu Brei zu schlagen.
    Und diese Seite erregte meine Aufmerksamkeit. Etwas hatte die Waagschalen zu ihren Gunsten verschoben, eine schreckliche Drohung, die nicht näher erläutert wurde, etwas, das offensichtlich so grauenvoll war, dass die Menschen voller Sehnsucht eines Viehtreibers im Anus gedachten.
    Was immer es war, es schien mit der Zeitspanne von Sergeant Doakes’ Sonderkommando zusammenzufallen.
    Ich lehnte mich in meinem Drehstuhl zurück. Nun, nun, nun, dachte ich. Was für ein interessantes Zusammentreffen. Ungefähr in den gleichen Zeitraum fielen: Doakes, grauenhafte namenlose Folter und die heimliche Einmischung der USA . Natürlich existierte kein Beweis, dass diese drei Dinge irgendwie miteinander verknüpft waren, kein Anlass, irgendeine Verbindung zu vermuten. Genauso natürlich war ich mir vollkommen sicher, dass es sich um drei Erbsen in derselben Schote handelte. Denn rund zwanzig Jahre später hatten sie sich zu einer kleinen Wiedersehensfeier in Miami versammelt: Doakes, Chutsky und derjenige, der das Ding auf dem Tisch hinterlassen hatte. Es sah so aus, als würde Schlaufe A doch noch durch Schlitz B passen.
    Ich hatte mein loses Ende gefunden. Und wenn mir jetzt noch eine Möglichkeit einfiele, daran zu ziehen …
    Kuckuck, Albert!
     
    Selbstverständlich ist es das eine, verwendbare Informationen zu besitzen. Wissen, was sie bedeuten, und sie zu nutzen ist eine ganz andere Geschichte. Und eigentlich wusste ich nur, dass Doakes dort gewesen war, als sich schlimme Dinge ereigneten. Er hatte sie vermutlich selbst getan, und auf jeden Fall waren sie von der Regierung abgesegnet. Heimlich, selbstverständlich – was die Frage aufwarf, warum dann jeder darüber Bescheid wusste.
    Andererseits gab es dort draußen mit Sicherheit jemanden, der das Geheimnis weiter wahren wollte. Und im Augenblick wurde dieser Jemand von Chutsky vertreten – der von meiner lieben Schwester Deborah begleitet wurde.

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