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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Art Dinge macht den größten Teil meiner Arbeit aus und ist extrem unerfreulich. Es kreist einfach so viel Blut in zwei Menschen, und wenn jemand beschließt, es in einem Schwung abzulassen, ist die Folge eine schreckliche und unschöne Sauerei, die ich von Herzen verabscheue. Bei der Bestimmung und Analyse geht es mir dann schon viel besser, und gelegentlich kann meine Arbeit zutiefst befriedigend sein.
    Aber hier handelte es sich um eine echte Sauerei. Ich hatte auf dem Deckenventilator Blutspuren entdeckt, die höchstwahrscheinlich von der Machetenklinge stammten, da der Killer zwischen den Hieben den Arm hochgerissen hatte. Und da der Ventilator lief, verspritzte er das Blut bis in die äußersten Ecken des Zimmers.
    Es war ein geschäftiger Tag für Dexter gewesen. Ich versuchte gerade, einen Absatz meines Berichts ordentlich zu formulieren, in dem ich darauf hinwies, dass es sich um das handelte, was wir gerne ein »Verbrechen aus Leidenschaft« nennen, als das Telefon klingelte.
    »Hi, Dex«, sagte eine Stimme, und sie klang so entspannt, ja schläfrig, dass ich einen Moment brauchte, ehe ich Deborah erkannte.
    »Nun«, sagte ich. »Die Gerüchte über deinen Tod waren übertrieben.«
    Sie lachte, und wieder war der Klang geradezu schmelzend, ganz und gar nicht wie ihr übliches schroffes Kichern. »Ja«, erwiderte sie. »Ich lebe noch. Aber Kyle hat mich ganz schön auf Trab gehalten.«
    »Erinnere ihn an die Arbeitnehmerrechte, Schwesterherz. Selbst Sergeants brauchen Pausen.«
    »Mmm, davon weiß ich nichts«, sagte sie. »Mir geht’s prima ohne.« Und sie lachte, ein kehliges, perlendes Lachen, das so untypisch für Deb war, als hätte sie mich gebeten, ihr die beste Art zu zeigen, ein lebendes menschliches Wesen aufzuschlitzen.
    Ich versuchte mich daran zu erinnern, wann Deb das letzte Mal behauptet hatte, es ginge ihr prima, und gleichzeitig so geklungen hatte, als sei es ihr Ernst. Mir fiel nichts ein. »Du klingst gar nicht wie du selbst, Deborah«, sagte ich. »Was um Himmels willen ist in dich gefahren?«
    Dieses Mal lachte sie länger, aber genauso glücklich. »Das Übliche«, meinte sie. Und lachte dann wieder. »Aber egal, was gibt’s?«
    »Ach, eigentlich nichts«, sagte ich in aller Unschuld. »Meine einzige Schwester verschwindet tagelang ohne ein einziges Wort und taucht dann wieder auf und klingt, als sei sie den
Sergeants von Stepford
entsprungen. Also bin ich natürlich neugierig, was zum Teufel los ist, das ist alles.«
    »Ach so«, sagte sie. »Ich bin gerührt. Es ist fast, als hätte ich einen echten Menschen zum Bruder.«
    »Wir wollen hoffen, dass es beim fast bleibt.«
    »Was hältst du davon, wenn wir zusammen zu Mittag essen?«, fragte sie.
    »Ich hab schon Hunger«, sagte ich. »Relampago?«
    »Hm, nein«, sagte sie. »Wir wäre es mit dem Azul?«
    Ich nehme an, ihre Restaurantwahl war genauso sinnvoll wie alles andere an diesem Morgen, also gar nicht. Deborah war eine Kantinenesserin und das Azul ein Restaurant, in dem die saudischen Hoheiten speisten, wenn sie in der Stadt weilten. Offensichtlich hatte sie ihre Transformation zur Außerirdischen abgeschlossen.
    »Na klar, Deb. Azul. Ich verkauf nur eben schnell mein Auto, damit ich die Rechnung bezahlen kann, und treff dich dann dort.«
    »Ein Uhr«, sagte sie. »Und mach dir keine Gedanken ums Geld. Kyle wird die Rechnung übernehmen.« Sie legte auf. Ich sagte nicht wirklich AHA ! Aber mir ging ein kleines Licht auf.
    Kyle würde bezahlen, nicht wahr? So, so. Und sogar im Azul.
    Falls das glitzernde Talmi von South Beach der Teil Miamis ist, der für unsichere Möchtegernprominente geschaffen wurde, so ist das Azul für Menschen, die den ganzen Glamour amüsant finden. Die kleinen Cafés, die sich in South Beach drängen, wetteifern mit schrillen Versprechen glänzenden und billigen Vergnügens um Aufmerksamkeit. Im Vergleich dazu ist das Azul so zurückhaltend, dass man sich fragt, ob sie jemals eine Folge von
Miami Vice
gesehen haben.
    Auf dem kreisrunden gepflasterten Vorplatz vor dem Restaurant überließ ich mein Auto dem obligatorischen Parkgehilfen. Obwohl ich mein Auto schätze, muss ich zugeben, dass es sich neben der Reihe von Ferraris und Rolls-Royces nicht sonderlich vorteilhaft ausnahm. Aber selbst das war für den Gehilfen kein Grund, das Einparken zu verweigern, obgleich er erraten haben musste, dass er keins seiner üblichen Trinkgelder erwarten durfte. Ich nehme an, mein Freizeithemd und meine Khakihosen

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